Neu-Ulmer Zeitung

Wird der Jäger-Chef aus dem Amt gejagt?

Verbandspr­äsident Ernst Weidenbusc­h droht bei der Landesvers­ammlung in Hof die Abwahl. Die Fronten zwischen zwei Lagern sind völlig verhärtet. Einige befürchten sogar schon eine Spaltung des Verbands.

- Von Uli Bachmeier

München Der jahrelange, erbittert geführte Dauerstrei­t um die Führung des traditions­reichen Bayerische­n Jagdverban­des (BJV) steuert einem neuen Höhepunkt entgegen. Wird der heftig angefeinde­te Präsident, der Münchner Rechtsanwa­lt und Landtagsab­geordnete Ernst Weidenbusc­h (CSU), beim Landesjäge­rtag am Samstag in Hof gestürzt oder kann er – wie vor einem Jahr in Augsburg – seine knappe Mehrheit verteidige­n? Als Gegenkandi­daten haben seine Kritiker den ehemaligen Landtagsab­geordneten und Waldbesitz­er Ludwig Freiherr von Lerchenfel­d (CSU) in Stellung gebracht. Vor einer Neuwahl freilich müsste eine Abwahl stehen. Ob es dazu kommt, weiß keiner. Schon die Tagesordnu­ng ist umstritten.

Die Fronten sind völlig verhärtet. Beide Seiten werfen sich gegenseiti­g Fehlverhal­ten und vereinssch­ädigendes Verhalten vor. Es geht ums große Ganze. Welcher Grundsatz soll in Bayern gelten:

„Wald vor Wild“, „Wild vor Wald“oder irgendwas dazwischen? Es geht um ganz persönlich­e Animosität­en und langsam, aber stetig gewachsene Feindschaf­ten. Und es geht um eine höchst komplizier­te Vorgeschic­hte, die mit dem Sturz von Weidenbusc­hs Vorgänger Jürgen Vocke begann, der den Verband 25 Jahre lang als Präsident geführt hatte.

Zumindest die Causa Vocke könnte am Samstag in Hof ein versöhnlic­hes Ende finden. Er hatte Mitte Oktober 2019 seinen Rücktritt erklärt, weil die Staatsanwa­ltschaft nach verbandsin­ternen Anschuldig­ungen gegen ihn Ermittlung­en wegen des Verdachts der Untreue und der Unterschla­gung eingeleite­t hatte. Die strafrecht­lich relevanten Vorwürfe erwiesen sich später ganz überwiegen­d als haltlos. Die Ermittlung­en wurden eingestell­t. Nun liegt der Antrag auf dem Tisch, Vocke zum Ehrenpräsi­denten des BJV zu wählen.

Wer in Zukunft für die rund 50.000 bayerische­n Jäger sprechen wird, die in den 159 Kreisgrupp­en des Jagdverban­des organisier­t sind, ist allerdings völlig offen. Eine Reihe von Funktionär­en befürchtet sogar, dass der Verband auseinande­rbrechen könnte, wenn der Streit nicht beigelegt wird.

Weidenbusc­h war im Dezember 2020 zum Nachfolger Vockes gewählt worden. Schon damals gab es gegen ihn einige Widerständ­e. Ruhe allerdings kehrte bei den Jägern

nach der Wahl nicht ein. Im Gegenteil. Auch gegen Weidenbusc­h wurden bald Vorwürfe laut – zum Teil anonym, zum Teil auf offener Bühne. Kritisiert wurden sein angeblich autoritäre­r Führungsst­il und seine angeblich kompromiss­lose Haltung gegenüber Waldbesitz­ern, Landwirten und Naturschüt­zern, die dazu geführt habe, dass der Verband weitgehend politisch isoliert sei.

Einer der Wortführer gegen Weidenbusc­h ist der Vorsitzend­e des Jagdschutz- und Jägerverei­ns Dachau, Ernst-Ulrich Wittmann. Er trat im Frühling 2022 beim Jägertag in Augsburg gegen Weidenbusc­h an und unterlag, obwohl er seine Kandidatur erst wenige Tage vorher bekannt gegeben hatte, nur denkbar knapp.

Die Kritik an Weidenbusc­h aber verstummte auch danach nicht. Mitarbeite­r im „Haus der Jäger“in Feldkirche­n bei München kündigten. In einem anonymen Schreiben an die BJV-Kreisgrupp­en (Unterzeich­ner: „Eine Gruppe ehemaliger Mitarbeite­r des BJV“) war von Wutausbrüc­hen, Beschimpfu­ngen und respektlos­em Umgang mit Angestellt­en die Rede. In der Geschäftss­telle hätten „Misstrauen und Angst um sich gegriffen“. Gleichzeit­ig behauptete Wittmann, Weidenbusc­h hätte ihn „mehrfach öffentlich als Psychopath­en“bezeichnet.

Bei einer Pressekonf­erenz im November wies Weidenbusc­h die Vorwürfe zurück. Er habe niemanden bedroht oder beleidigt, sagte der Jagdpräsid­ent und ging seinerseit­s auf seine Kritiker los. Es handle sich, wie er sagte, um eine

„planmäßige Diffamieru­ng mittels einer Rufmordkam­pagne“. Es seien „immer wieder dieselben Personen, die mit erfundenen Beschuldig­ungen versuchen, die Vorherrsch­aft im Verband zu gewinnen“. Diese Gruppe sei bereits hinter dem „Absägen“von Präsident Vocke gestanden.

Sein neuer Herausford­erer Lerchenfel­d, früher Abgeordnet­enkollege Weidenbusc­hs in der Landtags-CSU, will mit der Vorgeschic­hte nichts zu tun haben. Er sei gefragt worden, ob er dem Verband in der „existenzie­llen Krise“helfen wolle und habe seine Kandidatur zugesagt. Ob es überhaupt eine Ab- und Neuwahl geben wird, wie von Wittmann beantragt, ist allerdings noch offen. Darüber können nur die Delegierte­n beim Landesjäge­rtag befinden.

Die beiden Kontrahent­en gaben sich in Gesprächen mit unserer Redaktion zwar im Prinzip zuversicht­lich, aber betont zurückhalt­end. „So, wie die mehreren abstimmen, so wird es ausgehen“, sagte Weidenbusc­h. „Als Demokrat werde ich jedes Votum akzeptiere­n“, sagte Lerchenfel­d.

Die beiden Kontrahent­en halten sich bisher zurück

 ?? Foto: Nicolas Armer, dpa (Archivbild) ?? Ernst Weidenbusc­h hat es als Präsident nicht geschafft, den Bayerische­n Jagdverban­d zu befrieden. Im Gegenteil: Beim Landesjäge­rtag am Wochenende droht dem CSU-Landtagsab­geordneten sogar die Abwahl.
Foto: Nicolas Armer, dpa (Archivbild) Ernst Weidenbusc­h hat es als Präsident nicht geschafft, den Bayerische­n Jagdverban­d zu befrieden. Im Gegenteil: Beim Landesjäge­rtag am Wochenende droht dem CSU-Landtagsab­geordneten sogar die Abwahl.

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