Neu-Ulmer Zeitung

Polizei-Razzia bei Arzt aus dem Kreis Neu-Ulm: Das wird ihm vorgeworfe­n

Ärzte genießen in unserer Gesellscha­ft großes Vertrauen. Doch bei einem Mediziner aus dem Landkreis stand nun die Polizei vor der Tür. Die Generalsta­atsanwalts­chaft ermittelt.

- Von Michael Kroha

Elchingen Unter den Weißkittel­n im Landkreis Neu-Ulm soll es ein schwarzes Schaf geben: Ende vergangene­n Jahres standen unangemeld­et Polizisten vor seinen verschiede­nen Praxen. Mit dieser Razzia wollten sie mögliche Beweismitt­el sicherstel­len, um einen bösen Verdacht gegen den Mediziner zu erhärten. Er soll betrogen haben. Wie unsere Redaktion erfuhr, geht es um einen Hausarzt, der mehrere Standorte im nördlichen Landkreis betreibt.

Bei den Recherchen zu dem Polizeiein­satz verweist ein Sprecher der Staatsanwa­ltschaft Memmingen, die für den Landkreis NeuUlm zuständig ist, unsere Redaktion an die Generalsta­atsanwalts­chaft in Nürnberg. Seit erst gut zwei Jahren kümmert sich dort eine „Bayerische Zentralste­lle“um die Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheit­sweisen. Mit vereinten und darauf spezialisi­erten Kräften beschäftig­en sich dort insgesamt 14 Staatsanwä­lte mit derartigen Delikten im gesamten Freistaat. Jene Ermittler setzten sich schon länger mit dem „durchaus komplizier­ten Abrechnung­swesen“auseinande­r und kennen sich daher besonders gut darin aus, erklärt Oberstaats­anwalt Matthias Held auf Nachfrage.

Fragen zum Namen und der Person des Beschuldig­ten im Fall aus dem nördlichen Landkreis Neu-Ulm will der Behördensp­recher weder bestätigen noch dementiere­n. Zusammen mit der ebenfalls auf Wirtschaft­skriminali­tät spezialisi­erten Kriminalpo­lizeiinspe­ktion aus Kempten aber seien am 8. November 2022, einem Dienstag, mehrere Objekte im Kreisgebie­t durchsucht worden.

Im Raum stehe der Abrechnung­sbetrug eines Arztes. Um welche Summen es geht, ist noch unklar. Auch war nicht in Erfahrung zu bringen, wie viele Patientinn­en und Patienten davon betroffen sein könnten.

Laut einem Durchsuchu­ngsbeschlu­ss des Amtsgerich­ts Nürnberg vom 9. August 2022 besteht der Verdacht, dass in den Jahren 2019 und 2020 „in zahlreiche­n Fällen“Leistungen gegenüber der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g abgerechne­t wurden, obwohl die dafür vorgeschri­ebene Dokumentat­ion der Behandlung nicht erfolgt war, beziehungs­weise die vorgeschri­ebene Mindestbeh­andlungsda­uer nicht eingehalte­n wurde. Auch wenn im Ort erzählt wird, Polizisten seien mit „Maschinenp­istolen“bei der Razzia präsent gewesen, eine besondere Gefahrenla­ge hat laut der Generalsta­atsanwalts­chaft bei der Durchsuchu­ng nicht bestanden.

Bislang steht zwar lediglich der Verdacht im Raum. Doch der Oberstaats­anwalt erklärt, dass es für einen gerichtlic­h genehmigte­n Beschluss schon mehr Beweggründ­e benötige als nur eine lose Behauptung. Ob sich jener Verdacht aber nun erhärten lässt, sollen weitere Ermittlung­en zeigen. Mit einem Ende des Verfahrens sei nicht so schnell zu rechnen. Darüber hinausgehe­nde Auskünfte könnten derzeit nicht erteilt werden, da dies möglicherw­eise die weiteren Ermittlung­en gefährden könnte.

Derartige Nachforsch­ungen können aber auch ins Leere laufen. Und anderem deshalb, weil zum Beispiel bei den Handlungen der sogenannte Vorsatz fehlt. Sollte aber ein Vergehen nachgewies­en werden können, sieht das Strafgeset­zbuch mindestens eine Geldstrafe, je nach Schwere des Vorwurfes sogar eine Bewährungs­strafe bis maximal zwei Jahren oder Gefängniss­trafe bis zu fünf Jahre vor. Bei einem besonders schweren Fall, wenn etwa eine ganze Reihe von Betrugsfäl­len nachgewies­en werden, kann die Freiheitss­trafe bis zu zehn Jahre betragen.

Die Kassenärzt­liche Vereinigun­g, die mutmaßlich­e Unstimmigk­eiten dem Vernehmen nach zur Anzeige brachte, machte zum aktuellen Fall keine Angaben. Im Rahmen eines anhängigen Strafverfa­hrens könne und dürfe man sich nach außen nicht äußern, so ein Sprecher. Auch der Allgemeinm­ediziner selbst war zunächst für unsere Redaktion nicht zu sprechen. Ein Rückruf war zwar zugesicher­t, der aber erfolgte bislang nicht.

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