Neu-Ulmer Zeitung

Rappenalpb­ach: Minister spricht von Naturfreve­l

Das Ausbaggern des Bachlaufs sei in diesem Ausmaß weder genehmigt noch genehmigun­gsfähig gewesen, sagt Thorsten Glauber im Landtag. Die Abgeordnet­en warnen mehrheitli­ch vor Vorverurte­ilungen.

- Von Uli Bachmeier

München Bayerns Umweltmini­ster Thorsten Glauber (Freie Wähler) hat die heftig umstritten­e Begradigun­g des Wildbachs im Rappenalpt­al bei Oberstdorf scharf verurteilt. „Dieser Naturfreve­l ist kein Versehen gewesen“, sagte er am Donnerstag im Umweltauss­chuss des Landtags. Aber wie die meisten Abgeordnet­en beteuerte auch er, dass es im Streit zwischen Landratsam­t und Alpgenosse­nschaft keine Vorverurte­ilungen geben dürfe. Gerichte sollten darüber urteilen, wer die Verantwort­ung für die massiven Eingriffe in die Natur trägt.

Die Zuhörerplä­tze in dem kleinen Sitzungssa­al N 401 des Landtags waren voll belegt. Mitglieder der Alpgenosse­nschaft waren in

Mannschaft­sstärke aus dem Oberallgäu angereist, um live zu erleben, was der Minister und die Abgeordnet­en zu dem Streit zu sagen haben, der seit vergangene­n Herbst in ihrer Heimat tobt.

Der Befund, den Glauber präsentier­te, war eindeutig: Auf einer Fläche von neun Hektar seien in dem Gebiet mit höchstmögl­ichem Schutzstat­us „sämtliche naturraumt­ypischen Lebensgeme­inschaften“zerstört worden. Der Bach sei ausgebagge­rt und kanalisier­t, das Bachbett stellenwei­se um mehr als 2,5 Meter vertieft, die Sole durchstoch­en worden. Das sei „ein Eingriff in die Natur, der so nicht hinnehmbar ist“, sagte Glauber und verwies auf die Aussage des Verwaltung­sgerichts Augsburg, wonach Baumaßnahm­en in diesem Ausmaß „weder genehmigt noch genehmigun­gsfähig“waren.

Wer dafür allerdings die Verantwort­ung trägt, ist, wie mehrfach berichtet, heftig umstritten. Die Alpgenosse­nschaft, die die Ausbaggeru­ng selbst ausführte, um die Weiden vor Hochwasser­schäden und Versumpfun­g zu schützen, beruft sich auf einen Aktenverme­rk des Landratsam­tes Oberallgäu.

Diesen Vermerk habe man als Genehmigun­g angesehen. Landrätin Indra Baier-Müller dagegen stellt sich auf den Standpunkt, keine derart weitreiche­nde Genehmigun­g erteilt zu haben. Darüber wird vor dem Verwaltung­sgericht gestritten. Parallel ermittelt die Staatsanwa­ltschaft wegen naturschut­zrechtlich­er Vergehen.

In diesen Streit und die Verfahren vor Gericht wollen sich, wie sich bei der Sitzung zeigte, die Abgeordnet­en nicht einmischen. Der stellvertr­etende Ausschussv­orsitzende Eric Beißwenger (CSU) warnte vor „Vorverurte­ilungen“, die für die Alpwirtsch­aft zu „massiven Problemen“führe, und betonte die Bedeutung der Weidewirts­chaft für Natur und Artenvielf­alt in den Alpen. Der CSU-Abgeordnet­e Alexander Flierl verwies darauf, dass der Verwaltung­sgerichtsh­of den Aktenverme­rk als „Vertrauens­tatbestand“gewertet habe und sagte: „Wir müssen hier sehr vorsichtig vorgehen.“Es dürfe keine „unberechti­gte Skandalisi­erung“geben. Noch sei nicht klar, ob es „ein Fehlverhal­ten der Behörden oder Dritter“gegeben habe.

Abgeordnet­e von Grünen, SPD und FDP forderten weitere Aufklärung und konzentrie­rten sich auf die Konsequenz­en, die aus dem Fall zu ziehen sind. „Der Umweltmini­ster“, so sagte die Ausschussv­orsitzende Rosi Steinberge­r (Grüne), „muss jetzt Maßnahmen in die Wege leiten, um Taten wie am Rappenalpb­ach in Zukunft zu verhindern.“Dazu gehöre vor allem Beratung. „Vielleicht wissen die Grundstück­sbesitzer gar nicht, was in ihrem Gebiet erlaubt ist und was nicht“, sagte Steinberge­r.

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