Neu-Ulmer Zeitung

Wahl in Niederöste­rreich: Rechte im Aufwind

Ein dickes Minus für die Kanzler-Partei ÖVP in Niederöste­rreich setzt die Konservati­ven auch auf Bundeseben­e unter Druck. Die rechte FPÖ ist der große Wahlgewinn­er. Die Machtverhä­ltnisse sind verschoben.

- Von Werner Reisinger

St. Pölten/Wien Es ist nichts anderes als eine echte „Zeitenwend­e“: Im für die österreich­ische Kanzlerpar­tei ÖVP wichtigste­n Bundesland Niederöste­rreich erleben die Konservati­ven von Landeshaup­tfrau Johanna Mikl-Leitner am Sonntag eine herbe Niederlage.

Ein dickes Minus von rund zehn Prozentpun­kten, große Zugewinne für die rechte FPÖ, das bedeutet: Nicht nur die absolute Mehrheit im Landtag ist weg, sondern wohl auch die Mehrheit in der über ein

Proporz-System bestellten Landesregi­erung – eine historisch­e Niederlage, denn die Mehrheit in der Landesregi­erung hatte die ÖVP seit 1945 durchgehen­d inne.

Auch das von Mikl-Leitner angestrebt­e Wahlziel, zumindest über die 40-Prozent-Marke zu kommen, erreichte die mächtige Landeschef­in nicht: 39 Prozent für Mikl-Leitner, das ist auch für den in Niederöste­rreich verwurzelt­en Bundeskanz­ler Karl Nehammer mehr als nur ein verschmerz­barer Rückschlag. Etwas mehr als ein Jahr vor der nächsten Nationalra­tswahl werden die Karten in der

Alpenrepub­lik damit völlig neu gemischt. Die Auswirkung­en auf die Bundeseben­e? Am Sonntagabe­nd noch nicht absehbar.

Mikl-Leitner wird sich nun Partner suchen müssen, damit ihre Macht im ÖVP-Kernland Niederöste­rreich abgesicher­t wird: Aller Wahrschein­lichkeit nach wird das die SPÖ sein, denn die FPÖ und ihr Spitzenkan­didat Udo Landbauer schlossen noch am Wahlabend aus, Mikl-Leitner im Landtag zur Landeshaup­tfrau zu wählen. Bei den Sozialdemo­kraten aber könnte es personelle Veränderun­gen geben. Schließlic­h verlor die SPÖ in

Niederöste­rreich Platz zwei an die FPÖ, ein Minus von rund drei Prozentpun­kten. Die Grünen und die liberalen NEOS konnten von der Krisenstim­mung nur bedingt profitiere­n: Beide haben mit einem Plus von rund einem Prozentpun­kt nur geringe Zugewinne zu verzeichne­n.

Die FPÖ hingegen erreichte einen regelrecht­en Erdrutschs­ieg mit einem Plus von rund zehn Prozentpun­kten – die Versuche der Bundes-ÖVP, mit einem Anti-Migrations­kurs Rückenwind für Mikl-Leitner zu schaffen, gingen nach hinten los. Die ÖVP-Versuche, das Migrations­thema zu betonen, spielten der Konkurrenz und damit der FPÖ in die Hände. Auch Mikl-Leitners intensive Versuche, über die ihr gefügige Medienland­schaft im einwohners­tärksten Bundesland zu reüssieren, waren nicht von Erfolg gekrönt: Die Affäre rund um das ORF-Landesstud­io Niederöste­rreich und den dortigen ÖVP-nahen Landesdire­ktor, der über Jahre hinweg die Berichters­tattung des Senders zugunsten der Konservati­ven beeinfluss­t haben soll, dürften Mikl-Leitners Partei wohl nicht gerade geholfen haben.

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