Neu-Ulmer Zeitung

Biobauer, Literat und Bayer: Sepp Dürr ist tot

Der populäre Grünen-Politiker starb am Donnerstag im Alter von 69 Jahren an Krebs. Seine Wortgewalt und Streitlust im Landtag sind legendär. Fraktionsc­hef Ludwig Hartmann würdigt ihn als Kollegen „mit Hirn, Herz und Humor“.

- Von Uli Bachmeier

München „Mich kriegt er nicht“, hatte Sepp Dürr noch vor zehn Jahren gesagt. Und lange Zeit schien es tatsächlic­h so, als hätte er den Krebs überwunden. Doch die Krankheit kehrte zurück. Am Donnerstag ist der populäre bayerische Grünen-Politiker im Alter von 69 Jahren gestorben.

Seine wuchtigen, urbayerisc­hen Zwischenru­fe im Landtag waren gefürchtet, seine Streitlust fast schon legendär. „Wenn ich draufhauen muss, hau ich drauf“, sagte er öfter. Das sei sein gutes Recht und halt auch „eine Gaudi für den Moment“. Doch das war nur eine Seite des kleinen, schlanken Mannes

aus Germering im Landkreis Fürstenfel­dbruck. Seine Parteifreu­nde wie seine politische­n Gegner schätzten seine Fairness und sein Engagement in der Sache ebenso wie sein breites Wissen.

Dürr war Biobauer und Literaturw­issenschaf­tler, Politiker und Philosoph, aber anders als oft behauptet kein grünes Urgestein. Der 1980 gegründete­n Partei stand er zunächst sogar eher skeptisch gegenüber. Er hatte sich nach Studium und Promotion gegen eine akademisch­e Karriere und für die Landwirtsc­haft entschiede­n, zog zurück nach Germering und führte gemeinsam mit seiner Schwester den elterliche­n Hof fort. Um wirtschaft­lich bestehen zu können, stellten sie den Betrieb auf Bio um und eröffnete einen Hofladen. Dadurch wurden die Grünen vor Ort auf ihn aufmerksam. Er ließ sich einspannen – erst in der Kommunalun­d dann ab den späten 90er Jahren auch in der Landespoli­tik. 1998 wurde Dürr erstmals in den

Landtag gewählt. Bereits zwei Jahre später wählten ihn seine Kollegen zum Fraktionsv­orsitzende­n – bis 2003 an der Seite von Christine Stahl, bis 2008 an der Seite von Margarete Bause.

Wie sehr die Menschen in seiner Heimat ihm vertrauten, zeigt das Wahlergebn­is, das er 2008 im Stimmkreis Landsberg am Lech/ Fürstenfel­dbruck als Direktkand­idat erzielte: Mit 15,3 Prozent der Stimmen lag er fast sechs Prozentpun­kte über dem bayernweit­en Ergebnis seiner Partei. 2012 erkrankte Dürr (verheirate­t, drei Kinder) erstmals an Krebs. Kurzfristi­g dachte er ans Aufhören, aber er erholte sich und machte weiter. 2018 schaffte er es trotz seiner Popularitä­t nicht mehr in den Landtag. Der

Grund: Die Grünen waren zu erfolgreic­h geworden. Als Listenkand­idat, der auf dem Wahlzettel in Oberbayern weit hinten auf Platz 42 stand, hatte er keine Chance mehr. Er widmete sich seinen Enkeln, baute wieder Kartoffeln und Gemüse an und schrieb ein Buch über seinen Heimatort Germering.

Nun trauern die Grünen: „Sepp hatte Hirn, Herz und Humor. Er hat für seine Werte und Überzeugun­gen gekämpft, mit uns und auch gegen uns, wenn nötig“, sagte der Chef der Landtagsfr­aktion, Ludwig Hartmann. Landesvors­itzende Eva Lettenbaue­r würdigte ihn als Politiker mit Ecken und Kanten: „Ich bin Sepp sehr dankbar für seine Kraft, die er unserem grünen Bayern gewidmet hat.“

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