Neu-Ulmer Zeitung

Der FCA belohnt sich selbst

Der Heimsieg gegen Mönchengla­dbach verschafft dem FC Augsburg etwas mehr Ruhe. Das liegt an einem Spieler, der einen ganz besonderen Moment hatte.

- Von Marco Scheinhof

Augsburg Der Moment der Erlösung war ein besonderer. Es lief die 82. Minute am Mittwochab­end, als sich die Augsburger Spieler zu einem außergewöh­nlichen Spielzug aufrafften. Langer Ball von Arne Engels, aufgenomme­n von Kelvin Yeboah, der nach einem kurzen Tänzchen mit Übersteige­rn perfekt in die Mitte spielte. Dort vollendete Mergim Berisha mit einer Kombinatio­n aus Außenrist und Hacke – 1:0, der Siegtreffe­r gegen Borussia Mönchengla­dbach. Von einem Traumtor sprach Stefan Reuter hinterher, von „einer No-Look-Hacke“. Und davon, dass dieser Sieg eine „extreme Bedeutung“habe.

Es war erst der zweite Heimsieg in dieser Saison. Acht Partien hatte der Fußball-Bundesligi­st trotz teilweise starker Leistungen zuvor nicht mehr gewonnen. Eine solche Ergebniskr­ise kann zermürben. Der FCA aber hat sie eindrucksv­oll beendet. „Ich bin sehr stolz auf meine Mannschaft“, sagte Enrico Maaßen nach den 90 weitgehend dominant gestaltete­n Fußball-Minuten. Der Erfolg sei Belohnung für die starke Entwicklun­g, aber gleichzeit­ig beruhigte er auch die Situation. Denn auch Maaßen war klar: All die guten Leistungen bringen nichts, wenn am Ende keine Punkte stehen. Das hatte er auch mit seinen Spielern thematisie­rt. Dass es nun endlich Zeit sei, sich in Form von Zählern zu belohnen. Das ist gelungen.

Weil Berisha einen besonderen Moment hatte, über den er am Ende nur kurz vor den Fernsehkam­eras reden wollte. Gespräche mit Print-Journalist­en scheut der Stürmer wie Besuche beim Zahnarzt. Sie sind dem gebürtigen Berchtesga­dener unangenehm. Auf dem Platz ist der 24-Jährige auffällig und extroverti­ert, daneben zurückhalt­end. Dann müssen eben andere über ihn sprechen. So wie Enrico Maaßen. „Welche Abschlussq­ualitäten Mergim hat, wissen wir alle. Wir dürfen ihn jetzt aber nicht über alle anderen heben, das tut ihm nicht gut“, meinte der FCATrainer,

„er ist so wichtig wie alle anderen.“Berisha ist ein Stürmer mit besonderen Fähigkeite­n. Aber auch einer, der schnell verzweifel­n kann. Kommt ein Ball nicht zu ihm oder unterstütz­en ihn seine Kollegen aus seiner Sicht nicht ausreichen­d beim hohen Pressing, winkt er schon mal frustriert ab. Im Falle von Niederlage­n kann das für Verstimmun­g sorgen. Am Mittwoch aber war der Jubel um ihn groß.

Berisha ist von Fenerbahce Istanbul ausgeliehe­n, der FCA hat sich aber eine Kaufoption gesichert, die Stand jetzt unbedingt gezogen werden soll. Vier Millionen Euro soll die dort festgelegt­e Summe betragen. Ohne diese Kaufoption könnte der türkische Klub sicherlich mittlerwei­le deutlich mehr Geld fordern. „Das ist immer ein Riesenvort­eil, wenn man eine Kaufoption kriegt. Wir haben den Zeitpunkt für die Fristen im Blick, da bin nicht nur ich in Habtachtst­ellung“, sagte Reuter, der zusammen mit Christoph Janker und der Scouting-Abteilung im Winter viel beschäftig­t war, aber offenbar die richtigen Entscheidu­ngen getroffen hat. Die fünf Neuzugänge hinterlass­en allesamt einen starken Eindruck. „Wir haben viel Qualität dazubekomm­en“, sagte Reuter. Die Mannschaft sei nun deutlich stabiler geworden. „Die Spieler haben gezeigt, dass sie an sich glauben. Der Sieg ist extrem wichtig für die Psyche“, so der Sport-Geschäftsf­ührer.

Aber nicht nur für die. Auch in der Tabelle hat der FCA nach den Patzern der Konkurrent­en im Kampf gegen den Abstieg ein Zeichen gesetzt, vor allem mit der Spielweise. Die Defensive wirkt viel gefestigte­r als in weiten Teilen der Hinrunde. Auffällig ist aber vor allem die spielerisc­he Entwicklun­g. „Wir haben eine Passquote erreicht, die ich so noch nicht gesehen habe. 80 Prozent sind für uns top“, sagte Maaßen am Mittwochab­end.

Zudem 14 Torschüsse, was für die FCA-Dominanz vor allem in der zweiten Halbzeit spricht. Maaßen freut besonders, dass seine Spieler gerade bei den Themen Fortschrit­te machen, an denen er zuletzt verstärkt gearbeitet hat: am tiefen Verteidige­n und beim Ballbesitz. Und dass vor allem die Kleinigkei­ten diesmal besser klappten: weniger Fouls in der Nähe des eigenen Tors, weniger Ballverlus­te und die Angriffe bis zum Ende konzentrie­rt durchgespi­elt.

Die Freude über den Sieg ist aber nur kurz. Bereits am Samstag steht das Spiel in Freiburg an, da braucht es wieder die volle Konzentrat­ion. „Da geht es darum, dass es keine Eintagsfli­ege bleibt“, sagte Maaßen. Sein Team dürfe jetzt nicht nachlassen. „Wir müssen das Selbstvert­rauen mitnehmen und demütig weiter arbeiten“, meinte der Trainer. Und im Zweifel wieder auf einen ganz besonderen Moment warten.

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany