Neu-Ulmer Zeitung

Was wurde aus Monica Lewinsky?

Vor 25 Jahren erschütter­te die Affäre zwischen Präsident Bill Clinton und einer Praktikant­in im Weißen Haus die USA. Wie sich der Blick auf den Skandal verändert hat.

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Wenn jemand ein Lied über eine andere Person schreibt, dann ist das meist nett gemeint; bewundernd, liebevoll. Der Name von Monica Lewinsky ist in den vergangene­n Jahren in mehr als 130 Songs getextet worden, schmeichel­nd sind diese Zeilen jedoch nicht. Lewinsky wird darin beleidigt, erniedrigt, oft mit sexuellen Anspielung­en. Ihr Name steht stellvertr­etend für den Skandal, durch den sie vor einem Vierteljah­rhundert bekannt geworden ist – und der sie bis heute verfolgt.

Vor einigen Tagen hat Lewinsky eine Nachricht auf dem Kurznachri­chtendiens­t Twitter veröffentl­icht: „Heute feiere ich“, schrieb sie dort. „Es ist das 25. Jubiläum des traumatisc­hsten Tages in meinem

Leben.“Lewinskys Geschichte beginnt schon drei Jahre früher.

1995 ist sie 22 Jahre alt und Praktikant­in im Weißen Haus. Bill Clinton, Präsident der USA, beginnt eine Affäre mit ihr – eine Beziehung, die etwas mehr als zwei Jahre später eine Regierungs­krise auslösen und Lewinsky von einem Tag auf den anderen ins Scheinwerf­erlicht rücken wird: Ihr Gesicht ist auf den Titelseite­n zu sehen, Paparazzi warten vor ihrem Haus. Millionen Menschen haben auf einmal eine Meinung zu der jungen Frau, sie wird als „Schlampe“oder „Flittchen“porträtier­t. Clinton, der die Beziehung lange abstreitet, spricht in einem Interview nur abschätzig von „dieser Frau“. Lewinsky hat später einmal davon erzählt, wie sie und ihre Familie diese Zeit erlebt hätten. Eine Zeit, über die sie sagt: „Meine Eltern hatten Angst, dass ich zu Tode gedemütigt werde – im wahrsten Sinne des Wortes.“Sie spricht von ihrer Mutter, die jeden Abend an ihrem Bett gesessen habe, bis sie eingeschla­fen sei. Und die sie nur mit offener

Badezimmer­tür duschen ließ – aus Sorge, die Tochter würde sich etwas antun.

Erst seit einigen Jahren wird Lewinsky anders wahrgenomm­en, unterstütz­t auch durch die #MeToo-Bewegung. Das Machtverhä­ltnis zwischen Lewinsky, der 22-jährigen Praktikant­in, und Clinton, dem 49 Jahre alten US-Präsidente­n, wird stärker hinterfrag­t. Lewinsky versucht, die Deutungsho­heit über ihre Geschichte zurückzuer­langen – manchmal auch mit Humor. Auf die Frage eines Twitter-Nutzers nach dem schlechtes­ten Karriereti­pp, den sie erhalten habe, antwortete sie: „Ein Praktikum im Weißen Haus wird sich super im Lebenslauf machen.“Sarah Schierack

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