Entsetzen nach tödlichem Messerangriff im Zug
Der Schock über die Attacke sitzt tief in Schleswig-Holstein. Eine 17-Jährige und ein 19-Jähriger hatten ihr Leben verloren. Der mutmaßliche Täter hat schon einmal zugestochen.
Brokstedt/Kiel Die Fahnen auf öffentlichen Gebäuden im Norden wehen auf halbmast; im Kieler Landtag sind am Donnerstag viele der bedrückt wirkenden Abgeordneten und Kabinettsmitglieder schwarz gekleidet. „Ich bin tieftraurig“, sagt Schleswig-Holsteins Innenministerin Sabine SütterlinWaack (CDU) angesichts des tödlichen Messerangriffs in einem Regionalzug am Mittwoch. Sie dankt dem „mutigen, ja heldenhaften Einsatz einiger Mitreisender“, die den Täter in dem Zug überwältigt hatten.
Bei der Attacke in einem Regionalzug von Kiel nach Hamburg starben eine 17-Jährige und ein 19-Jähriger. Beide besuchten eine
Schule in Neumünster. „Sie kannten sich“, sagte Sütterlin-Waack. Fünf weitere Menschen wurden verletzt. Drei von ihnen lagen am Donnerstag noch im Krankenhaus, zwei mussten operiert werden.
Der mutmaßliche Täter, ein 33 Jahre alter staatenloser Palästinenser, wurde am Nachmittag in Itzehoe dem Haftrichter vorgeführt. Es wurde der Erlass eines Haftbefehls erwartet. Sein Motiv blieb zunächst unklar. „Wir sind mit Hochdruck dabei, sämtliche Fakten zusammenzutragen“, sagt die Innenministerin auf die Frage nach einem Tatmotiv.
In Brokstedt, wo der Zug nach der furchtbaren Attacke stehenblieb, sind die Menschen tief erschüttert. Im Zug nach Hamburg fahren an diesem Tag bewaffnete Polizisten mit und gehen durch die Abteile. Auf dem Bahnhof stehen drei Mitarbeiter der DB Sicherheit. Im Wartehäuschen am Gleis Richtung Hamburg legen Menschen
Blumen und Kerzen nieder. Ein ganz in schwarz gekleideter junger Mann hält einen Strauß weißer Tulpen in der Hand. Er sei ein Freund des Getöteten, sagt er.
Über den mutmaßlichen Täter wurde unterdessen bekannt, dass er 2014 nach Deutschland kam. Bis Ende 2020 war er in NordrheinWestfalen gemeldet. Er wurde in dieser Zeit mehrfach wegen verschiedener Straftaten auffällig. Laut Sicherheitskreisen ging es unter anderem um Verfahren wegen Bedrohung, Körperverletzung, Sachbeschädigung, Ladendiebstahls und sexueller Belästigung.
Zuletzt war der 33-Jährige nach Polizeiangaben ohne festen Wohnsitz. Als staatenloser Palästinenser wurde ihm der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt. Das heißt, er konnte Gründe vorbringen, warum man ihn nicht abschieben sollte. 2021 sei ein Verfahren auf Rücknahme des subsidiären Schutzes eingeleitet worden. Wie dieses ausging, blieb zunächst unklar.
Der Mann saß zuletzt wegen eines anderen Messerangriffs in Hamburg ein Jahr in Untersuchungshaft. Er sei im August 2022 vom Amtsgericht Hamburg-St. Georg zu einem Jahr und einer Woche wegen gefährlicher Körperverletzung und Diebstahls verurteilt worden, teilte ein Gerichtssprecher mit. Gegen das Urteil hatte der 33-Jährige daraufhin Berufung eingelegt. (dpa)