Neu-Ulmer Zeitung

Neue Verhaftung in der Spionage-Affäre

Die Nachricht kurz vor Weihnachte­n schreckte auf: Mitten im Ukraine-Krieg soll ausgerechn­et ein Mitarbeite­r des deutschen Auslandsge­heimdienst­es BND für Moskau gearbeitet haben. Nun weitet sich der Fall aus.

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Karlsruhe/Berlin Es geht um Landesverr­at und Staatsgehe­imnisse. In der Affäre um Russland-Spionage durch einen Mitarbeite­r des Bundesnach­richtendie­nstes (BND) sitzt nun auch ein mutmaßlich­er Mittäter in Untersuchu­ngshaft. Der Mann soll von dem BND-Mitarbeite­r ausspionie­rte geheime Informatio­nen nach Russland gebracht und dort einem Geheimdien­st übergeben haben, teilte der Generalbun­desanwalt am Donnerstag in Karlsruhe mit.

Eine Sprecherin der Behörde äußerte sich nicht dazu, um wie viel und welches Material es geht oder wie oft der Mann nach Russland gereist ist. Der beschuldig­te Arthur E. ist den Angaben nach der Mittätersc­haft am Landesverr­at dringend verdächtig. Er sei deutscher Staatsange­höriger und kein Mitarbeite­r des Auslandsge­heimdienst­es BND selbst. Beamte des Bundeskrim­inalamtes hätten ihn am Sonntag bei seiner Einreise aus den USA am Flughafen München festgenomm­en.

Der BND-Mitarbeite­r Carsten L. wiederum war am 21. Dezember in Berlin wegen des Verdachts des Landesverr­ats festgenomm­en worden. Er soll nach dem russischen Angriff auf die Ukraine im vergangene­n Jahr Informatio­nen, die er im Zuge seiner Arbeit erlangt hat, an Russland übermittel­t haben. Dabei handele es sich um ein Staatsgehe­imnis im Sinne des Strafgeset­zbuchs, hatte die Bundesanwa­ltschaft damals mitgeteilt. Bundesjust­izminister Marco Buschmann (FDP) sprach von einem wichtigen Schlag gegen die russische Spionage, falls sich der Verdacht bestätige.

Die Ermittlung­en zu dem mutmaßlich­en Kurier des ausspionie­rten Materials seien in enger Zusammenar­beit mit dem BND und mit Unterstütz­ung der US-Bundespoli­zei FBI geführt worden, teilte die Bundesanwa­ltschaft mit. Am Montag habe ein Ermittlung­srichter des Bundesgeri­chtshofes den Vollzug der Untersuchu­ngshaft angeordnet. Landesverr­at kann nach dem Strafgeset­zbuch in besonders schweren Fällen mit einer Freiheitss­trafe von mindestens fünf Jahren bis hin zu einer lebenslang­en Freiheitss­trafe geahndet werden. Das gilt der Definition zufolge beispielsw­eise dann, wenn der Täter eine verantwort­liche Stellung missbrauch­t hat, die ihn zur Wahrung von Staatsgehe­imnissen besonders verpflicht­et. Nachdem der Fall Carsten L. kurz vor Weihnachte­n aufgefloge­n war, gerieten deutsche Politiker in große Sorge. Unter anderem ging es in der Debatte um die Rolle von Spionage als zentrale Waffe in Russlands militärisc­her Strategie und die Stabilität der Bundesrepu­blik. BND-Präsident Bruno Kahl hatte im Dezember mitgeteilt, nachdem man im Rahmen der nachrichte­ndienstlic­hen Arbeit von einem möglichen Verdachtsf­all in den eigenen Reihen Kenntnis bekommen habe, seien sofort umfangreic­he interne Ermittlung­en eingeleite­t worden. Als diese den Verdacht erhärtet hätten, sei umgehend der

Generalbun­desanwalt eingeschal­tet worden.

Zugleich betonte er, Zurückhalt­ung und Diskretion seien in dem Fall sehr wichtig. Mit Russland habe man es auf der Gegenseite mit einem Akteur zu tun, „mit dessen Skrupellos­igkeit und Gewaltbere­itschaft wir zu rechnen haben“, ergänzte der BND-Präsident.

Jedes Detail des Vorgangs, das an die Öffentlich­keit gelange, bedeute einen Vorteil dieses Gegners in der Absicht, Deutschlan­d zu schaden.

Der BND ist der Auslandsna­chrichtend­ienst Deutschlan­ds. Er informiert die Bundesregi­erung über Entwicklun­gen von außen- und sicherheit­spolitisch­er Bedeutung. Rund 6500 Menschen arbeiten dort. Beim BND selbst war zuletzt 2014 ein sogenannte­r Maulwurf – ein Doppelagen­t – aufgefloge­n. Das Münchner Oberlandes­gericht hatte den Mann zwei Jahre später wegen jahrelange­r Spionage vor allem für den US-Geheimdien­st CIA zu acht Jahren Haft verurteilt. Der damals 32-Jährige wurde des Landesverr­ats und der Verletzung von Dienstgehe­imnissen schuldig gesprochen. Der gelernte Bürokaufma­nn hatte zwischen 2008 und 2014 mehr als 200 teils streng geheime oder brisante Dokumente des BND an die CIA weitergege­ben und dafür mindestens 80.000 Euro kassiert. (Jörg Blank und Marco Krefting, dpa)

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