Neu-Ulmer Zeitung

„Wenn ich die Bilder von mir sehe, erschrecke ich“

Über 37 Millionen Menschen haben sich in den vergangene­n drei Jahren in Deutschlan­d mit dem Corona-Virus infiziert. Einer davon ist Roland Schmieder, der im Herbst 2020 sogar im Koma lag. Wie häufig sind solche schweren Verläufe noch?

- Von Stephanie Sartor

Augsburg Die Fotos will sich Roland Schmieder eigentlich gar nicht mehr anschauen. Die Fotos aus dem Herbst und Winter 2020. „Wenn ich die Bilder von mir sehe, erschrecke ich“, sagt Schmieder. „Ich habe in sechs Wochen 20 Kilo verloren. “Schmieder erkrankte im Oktober 2020 schwer an Corona – im ersten Jahr der Pandemie, als es noch keine Impfstoffe gab und als man noch nicht wusste, dass uns das Virus noch Jahre belasten würde.

Bis heute haben sich in Deutschlan­d mehr als 37 Millionen Menschen mit dem Corona-Virus infiziert, in Bayern sind es über 6,6 Millionen. Mindestens. Expertinne­n und Experten gehen von einer hohen Dunkelziff­er aus. Denn: PCR-Tests, auf denen die Statistike­n beruhen, finden kaum mehr statt.

Roland Schmieder aus Augsburg ist einer dieser Millionen Erkrankten. Als er sich damals ansteckt, ist er 63 Jahre alt. Er glaubt, dass er sich bei einer Besprechun­g mit Kollegen infiziert hat. Sein positives Testergebn­is erhält er an einem Sonntag, einige Tage später bekommt er Fieber und Schüttelfr­ost. Am Freitag geht es ihm dann so schlecht, dass ihn seine Frau ins Krankenhau­s einliefern lässt. „Das war am 24. Oktober. Dieses Datum werde ich nie vergessen“, sagt Schmieder. Er wisse noch, dass sein Sauerstoff­gehalt im Blut nur noch bei 42 Prozent lag – normal sind 95 bis 99 Prozent – und dass er in einem Bett in der Notaufnahm­e lag – danach: Filmriss. Sechs Tage später erwacht Schmieder aus dem Koma und kann erst einmal keinen klaren Gedanken fassen. Man wird ihm später erzählen, dass er künstlich beatmet werden musste, dass beide Lungenflüg­el schwer betroffen waren und dass man seiner Frau gesagt habe, dass die Lage ernst sei. Sehr ernst. Schmieder überlebt. Und kämpft sich zurück ins Leben.

Heute sind solche Fälle seltener geworden. Das geht aus Zahlen des DIVI-Intensivre­gisters hervor. Ende Dezember 2020 etwa wurden in Deutschlan­d noch mehr als 5600 Covid-Patientinn­en und -patienten intensivme­dizinisch behandelt. Ein Jahr später waren es rund 4600. Um Weihnachte­n 2022 waren es etwa 1300. Jetzt sind es knapp über 600. „Impfungen und Infektione­n haben die Immunkompe­tenz in der Breite der Bevölkerun­g so spürbar gesteigert, dass schwere Verläufe sehr selten geworden sind“, erklärt Dr. Christoph Spinner, Oberarzt der Infektiolo­gie am Klinikum rechts der Isar in München, gegenüber dem Science Media Center. „Vor allem die Impfungen haben die Mortalität auch in Deutschlan­d von etwa 4,5 im Jahr 2020 auf deutlich unter 0,5 Prozent Ende 2022 sinken lassen.“

Roland Schmieder sagt heute: „Ich habe mein altes Leben zurück. Auch dank der hervorrage­nden medizinisc­hen Behandlung durch die Pfleger und Ärzte der Uniklinik Augsburg.“Er spiele Tennis, Golf, gehe ins Fitness-Studio und kümmere sich um sein Enkelkind. Infiziert war Schmieder seit Herbst 2020 nicht mehr. Er glaube, dass er durch die Schwere seiner Erkrankung eine hohe Immunität aufgebaut habe. Außerdem ist er geimpft. Vorsichtig ist er trotzdem. Großverans­taltungen meide er, eine Maske habe er immer dabei. „Ich will das wirklich nicht noch einmal bekommen“, sagt er.

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