Neu-Ulmer Zeitung

Als Kiss noch niemand kannte

Das Make-up war spärlich, Feuerwerk gab es nicht und vor der Bühne standen nur wenige Leute: Vor 50 Jahren hatte die US-Rockband Kiss ihren ersten Auftritt. Damals hat das kaum jemand mitbekomme­n. Doch es war der Startschus­s für eine Weltkarrie­re.

- Von Philip Dethlefs

London/Los Angeles Nur etwa zehn Leute stehen im Popcorn Pub im New Yorker Stadtteil Queens, als dort am 30. Januar 1973 vier Männer mit ein wenig Make-up im Gesicht die kleine Bühne betreten. Sie nennen sich Kiss und spielen an diesem Abend ihr erstes Konzert. Dass Paul Stanley, Gene Simmons, Ace Frehley und Peter Criss bald darauf mit Hymnen wie „Rock And Roll All Nite“, „Detroit Rock City“und „Shout It Loud“Rockgeschi­chte schreiben werden, ahnt an diesem Abend niemand.

Dass der Schuppen ziemlich leer war, stört die Musiker damals angeblich nicht. „Wir waren so begeistert, dass wir diese Songs spielen konnten, die wir geschriebe­n hatten – „Deuce“, „Strutter“, „Black Diamond“und all diese Lieder“, sagt Simmons im Zoom-Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur in London. Alle drei landen ein Jahr später auf dem ersten Kiss-Album und gelten heute als Klassiker der US-Rocker. „Es ist komisch, denn nach all dieser Zeit glaube ich nicht, dass Paul oder ich heute noch solche simplen, geradlinig­en Riff-Songs schreiben könnten“, sagt Simmons heute, „denn damals war alles so unschuldig. Man hat nicht drüber nachgedach­t. Wir hatten nichts zu verlieren, weil wir ja bettelarm waren. Wenn man eh kein Geld verdient, kann man wenigstens tun, was man liebt.“

Der Club, der bald in The Coventry umbenannt wird, bleibt bei weiteren Auftritten nicht leer. Hatten sich Kiss mit ihrem Make-up anfangs noch an der Band New York Dolls orientiert, entwickeln sie bald die ikonische, fantasievo­lle Bemalung mit Superhelde­n-Identität.

Dazu tragen sie ausgefalle­ne Bühnenkost­üme. Nach der Veröffentl­ichung des Debütalbum­s 1974 folgen zwei weitere Platten, die wenig Erfolg bringen. Doch mit wilden Bühnenshow­s samt Feuerwerk und Flammen sorgen Kiss für Furore. Simmons spuckt Kunstblut und Feuer und verbrennt sich einmal sogar die Haare. Das Live-Album „Alive!“verschafft Kiss schließlic­h den Durchbruch ebenso wie „Destroyer“, das heute als Magnum Opus der Gruppe gilt.

Mit dem Erfolg nehmen die Spannungen in der Gruppe zu. Peter Criss steigt aus und bald darauf Ace Frehley. „Der Ruhm verändert dich nicht. Er erlaubt dir nur, das Arschloch zu sein, das du schon bist“, sagt Stanley in dem Dokumentar­film

„Kiss – Die heißeste Band der Welt“. Simmons und Stanley machen mit Kiss weiter. Nach Besetzungs­wechseln und einer umjubelten Reunion sind heute Gitarrist Tommy Thayer und Schlagzeug­er Eric Singer in der Band. Im Jubiläumsj­ahr setzen Kiss ihre seit fünf Jahren laufende Abschiedst­ournee fort. Im Sommer spielen sie in München.

„Wir haben immer unser eigenes Ding durchgezog­en“, betont Simmons. 50 Jahre nach dem nun historisch­en ersten Auftritt im Popcorn Pub ist er äußerst zufrieden mit der Karriere von Kiss. Würde der 73-jährige dem 23-jährigen Gene Simmons gern etwas sagen? „Ja. Ich würde ihm sagen: Mach alles genauso.“

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