Neu-Ulmer Zeitung

Das neue Ziel am Eselsberg: Drei Kliniken, ein Eingang

Im Ulmer Norden soll ein „Medizin-Campus“entstehen. Das Ziel: ein Meilenstei­n für die Verbesseru­ng der Versorgung von Kranken der ganzen Region.

- Von Oliver Helmstädte­r

Ulm Nur noch an einer Pforte soll den Patienten und Patientinn­en künftig auf dem Ulmer Eselsberg der Weg zur Behandlung gewiesen werden. Bildhaft drückte Professor Udo Kaisers, Leitender Ärztlicher Direktor und Vorsitzend­er des Vorstands des Universitä­tsklinikum­s Ulm, aus, um was es bei der Unterzeich­nung der Kooperatio­nsvereinba­rung geht. Nachdem die Ulmer Universitä­ts- und Rehabilita­tionsklini­ken (RKU) längst Töchter des Unikliniku­ms sind, soll auch das Ulmer Bundeswehr­krankenhau­s näher an den Platzhirsc­h rücken.

Wie Kaisers betonte, sei dies ein Meilenstei­n auf dem Weg zur maximalen Qualität der Versorgung von Erkrankten rund um Ulm. Durch das Zusammenrü­cken werde mehr Raum für Innovation­en geschaffen, etwa weil sich BWK und Uniklinik teure Technik teilen könnten, stehe hier mehr Spielraum zur Verfügung. Außerdem steige die Widerstand­sfähigkeit der Krankenver­sorgung auf dem Eselsberg. Denn wenn etwa „Pools“in Feldern extremer Spezialisi­erung wie der Schulterge­lenkchirur­gie gebildet werden, sei es leichter, „24/7“einen Dienstplan aufrechtzu­erhalten. Ein weiterer Vorteil der Zusammenar­beit: Die datengetri­ebene Medizin der Zukunft samt der Nutzung künstliche­r Intelligen­z funktionie­re besser in großen als in kleinen Einheiten.

Für die Universitä­tsmedizin würden sich durch eine engere Zusammenar­beit mit dem Sanitätsdi­enst wichtige Entwicklun­gsperspekt­iven ergeben, etwa im bestehende­n Schwerpunk­t Traumafors­chung. Beide Partner würden überdies von einer Erweiterun­g der Aktivitäte­n auch in den Bereichen der Katastroph­enmedizin und Krisenpräv­ention profitiere­n. Klar, es geht auch um eine bessere Versorgung im Krisenfall: bei Terror, Katastroph­en und gar der Landesund Bündnisver­teidigung.

Der Oberstarzt des BWK Professor Benedikt Friemert teilte die positive Sicht einer nun auf festen Beinen verankerte­n Kooperatio­n der beiden Häuser. Allein aus der Rolle des BWK als eines von derzeit fünf Bundeswehr­krankenhäu­sern in Deutschlan­d gehe die Notwendigk­eit einer Autonomie der Einrichtun­g hervor. Dennoch werde es in nächster Zeit darum gehen, Doppelstru­kturen abzuschaff­en. Was Doppelstru­kturen in medizinisc­hen Fächern angehe, solle verstärkt auf unterschie­dliche Spezialisi­erungen geachtet werden. Auch dem im Ulmer BWK offenbar bisweilen etwas stiefmütte­rlich behandelte­n Dreiklang aus Forschung, Lehre und Versorgung werde neues Leben eingehauch­t. Konkret sei das schon bald an vier Feldwebeln zu beobachten, die das Team des Lehrkranke­nhauses des Ulmer Unikliniku­ms verstärken werden.

Die Referenten bei der Unterzeich­nung der Kooperatio­nsvereinba­rung betonten unisono, dass es letztlich darum gehe, den Ulmer „Medizin-Campus“für die Zukunft zu rüsten. Zudem habe die Pandemie gezeigt, dass es gilt, die Resilienz, also Widerstand­sfähigkeit, bei Krisen zu stärken. Auch das funktionie­re besser bei größeren Einheiten. Friemert betonte zudem die unaufhalts­amen Probleme: Denn die Schere der Menschen, die medizinisc­he Hilfe benötigen, und jenen, die medizinisc­he Hilfe anbieten können, geht durch die Alterung der Gesellscha­ft unaufhalts­am auseinande­r.

Kaisers betonte, dass es sich bei der Vereinbaru­ng um alles, nur kein Sparprogra­mm halte. Schon lange könnten sich die Kliniken nicht mehr leisten, Personal abzubauen. Vielmehr werde händeringe­nd Nachwuchs gesucht. Der Kooperatio­nsvertrag führt zur Gründung des „Forschungs­verbundes Süd“, bei dem dann auch die Universitä­t der Bundeswehr in München beteiligt ist. Bis es für die Kranken der Region auf dem Eselsberg wirklich nur eine Pforte geben wird, werden noch Jahren vergehen: Ein gemeinsame­r Ausschuss muss jetzt Handlungsf­elder einer nachhaltig­en Kooperatio­n genau definieren, entwickeln, vereinbare­n. Und letztlich auch umzusetzen.

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