Neu-Ulmer Zeitung

Nach vorne fehlt nicht mehr viel

Deutschlan­ds Handballer beenden die WM auf Rang fünf. Bei der EM in einem Jahr soll aber der Einzug ins Halbfinale gelingen. Garant dafür könnten Wolff und Knorr sein.

- Von Marc Stevermüer

Stockholm Alfred Gislason freute sich erst einmal auf ein Glas Rotwein. Ganz entspannt stand der Handball-Bundestrai­ner am Sonntag in den Katakomben der Stockholme­r Arena, wo die deutsche Nationalma­nnschaft zuvor Norwegen mit 28:24 (16:13) besiegt hatte und damit die Weltmeiste­rschaft als Fünfter abschloss. Garant war mal wieder Torwart Andreas Wolff.

Wie ist Rang fünf zu bewerten? Die Mannschaft hat das Viertelfin­ale erreicht und sich damit die Chance auf die Olympia-Teilnahme 2024 bewahrt. Der Deutsche Handballbu­nd (DHB) wird sich um die Ausrichtun­g eines Qualifikat­ionsturnie­rs bewerben. Ansonsten besiegte die DHB-Auswahl die Gegner, die sie besiegen muss und zum Abschluss mit Norwegen auch endlich einmal eine Topmannsch­aft. „Der fünfte Platz ist gerecht. Viel fehlt aber nicht mehr, um den Großen ein Bein zu stellen“, meinte ein zufriedene­r Gislason mit Blick auf die Halbfinali­sten Spanien, Frankreich, Schweden und Dänemark.

Wie weit sind die großen Vier entfernt?

Es ist kein Zufall, dass mit Dänemark, Spanien, Frankreich und Schweden die gleichen vier Nationen im Halbfinale standen wie bei der EM 2022 und der WM 2021. „Die Schweden haben viele Spieler in der eigenen Liga entwickelt und sind immer besser geworden, sie können ein gutes Vorbild für uns sein“, sagt Rechtsauße­n Patrick Groetzki: „Man kann sich alles erarbeiten, das sieht man an Schweden oder auch Spanien.“Mit Dänemark und Frankreich sei das „etwas anderes“, meint der Kapitän der Rhein-Neckar Löwen. Diese Mannschaft­en sind durchgehen­d mit Ausnahmesp­ielern besetzt. Die Zuversicht wächst allerdings nach diesem Turnier bei den Deutschen. „Wir können gegen große Nationen Großes leisten“, sagte Rückraumma­nn Luca Witzke.

Was muss besser werden, um ins Halbfinale zu kommen?

„Uns fehlt Breite, insbesonde­re in der Abwehr“, monierte Gislason immer wieder. Im Innenblock müssen Johannes Golla und Julian Köster praktisch durchspiel­en, weshalb ihnen im Angriff die Kraft fehlt. Im Rückraum lastet zu viel Verantwort­ung auf den Schultern des 22-jährigen Juri Knorr, der ein überragend­es Turnier spielte und die WM sowohl als bester Vorlagenge­ber (52) als auch als bester Scorer (Assists und Tore addiert, 105) beendete. „Das ist cool, aber wir müssen als Mannschaft weiterkomm­en. Wir müssen an der Feinjustie­rung arbeiten. Dann können wir so ein Viertelfin­ale mal gewinnen“, sagte Knorr.

Worauf kann der Bundestrai­ner aufbauen?

Es gibt eine Achse mit Torwart Andreas Wolff, Johannes Golla und Julian Köster in der Abwehr sowie Knorr als Chefstrate­gen im Rückraum. Auf der Linksaußen­position hat sich Lukas Mertens etabliert.

Wie verändert sich der Kader? Sebastian Heymann, Timo Kastening und Julius Kühn fehlten verletzt. Die Rechtshänd­er Kühn und Heymann überzeugte­n zuletzt zwar nicht im DHB-Dress, könnten aber für die oft vermisste Wurfgewalt aus dem Rückraum sorgen. Heymann ist eine Option für den Innenblock. Kastening wird sich mit Groetzki um den Stammplatz auf Rechtsauße­n duellieren. Deutlich interessan­ter sind allerdings zwei andere Personalie­n. Fabian Wiede sagte zum wiederholt­en Male kurzfristi­g ein Turnier ab. Hendrik Pekeler deutete an, sich nach mehr als zwei Jahren Pause eine Rückkehr ins Nationalte­am vorstellen zu können. Sportlich sind beide über jeden Zweifel erhaben, sie machen diese Mannschaft auf den Problempos­itionen Mittelbloc­k und Rückraum rechts besser. Aber: Wie findet es die Mannschaft, dass man zuletzt nicht auf dieses Duo zählen konnte?

Kann Deutschlan­d 2024 bei der Heim-EM um Medaillen spielen? Das ist das klare Ziel und es wurde so auch erneut von DHB-Präsident Andreas Michelmann am Sonntag bekräftigt: „Wir wollen unter die letzten vier Mannschaft­en.“Was den Weg in Richtung Medaillen in einem Jahr erleichter­t: Viele Topnatione­n kommen als Gegner bis zum Halbfinale nicht infrage. Zwar sind die Gruppen noch nicht ausgelost, aber einige große Nationen für bestimmte Spielorte bereits gesetzt. Schweden, Norwegen und Dänemark werden erst im Halbfinale mögliche Gegner.

 ?? ?? Ein historisch­er Hattrick ist Dänemarks Handballer­n gelungen. Die Schützling­e des ehemaligen Bundesliga­trainers Nikolaj Jacobsen haben sich als erstes Team in der 85-jährigen WM-Geschichte zum dritten Mal nacheinand­er zum Champion gekürt. Der Titelverte­idiger setzte sich am Sonntagabe­nd in einem hochklassi­gen Endspiel gegen Olympiasie­ger und Rekord-Weltmeiste­r Frankreich mit 34:29 (16:15) durch und gewann den Titel wie bereits 2019 und 2021. Die Dänen nahmen damit Revanche für die Final-Niederlage­n gegen Frankreich bei der WM 2011 und den Olympische­n Spielen 2021 in Tokio. Foto: Jan Woitas, dpa
Ein historisch­er Hattrick ist Dänemarks Handballer­n gelungen. Die Schützling­e des ehemaligen Bundesliga­trainers Nikolaj Jacobsen haben sich als erstes Team in der 85-jährigen WM-Geschichte zum dritten Mal nacheinand­er zum Champion gekürt. Der Titelverte­idiger setzte sich am Sonntagabe­nd in einem hochklassi­gen Endspiel gegen Olympiasie­ger und Rekord-Weltmeiste­r Frankreich mit 34:29 (16:15) durch und gewann den Titel wie bereits 2019 und 2021. Die Dänen nahmen damit Revanche für die Final-Niederlage­n gegen Frankreich bei der WM 2011 und den Olympische­n Spielen 2021 in Tokio. Foto: Jan Woitas, dpa

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