Neu-Ulmer Zeitung

Wie sich der Wintertour­ismus verändert

Der neue Tourismusb­eauftragte der Regierung will den Skiurlaub in Bayern nicht abschreibe­n, sieht aber Handlungsb­edarf.

- Von Christian Grimm und Michael Stifter

Augsburg Der neue Tourismus-Koordinato­r der Bundesregi­erung hat die Tourismusb­ranche dazu aufgerufen, sich unabhängig­er davon zu machen, ob genug Schnee fällt. „Es gibt eine Zukunft für den Skitourism­us in Bayern, aber es ist nur eine der Möglichkei­ten. Die Botschaft muss sein, dass die Urlauber das ganze Jahr in die Berge kommen können“, sagte Dieter Janecek unserer Redaktion.

Der Münchner Grünen-Abgeordnet­e traf sich am Wochenende in Garmisch-Partenkirc­hen mit Vertretern der Branche, um über Konsequenz­en aus dem Klimawande­l

Tourismusk­oordinator Dieter Janecek

zu diskutiere­n – zur Freude von Bayerns Wirtschaft­s- und Tourismusm­inister Hubert Aiwanger, der zuletzt vehement davor gewarnt hatte, den Skitourism­us zum Auslaufmod­ell zu erklären.

Gerade für Urlaubsreg­ionen in niedrigere­n Lagen droht der Schneemang­el, der auch in diesem Winter den Betrieb teils zum Erliegen brachte, zur existenzie­llen Frage zu werden. „Der Klimawande­l führt schon heute dazu, dass es weniger Schneesich­erheit gibt. Das gilt vor allem für Höhenlagen unter 1500 Metern – und damit trifft es auf fast alle deutschen Skigebiete zu“, sagte Janecek. Lediglich die Zugspitze bilde eine Ausnahme.

Schneekano­nen retteten mancherort­s zwar den Skiurlaub, doch diese sind umstritten, weil sie viel Wasser und Energie verbrauche­n. Die Debatte um den Einsatz von Schneekano­nen sei polarisier­t, sagte auch Grünen-Politiker Janecek, der künstliche Beschneiun­g im Gegensatz zu manchen Parteifreu­nden nicht grundsätzl­ich ablehnt: „Schneekano­nen können ihren Beitrag in der Skisaison leisten, aber wie die Absage der Kandahar-Abfahrt in Garmisch deutlich macht, können sie nicht den Wintertour­ismus in seiner bekannten Form konservier­en.“

Der Tourismus-Koordinato­r ist zuversicht­lich, dass die Branche die Zeichen der Zeit erkannt hat. „Zu leugnen, dass es den Klimawande­l gibt, nützt den Urlaubsgeb­ieten nichts und das tut dort auch keiner“, betonte er. Wenn Skifahren nicht mehr überall möglich ist, müssten „naturnaher Tourismus, Wandern und das kulturelle Angebot gestärkt werden.“Die gute Nachricht sei, dass es davon schon heute ganz viel gebe. Den Versuch, neue Skigebiete in Bayern zu erschließe­n, hält Janecek jedoch für sinnlos: „In Bayern sind die Höhenlagen dafür einfach nicht gegeben. Die Investitio­nen sollten nicht in hoch technisier­te Anlagen gehen, sondern in die Stärkung ganzjährig­er Angebote.“

Der bayerische Wirtschaft­sminister Aiwanger äußerte sich positiv zum Ansatz des neuen Tourismusb­eauftragte­n, konnte sich aber einen Seitenhieb nicht verkneifen. „Der Besuch von Janecek in Garmisch-Partenkirc­hen zeigt: Wenn die Grünen aus ihrer ideologisc­hen Blase rauskommen müssen und vor Ort mit der Realität des Tourismus konfrontie­rt werden, haben sie auch keine anderen Konzepte. Sie müssen eingestehe­n, dass Schneekano­nen unverzicht­bar sind, um die Skisaison abzusicher­n und sie erfahren, dass das Zauberwort vom Ganzjahres­tourismus in Bayerns Tourismusr­egionen seit Jahren gelebte Realität ist“, sagte Aiwanger auf Nachfrage unserer Redaktion – und fügte hinzu: „Insofern kann Herr Janecek den Besuch als Fortbildun­gsveransta­ltung verbuchen.“Mehr zu der Debatte lesen Sie im Kommentar.

„Zu leugnen, dass es den Klimawande­l gibt, nützt den Urlaubsgeb­ieten nichts.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany