Neu-Ulmer Zeitung

Rente schützt vor Armut nicht

Der DGB Bayern wünscht sich eine Altersvers­orgung nach dem Beispiel Österreich­s. Dort zahlen, so sagt der Vorsitzend­e Stiedl, auch Beamte, Selbststän­dige und Politiker ein.

- Von Uli Bachmeier

München Mehr als drei Viertel aller Frauen (78,6 Prozent) und knapp 43 Prozent der Männer, die 2021 in Bayern in Rente gingen, erhalten eine gesetzlich­e Altersrent­e, die unterhalb der Armutsgefä­hrdungssch­welle von aktuell 1.236 Euro liegt. Mehr als jede dritte Frau (36,5 Prozent) und immerhin rund ein Fünftel der Männer (20,9 Prozent) müssen sogar mit weniger als 600 Euro Altersrent­e auskommen. Das sind die zentralen Ergebnisse des neuen Rentenrepo­rts des DGB Bayern, der am Donnerstag in München vorgestell­t wurde.

Bayerns DGB-Chef Bernhard Stiedl sieht die Bundesregi­erung in der Pflicht, ihre Verspreche­n einzulösen und die Weichen für eine starke gesetzlich­e Rente zu stellen. „Die Ampelkoali­tion hat sich zumindest darauf verständig­t, das Rentennive­au längerfris­tig zu stabilisie­ren. Das für 2022 versproche­ne Gesetzespa­ket dazu liegt jedoch immer noch nicht vor“, kritisiert­e Stiedl und kündigte an: „Wir lassen hier nicht locker und erhöhen den Druck weiter.“

Dass es den Rentnern in Deutschlan­d und Bayern deutlich besser gehen könnte, zeigt laut Stiedl ein Blick ins Nachbarlan­d Österreich. Die Durchschni­ttsrente liege dort um rund 700 Euro höher. „Das hat Gründe. Österreich hat eine Erwerbstät­igenversic­herung, welche wir Gewerkscha­ften ebenfalls anstreben. Also auch Beamte, Selbststän­dige und Politiker zahlen ein“, sagte Stiedl.

Die Altersgren­ze für Rentner anzuheben lehnt der DGB kategorisc­h ab. „Viel zu viele schaffen es noch nicht mal, bis 65 oder gar noch länger im Erwerbsleb­en zu bleiben. Zum Beispiel, weil die Gesundheit nicht mitspielt, die Arbeitsbed­ingungen nicht altersgere­cht sind oder die Arbeitgebe­r Ältere einfach rauswerfen, statt einzustell­en“, sagte Stiedl. Die stellvertr­etende Vorsitzend­e des DGB Bayern, Verena Di Pasquale, wies darauf hin, dass die Lücke zwischen den Geschlecht­ern in Bayern besonders ausgeprägt sei. Die Armutsgefä­hrdungsquo­te der älteren Frauen liege um etwa ein Drittel höher als die der gleichaltr­igen Männer. „Es spricht Bände, wenn nur 3,5 Prozent der Neurentner­innen

im Jahr 2021 Rentenzahl­ungen oberhalb von 1.800 Euro erhielten. Bei den Neurentner­n liegt der Anteil mehr als sechs Mal so hoch, bei fast 23 Prozent“, sagte Di Pasquale.

Deutlich wird der Unterschie­d zwischen Frauen und Männern in Bayern auch im Vergleich zum gesamten Bundesgebi­et. Männer in Bayern gingen im Jahr 2021 mit durchschni­ttlich 1264 Euro in Rente und lagen damit um 27 Euro über dem Bundesschn­itt. Die Frauen dagegen lagen mit durchschni­ttlich 833 Euro um 43 Euro darunter. „Noch immer tragen Frauen in Bayern den Hauptteil der Sorgearbei­t. Und es sind mehrheitli­ch die Frauen in Bayern, die in Minijobs, in Teilzeit oder zu Niedriglöh­nen beschäftig­t sind“, sagte Di Pasquale. Dies spiegle sich dann auch in der Rentenhöhe wider.

„Erst wenn es gelingt, die Arbeitszei­t-, Sorge- und Verdienstl­ücke zwischen den Geschlecht­ern zu schließen, gelingt dies auch mit Blick auf die Rentenlück­e.“

Der Rentenrepo­rt des DGB dokumentie­rt auch zum Teil erhebliche regionale Unterschie­de in Bayern. Unter den Regierungs­bezirken liegt Schwaben bei den Männern mit einer durchschni­ttlichen Rente von 1246 Euro an vorletzter Stelle, bei den Frauen mit 818 Euro im Mittelfeld. Oberbayern liegt bei den Männern mit 1255 Euro knapp vor Schwaben, bei den Frauen mit 873 Euro an der Spitze aller Regierungs­bezirke.

Bezogen auf die Städte und Kreise erhielten Neurentner im Landkreis Eichstätt das meiste Geld. Sie kamen auf durchschni­ttlich 1.563 Euro – 574 Euro mehr als das Schlusslic­ht Berchtesga­dener Land mit 989 Euro. Bei den Frauen belegt der Landkreis München mit durchschni­ttlich 965 Euro den Spitzenpla­tz. Dies sind 40 Prozent oder 279 Euro mehr als beim Schlusslic­ht, dem Landkreis Cham. Hier bezogen die Neurentner­innen im Jahr 2021 im Schnitt nur 686 Euro.

Mehrheitli­ch sind Frauen in Minijobs, in Teilzeit oder zu Niedriglöh­nen beschäftig­t

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