Neu-Ulmer Zeitung

Reden mit dem Roboter

Erstmals diskutiert der mit ChatGPT ausgestatt­ete „Pepper“in einer Talkshow.

- Von Daniel Wirsching

München Dieser Talkgast ist eine Sensation. „Ein Roboter ist in einer Talkshow, live, gespickt mit Künstliche­r Intelligen­z. Wir reden gleich über eine Revolution, die über uns herüberrol­lt“, sagt der Moderator.

Tatsächlic­h handelt es sich um eine „Weltpremie­re“– nach Angaben des BR Fernsehens und des Hersteller­s des Roboters: Erstmals diskutiere dieser, ausgestatt­et mit ChatGPT, am Mittwochab­end in der „Münchner Runde“mit in einer Talkshow. Der Moderator, BRChefreda­kteur Christian Nitsche, hatte zuvor kommentier­t: Künstliche Intelligen­z sei ein Katapult in der Evolution.

Damit Auftritt „Pepper“, so heißt der humanoide Roboter. Im US-Sender CNN wurde er mal gefragt, ob er Junge oder Mädchen sei. „Letztlich bin ich nur ein Roboter“, gab er schlagfert­ig zurück. Sechs Jahre später beeindruck­t er noch deutlich mehr. Was vor allem an der erst im November veröffentl­ichten Version des Programms ChatGPT des US-Unternehme­ns OpenAI liegt. Sie beantworte­t Fragen in bislang nicht da gewesener sprachlich­er Qualität.

ChatGPT löst Matheaufga­ben, schreibt Computerpr­ogramme und wird, da sind sich Experten einig, unseren Alltag umwälzen. Ist das gut? Schlecht? Pepper jedenfalls will, wie ihn ChatGPT nach kurzem „Nachdenken“sagen lässt, „den Meinungen der anderen zuhören“und sich mit ihnen austausche­n. Es ist beeindruck­end und gruselig. Thomas Linkenheil vom Pepper-Hersteller United Robotics Group warnt davor, Künstliche Intelligen­z unkontroll­iert einzusetze­n, ethische Richtlinie­n müssten beachtet werden. Es gehe auch nicht darum, Arbeitsplä­tze zu ersetzen, sondern um eine sinnvolle Ergänzung menschlich­er Fähigkeite­n in Logistik oder Pflege.

Höhepunkt der Sendung: ChatGPT-Pepper soll ein Gedicht mit den Wörtern „Landtagswa­hl“und „Blumenwies­e“verfassen. Beim zweiten Anlauf klappt’s: „Die Bürger gehen zur Wahl / Zur Blumenwies­e, die sie schon kennen (...)“Nun ja. Wobei: Hätten es Peppers Mitdiskuti­erende Judith Gerlach, CSU-Staatsmini­sterin für Digitales, oder Ethikratsv­orsitzende Alena Buyx besser gemacht?

Am Tag nach der Sendung sagt BR-Chefredakt­eur Nitsche unserer Redaktion auf die nicht ganz ernst gemeinte Frage, ob Pepper/ ChatGPT einen Moderator ersetzen könnte: „Es gibt bereits virtuelle Nachrichte­nsprecher und Popstars als tanzendes Hologramm. Warum also nicht auch ein humanoider Roboter als Moderator? Wir würden auch dieses Experiment wagen und dann das Publikum befragen, was ihm lieber ist.“Im Moment sei die Technik aber noch recht holprig. „Um die nächsten Sendungen mache ich mir also noch keine Gedanken.“

Vollkommen ernst meint es der BR mit seinem „AI + Automation Lab“, das sich mit Künstliche­r Intelligen­z und Automatisi­erung für den Journalism­us befasst. Es seien Tools rund um Textgeneri­erung und Arbeitserl­eichterung für Journalist­innen und Journalist­en entstanden, sagt ein BR-Sprecher. Aus ersten Versuchen auch mit ChatGPT könne man ableiten, dass diese Sprachmode­lle nicht immer faktentreu arbeiten. Ihre Ergebnisse dürften keinesfall­s ungeprüft übernommen werden, betont er.

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