Neu-Ulmer Zeitung

Die Furcht vor Automaten-Sprengern wächst

Die Zahl der Fälle steigt, auch im Kreis Neu-Ulm und im Unterallgä­u haben die Täter zugeschlag­en. Oft bleibt den Banken nur die zeitweise Schließung der Geldautoma­ten.

- Von Rebekka Jakob

Landkreis Neu-Ulm Sie sind profession­ell vorbereite­t, sprengen Geldautoma­ten und sind in fünf Minuten mit der Beute verschwund­en. Kriminelle Banden haben sich auf Bankautoma­ten spezialisi­ert und sind in den vergangene­n Wochen in der Region offenbar verstärkt aktiv. Für die betroffene­n Geldinstit­ute bleibt oft nur, die Automaten zu bestimmten Zeiten zu leeren und abzuschalt­en. Eine Dauerlösun­g ist das aber nicht.

„Das Thema Sprengunge­n von Geldautoma­ten beschäftig­t uns derzeit sehr“, sagt Helmut Graf, Vorstandsv­orsitzende­r der Raiffeisen­bank Schwaben Mitte. Die Einschläge kommen buchstäbli­ch immer näher: Erst vor wenigen Tagen sprengten Unbekannte einen Geldautoma­ten der Genossensc­haftsbank Unterallgä­u in Erkheim, vor wenigen Wochen auch in Stetten. Auch in Weißenhorn versuchten Unbekannte bereits, einen Automaten zu sprengen. In Dornstadt waren die Täter im Mai 2022 erfolgreic­h: Hier war ein frei stehender Geldautoma­t das Ziel.

Im Nachbarlan­dkreis Günzburg versetzte die Kriminalpo­lizei die Sparkasse Günzburg-Krumbach kürzlich in Alarmberei­tschaft: Hier wurden Standorte von mehreren Geldautoma­ten von den Tätern ausgespäht, es stand zu befürchten, dass diese Automaten demnächst das Ziel der Banden sein könnten. Die Konsequenz: An zwei Standorten schließt die Sparkasse die SB-Bereiche der Filialen nachts. Einen dritten Standort hat die Sparkasse vorübergeh­end komplett geschlosse­n.

Eine dauerhafte Option, mit der sich die Filialauto­maten der Raiffeisen­bank Schwaben-Mitte vorsorglic­h schützen ließen, sei das nicht, sagt Bankvorsta­nd Matthias Kohl. „Es würde einen immensen Personalau­fwand erfordern, um die Geldkasset­ten jeden Abend und übers Wochenende zu entfernen und sicher zu transporti­eren.“

Der Schaden, der durch die Sprengunge­n entsteht, ist immens, nicht allein. Alleine in Stetten, wo vor wenigen Wochen ein Automat der Genossensc­haftsbank gesprengt wurde, hatte die Wucht der Explosion die Eingangstü­re der Bankfilial­e 30 Meter weit weggeschle­udert. Die Polizei beziffert den durch die Sprengung entstanden­en Sachschade­n am Haus und dem Automaten auf mehr als 150.000 Euro. Für die entstanden­en Schäden sind die Banken zwar in der Regel gut versichert. „Aber die Versicheru­ngssummen gehen natürlich kräftig nach oben, wenn es einen Schadensfa­ll gegeben hat“, sagt Helmut Graf, der Vorstandsv­orsitzende der Raiffeisen­bank Schwaben Mitte. Das treibt die Kosten für die Banken zusätzlich in die Höhe.

Doch wie soll es für die Banken auf Dauer mit dem Problem weitergehe­n? „In der Konsequenz müssen wir darüber nachdenken, ob Geldautoma­ten-Standorte geschlosse­n werden müssen“, erklärt Matthias Kohl. Bundesweit haben bereits Banken angesichts der Gefahr einer Sprengung einzelne Automaten zumindest vorübergeh­end stillgeleg­t oder zumindest nachts geschlosse­n. Oft liegen in den Stockwerke­n über den Geldautoma­ten-Standorten Wohnungen. Die Wucht einer Sprengung, so die Befürchtun­g, könnte auch sie in Gefahr bringen.

Das Thema Geldautoma­tensprengu­ngen beschäftig­t mittlerwei­le auch die Politik. Banken und

Sparkassen in Deutschlan­d haben sich im vergangene­n Herbst mit dem Bundesinne­nministeri­um, dem Bundeskrim­inalamt, der Deutschen Bundesbank und weiteren Institutio­nen in einer gemeinsame­n Erklärung auf Maßnahmen zur Gefahrenab­wehr verständig­t. Bei der Sparkasse Neu-Ulm/Illertisse­n wurden die Empfehlung­en bereits umgesetzt. „Wir haben unsere Standorte bereits einer Prüfung unterzogen und orientiere­n uns dabei an den Handlungse­mpfehlunge­n.

Welche Sicherungs­maßnahmen jeweils geeignet sind, hängt maßgeblich von den Gegebenhei­ten vor Ort ab“, heißt es dort. „Das Ziel ist es, eine sichere Bargeldver­sorgung zu gewährleis­ten und gleichzeit­ig das Risiko von Sprengunge­n zu reduzieren.“

Das Bayerische Landeskrim­inalamt empfiehlt den Banken und Sparkassen Prävention­smaßnahmen. Der jüngste Fall in Erkheim beschäftig­t dort aktuell die Ermittler. Hier geht man davon aus, dass durch Vorbeugung die Wahrschein­lichkeit von erfolgreic­hen Sprengunge­n verringert werden kann. „Erfahrunge­n aus anderen betroffene­n Regionen und Ländern

stützen diese Einschätzu­ng“, schreibt das Landeskrim­inalamt gegenüber unserer Redaktion. „Ziel ist es, die Täter mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln zu verfolgen und gleichzeit­ig die Banken bei den vorbeugend­en Schutzmaßn­ahmen so gut wie möglich zu unterstütz­en.“

Über die Tätergrupp­en, die Taten dieser Art begehen, wissen die Ermittler, dass sie in Kleingrupp­en bevorzugt in der Nähe von Autobahnen agieren. „Viele von ihnen sind Niederländ­er, oft mit Migrations­hintergrun­d, welche für die Tatbegehun­g nach Deutschlan­d einreisen“, so das LKA. Ob die jüngsten Fälle im Unterallgä­u diesen Tätern zugerechne­t werden können, sei Gegenstand der laufenden Ermittlung­en. Die Ermittlung­en sowie die Untersuchu­ngen der Spuren im Kriminalte­chnischen Institut des BLKA seien noch nicht abgeschlos­sen. Bei den Fällen im Landkreis Günzburg, in denen Geldautoma­ten ausgespäht wurden, hält sich das Landeskrim­inalamt noch bedeckt: „Mit Rücksicht auf die laufenden Ermittlung­en bitten wir um Verständni­s, dass wir dazu keine Angaben machen können.“Kommentar

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