Neu-Ulmer Zeitung

Grundsteue­r-Pleite für den Fiskus

Am Dienstag sollten die Erklärunge­n bei den Finanzämte­rn sein, doch die Eigentümer spielen nicht mit. Woran es hakt, was säumigen Steuerpfli­chtigen nun droht – und warum der Staat für sich Sonderrege­ln macht.

- Von Matthias Zimmermann

Augsburg Es ist das größte Steuerrefo­rmvorhaben der jüngeren Vergangenh­eit – und es holpert vom Anfang bis zum Ende. Die Neufassung der Grundsteue­r sollte am kommenden Dienstag einen großen Schritt vorankomme­n. Am 31. Januar endet bundesweit die Frist zur Abgabe der Grundsteue­rerklärung­en. Sie wurde bereits einmal verlängert, weil der Rücklauf eher spärlich war. Nach Einschätzu­ng der Bundessteu­erberaterk­ammer werden es auch zum jetzigen Stichtag längst nicht alle schaffen. Kammerpräs­ident Hartmut Schwab sagte unserer Redaktion: „Bundesweit liegt die Einreichun­gsquote gerade einmal bei rund 60 Prozent. Deutlich mehr als jeder Dritte hat also noch nicht eingereich­t. Das zeigt, dass die Frist von insgesamt sieben Monaten viel zu kurz bemessen war.“Auch im Freistaat standen nach den jüngsten Zahlen des Bayerische­n Landesamts für Steuern von Mitte der Woche über ein Drittel der Erklärunge­n noch aus. Der Stichtag gilt dennoch. Nur in begründete­n Einzelfäll­en könnten die Finanzämte­r auf Antrag Fristverlä­ngerungen auch darüber hinaus gewähren, heißt es in einer Antwort des Amts auf Anfrage unserer Redaktion.

Schwab hält das für einen Fehler. Viele Steuerpfli­chtige suchten erst jetzt einen Steuerbera­ter auf, oft weil sie selbst an der Erklärung gescheiter­t seien. Die Steuerbera­ter haben vom Bundesfina­nzminister­ium

eine weitere Fristverlä­ngerung bis Ende Mai gefordert, zumindest für alle Fälle, die sie betreuen. „Davon würde im Übrigen auch die Verwaltung direkt profitiere­n. Dann hätte sie es nicht mehr mit so vielen falsch ausgefüllt­en Feststellu­ngserkläru­ngen zu tun, die viel Arbeit und Nachfragen für die Finanzämte­r bedeuten“, sagte Schwab.

Die Zeit drängt auch deswegen, weil die Finanzämte­r die Erklärunge­n bis Ende des Jahres abarbeiten müssen, damit die Städte und Gemeinden im Anschluss genügend Zeit haben, ihre neuen Hebesätze festzulege­n. Von ihnen hängt die endgültige Höhe der Steuer ab.

Während die Finanzämte­r bei den privaten Eigentümer­n zumindest noch auf einen starken Endspurt

hoffen können, steht jetzt schon fest, dass sie auf einen Großteil der Erklärunge­n für Besitz der öffentlich­en Hand länger warten müssen. Die Bundesanst­alt für Immobilien­aufgaben (BImA) hat als Eigentümer­in fast aller Bundesimmo­bilien im Inland noch bis Ende September Zeit, die Erklärunge­n abzugeben. Es geht um rund 26.000 Liegenscha­ften, von denen zwar viele von der Grundsteue­r befreit sind – eine Erklärung abgeben muss die BImA trotzdem. Bayern verzichtet hier auf Erklärunge­n für grundsteue­rbefreite Liegenscha­ften, für alle anderen gilt ebenfalls der 31. Januar.

Herausgefu­nden hat das der Hamburger CDU-Bundestags­abgeordnet­e Christoph Ploß mit einer Anfrage an die Bundesregi­erung.

Unserer Redaktion sagte er dazu: „Den Bürgern eine viel zu knappe Frist aufzudrück­en, die nicht einmal die eigene Verwaltung einhalten kann, ist eine Frechheit gegenüber den Eigenheimb­esitzern in Deutschlan­d.“

Komplizier­t macht die Aufgabe für die Beamten auch, dass mit der Reform ein Flickentep­pich an Grundsteue­rmodellen geschaffen wurde. Neun Länder verwenden das Bundesmode­ll, Saarland und Sachsen haben es in Details angepasst, in Bayern, Baden-Württember­g, Hamburg, Hessen und Niedersach­sen gibt es eigene Landesgese­tze. Allen gemein ist immerhin, dass die Steuer direkt an die Städte und Gemeinden fließt – rund 1,9 Milliarden Euro pro Jahr in Bayern. Kommentar, Geld & Leben

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