Das neue Ziel am Eselsberg: Drei Kliniken, ein Eingang
Im Ulmer Norden soll ein „Medizin-Campus“entstehen. Das Ziel: ein Meilenstein für die Verbesserung der Versorgung von Kranken der ganzen Region.
Ulm Nur noch an einer Pforte soll den Patienten und Patientinnen künftig auf dem Ulmer Eselsberg der Weg zur Behandlung gewiesen werden. Bildhaft drückte Professor Udo Kaisers, Leitender Ärztlicher Direktor und Vorsitzender des Vorstands des Universitätsklinikums Ulm, aus, um was es bei der Unterzeichnung der Kooperationsvereinbarung geht. Nachdem die Ulmer Universitäts- und Rehabilitationskliniken (RKU) längst Töchter des Uniklinikums sind, soll auch das Ulmer Bundeswehrkrankenhaus näher an den Platzhirsch rücken.
Wie Kaisers betonte, sei dies ein Meilenstein auf dem Weg zur maximalen Qualität der Versorgung von Erkrankten rund um Ulm. Durch das Zusammenrücken werde mehr Raum für Innovationen geschaffen, etwa weil sich BWK und Uniklinik teure Technik teilen könnten, stehe hier mehr Spielraum zur Verfügung. Außerdem steige die Widerstandsfähigkeit der Krankenversorgung auf dem Eselsberg. Denn wenn etwa „Pools“in Feldern extremer Spezialisierung wie der Schultergelenkchirurgie gebildet werden, sei es leichter, „24/7“einen Dienstplan aufrechtzuerhalten. Ein weiterer Vorteil der Zusammenarbeit: Die datengetriebene Medizin der Zukunft samt der Nutzung künstlicher Intelligenz funktioniere besser in großen als in kleinen Einheiten.
Für die Universitätsmedizin würden sich durch eine engere Zusammenarbeit mit dem Sanitätsdienst wichtige Entwicklungsperspektiven ergeben, etwa im bestehenden Schwerpunkt Traumaforschung. Beide Partner würden überdies von einer Erweiterung der Aktivitäten auch in den Bereichen der Katastrophenmedizin und Krisenprävention profitieren. Klar, es geht auch um eine bessere Versorgung im Krisenfall: bei Terror, Katastrophen und gar der Landesund Bündnisverteidigung.
Der Oberstarzt des BWK Professor Benedikt Friemert teilte die positive Sicht einer nun auf festen Beinen verankerten Kooperation der beiden Häuser. Allein aus der Rolle des BWK als eines von derzeit fünf Bundeswehrkrankenhäusern in Deutschland gehe die Notwendigkeit einer Autonomie der Einrichtung hervor. Dennoch werde es in nächster Zeit darum gehen, Doppelstrukturen abzuschaffen. Was Doppelstrukturen in medizinischen Fächern angehe, solle verstärkt auf unterschiedliche Spezialisierungen geachtet werden. Auch dem im Ulmer BWK offenbar bisweilen etwas stiefmütterlich behandelten Dreiklang aus Forschung, Lehre und Versorgung werde neues Leben eingehaucht. Konkret sei das schon bald an vier Feldwebeln zu beobachten, die das Team des Lehrkrankenhauses des Ulmer Uniklinikums verstärken werden.
Die Referenten bei der Unterzeichnung der Kooperationsvereinbarung betonten unisono, dass es letztlich darum gehe, den Ulmer „Medizin-Campus“für die Zukunft zu rüsten. Zudem habe die Pandemie gezeigt, dass es gilt, die Resilienz, also Widerstandsfähigkeit, bei Krisen zu stärken. Auch das funktioniere besser bei größeren Einheiten. Friemert betonte zudem die unaufhaltsamen Probleme: Denn die Schere der Menschen, die medizinische Hilfe benötigen, und jenen, die medizinische Hilfe anbieten können, geht durch die Alterung der Gesellschaft unaufhaltsam auseinander.
Kaisers betonte, dass es sich bei der Vereinbarung um alles, nur kein Sparprogramm halte. Schon lange könnten sich die Kliniken nicht mehr leisten, Personal abzubauen. Vielmehr werde händeringend Nachwuchs gesucht. Der Kooperationsvertrag führt zur Gründung des „Forschungsverbundes Süd“, bei dem dann auch die Universität der Bundeswehr in München beteiligt ist. Bis es für die Kranken der Region auf dem Eselsberg wirklich nur eine Pforte geben wird, werden noch Jahren vergehen: Ein gemeinsamer Ausschuss muss jetzt Handlungsfelder einer nachhaltigen Kooperation genau definieren, entwickeln, vereinbaren. Und letztlich auch umzusetzen.