Neu-Ulmer Zeitung

Ein Big Point, eine Grätsche und ein Lastwagen voller Schokolade

Der FC Bayern lässt Paris nach der Pause keine Chance mehr. Im ersten Durchgang rettet Matthijs de Ligt sein Team und bekommt dafür von einem Mitspieler ein verlockend­es Dankeschön. Präsident Herbert Hainer stichelt gegen PSG.

- Von Florian Eisele

München Satte 67 Millionen Euro war den Bayern im Sommer die Verpflicht­ung des Niederländ­ers Matthijs de Ligt von Juventus Turin wert. Das ist selbst für den deutschen Rekordmeis­ter viel Geld – und so mancher war verwundert, dass nicht ein ähnlicher Betrag für einen Stürmer, sondern in einen Innenverte­idiger investiert wurde. Spätestens am Mittwochab­end um etwa 21.38 Uhr hat de Ligt einen Teil dieser Ablösesumm­er wieder hereingeho­lt. Es war die Zeit, in der der 23-Jährige im Achtelfina­le der Champions League gegen Paris St. Germain einen dicken Patzer seines Torwarts Yann Sommer ausbügelte, der in aller Regel mit einem Gegentor bestraft wird. Sommer hatte den Ball bei einem Dribbling verloren, das Tor war leer. Der Schuss von Vitinha wäre wohl im Tor gelandet. Wenn eben nicht de Ligt zur Stelle gewesen wäre und den Ball per Grätsche kurz vor der Grundlinie geklärt hätte.

Vielleicht zweifelte der ein oder andere Spieler in Diensten von Paris in diesem Moment daran, ob es an diesem Abend noch ein Durchkomme­n

gegen die Bayern-Defensive um de Ligt geben würde. Falls das so war, hätte er damit recht gehabt: 2:0 hieß es am Ende gegen die mit aberwitzig­en Summen aufgerüste­te Millionent­ruppe aus Paris. Zusammen mit dem 1:0-Sieg im Hinspiel liest sich das recht souverän, ist es aber nicht. Gibt zum Beispiel auch Thomas Müller zu, wie er bei DAZN verriet: In manchen Situatione­n hatte der FCB „das Glück auf seiner Seite“und sprach auch gleich den Moment aus Minute 38 an: „Wenn da das 1:0 fällt, dann weiß man nicht, wie die Mannschaft­en reagieren.“

Sah auch der Verursache­r der Situation, Yann Sommer selbst so: „Wenn da was schief geht, geht das Spiel anders aus.“Was ihm in der Szene durch den Kopf gegangen sei? „Ich hatte meine Lösung, Stanisic. Die wurde dann zugestellt und ich hatte keine Lösung mehr.“

Statt einer Lösung hatte der FC Bayern letztlich de Ligt, dessen Einsatz der Schweizer Sommer als „unfassbar“bezeichnet und ein verlockend­es Angebot nach eidgenössi­schem Stil macht: „Ich werde ihm einen Lastwagen Schweizer Schokolade vor die Haustür stellen.“Von seinem Trainer Julian Nagelsmann

gab es für de Ligt ein Extralob: „Neun von zehn Verteidige­r bleiben in der Situation stehen, weil sie denken: Es ist vorbei.“Statt des Wendepunkt­s für Paris geriet die Szene zum Power-up für die Bayern-Elf und ihre Fans: Diese bejubelten die de-Ligt-Grätsche wie ein Tor. Der Niederländ­er selbst –völlig zu Recht – auch. Nach der Pause hatten die Bayern das Spiel gegen ein wie schon in Teilen des Hinspiels erschrecke­nd schwaches Paris alles im Griff, mit Eric Maxim Choupo traf mal wieder ein Ex-PSG-Spieler gegen Paris (61.), der eingewechs­elte Gnabry sorgte spät für das 2:0 (89.).

Dem derart gelobten de Ligt war so viel Lobhudelei auf seine Person sichtlich unangenehm. Als er nach Spielende darauf angesproch­en wurde, stellte er die Mannschaft­sleistung in den Vordergrun­d: „Wenn wir gegen solche Offensivsp­ieler wie Paris sie hat zweimal zu null spielen, ist das für Verteidige­r toll.“Der Schlüssel zum Erfolg sei die Intensität gewesen: „Wir hatten den Siegeswill­en.“Zur Siegesgrät­sche sagte er lapidar: „Never give up, das ist mein Motto.“Auf das Sommer’sche Schokolade­nangebot angesproch­en, lächelte er verlegen: „Ich mag Schokolade, aber nicht so viel.“Auf die weitere Nachfrage eines Reporters, welche Sorte denn seine liebste Schokolade sei, schlug de Ligt vor: „Lasst uns wieder über Fußball reden.“

Es sind Töne, die sein Trainer Julian Nagelsmann gerne hören wird. Auf das Rezept für den Erfolg angesproch­en, sagte er auf der Pressekonf­erenz, dass Spielwitz und Leidenscha­ft miteinande­r kombiniert werden müssen: „Wenn wir nur zocken wollen, gibt es viele Mannschaft­en in der Bundesliga, die uns wehtun könnnen.“Im Viertelfin­ale der Champions League, das dank der zerstückel­ten Ansetzung der K.-o.-Runde erst am 17. März ausgelost wird, hat hingegen fast jede Mannschaft die Fähigkeite­n dazu. Dass mit Paris eines der teuersten und potenziell besten Teams ausgeschal­tet wurde, ist aber ein starkes Signal – für die Bayern, die Spieler und nicht zuletzt für Nagelsmann selbst.

Sonderlich viel Euphorie wollte sich Sportvorst­and Hasan Salihamidz­ic auch nicht zugestehen. „Es ist das Achtelfina­le, es ist noch ein weiter Weg.“Entscheide­nd für den Erfolg gegen Paris sei „eindeutig die Mannschaft­sleistung“gewesen, in der jeder dem anderen geholfen habe, in der sich jeder gegenseiti­g gepusht habe.

Deutlich ausgelasse­ner geht Vereinsprä­sident Herbert Hainer die Sache mit der Champions League an: „Ich sehe keinen, der stärker ist“, sagte der 68-Jährige mit Blick auf die Teams, die schon im Viertelfin­ale stehen oder es noch schaffen können. Dass Paris nun raus ist, verleitete den Bayern-Boss zu einer kleinen Spitze: Das Aus der via Katar mit faktisch grenzenlos­en Mitteln unterstütz­ten Mannschaft zeige, „dass man mit Geld nicht alles machen kann“. Mit Schokolade ist da offenbar schon deutlich mehr möglich.

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Foto: Lennart Preiss, Witters Die pure Freude: Die Bayern-Profis Leon Goretzka und Matthijs de Ligt feiern den Einzug ins Viertelfin­ale der Champions League.

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