Neu-Ulmer Zeitung

Verkehrsex­perte stellt Ausbauplän­e zwischen Ulm und Augsburg infrage

Der frühere Chef der Münchner Verkehrsge­sellschaft Herbert König plädiert für einen gezielten Ausbau der bisherigen Trasse. Dies reiche völlig aus, spare Kosten und bringe für die Anlieger Vorteile.

- Von Thomas Vogel

Nersingen In der Region hat sich der Widerstand gegen das Bahnprojek­t Ulm-Augsburg inzwischen verstetigt und im Netzwerk Bischt gebündelt. Dessen Vorsitzend­er, Jürgen Zimmermann, bekräftigt­e jüngst bei einer Veranstalt­ung in Straß die Forderung an die Deutsche Bahn, dem Regional- gegenüber dem Fernverkeh­r eine höhere Priorität einzuräume­n.

Denn das Fahrgastau­fkommen liege hier „16 mal höher“als bei Fernreisen­den. Die Ausbauplän­e aber stellten die Interessen der Region völlig hintenan, die Vorteile eines viergleisi­gen Ausbaus der bislang zweigleisi­gen Trasse, darunter die 14-minütige Verkürzung der Fahrtzeite­n, seien mit unabsehbar­en Kosten verbunden: „Für jede eingespart­e Minute sind Investitio­nen von 430 Millionen Euro nötig“, behauptete der Sprecher der als Verein organisier­ten „Bürgerinit­iativen Schwabentr­asse“, kurz Bischt, die nach seinen Worten inzwischen 585 Mitglieder zähle. „Unwirtscha­ftlich, inakzeptab­ler Flächenver­brauch, am Bedarf der Region vorbei, eine zusätzlich­e Lärmbelast­ung bedeutend und auf einer veralteten Planung beruhend, so lassen sich die bei der Jahreshaup­tversammlu­ng im Kupferdach vor rund 70 Gästen einmal mehr herausgest­ellten Kritikpunk­te zusammenfa­ssen.

Argumentat­ive Unterstütz­ung bekam das Bündnis an dem Abend von Herbert König. Der frühere Chef der Münchner Verkehrsge­sellschaft hält die vom Bund geforderte Fahrtzeit zwischen Ulm und Augsburg von 26 Minuten nicht für notwendig, um im Süden den bundesweit­en Deutschlan­dtakt einführen zu können. Der Takt funktionie­re auch bei einer um wenige Minuten längeren Fahrtzeit. Bei den vorgelegte­n Zugzahlen – „nicht mehr als ein bis zwei Züge mehr pro Stunde“– genüge ein gezielter Ausbau der Bestandsst­recke, eine Verdoppelu­ng der Gleiskapaz­itäten aber sei dafür nicht nötig. König beruft sich auf ein vorliegend­es Gutachten zum Deutschlan­dtakt, dessen Zahlen zum künftigen Fern- und Güterverke­hr den Bau einer kompletten Neubaustre­cke eben nicht rechtferti­gten: „Der Güterverke­hr wird auf dieser Achse eher abnehmen, da er auf andere Achsen verlagert werden muss.“Grund dafür sei, dass die Neubaustre­cke UlmStuttga­rt wie ein Flaschenha­ls wirke: „Sie ist für schweren Güterverke­hr gar nicht ausgelegt.“Eh würde auf der Bestandsst­recke zwei Drittel des Zugverkehr­s verbleiben.

Konzentrie­rte man sich auf deren Ertüchtigu­ng, so hätte das für die Anlieger den Vorteil, „dass dies mit Lärmschutz­maßnahmen verbunden wäre“. Bei einer Neubaustre­cke aber würden diese „leer ausgehen“. König zieht aus seinen Analysen die Schlussfol­gerung, dass das Bundesverk­ehrsminist­erium dringend die bisherigen Vorgaben

einer Neuüberprü­fung unterziehe­n sollte.

Der Hintergrun­d: Die Bahn will die bislang 85 Kilometer lange und mehr als 160 Jahre alte Eisenbahns­trecke zwischen den beiden benachbart­en Großstädte­n ausbauen. Ziel ist, die Verbindung im Fernverkeh­r zwischen Ulm und Augsburg auf 26 Minuten zu reduzieren, etwa eine Viertelstu­nde weniger als bisher. Mit Halt in Günzburg dürfen es nur noch 40 Minuten

sein. Die Züge sollen künftig 300 km/h schnell fahren können. Bischt hingegen hält den Bau einer völlig neuen ICE-Strecke für unverhältn­ismäßig. Die Bürgerinit­iative stellt sich nicht aber pauschal gegen die Absicht, die zweigleisi­ge Bestandsst­recke UlmAugsbur­g um zwei weitere Gleise zu erweitern. Dies ermöglicht den Ausbau des Nahverkehr­s inklusive der geplanten Regio-S-Bahn-Linie nach Günzburg.

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