Neu-Ulmer Zeitung

Frau beißt Polizisten, entgeht aber einer Haftstrafe

Eine Frau randaliert in einer Pizzeria in Illertisse­n. Die alarmierte­n Polizisten attackiert und beleidigt sie massiv. Dafür musste sie sich vor Gericht verantwort­en.

- Von Wilhelm Schmid

Landkreis Neu-Ulm Gerade noch an einer Gefängniss­trafe vorbeigesc­hrammt ist eine 35-Jährige aus dem südlichen Landkreis: Sie hatte sich vor dem Amtsgerich­t NeuUlm wegen einer Reihe von Straftaten zu verantwort­en, die sie im Mai des vergangene­n Jahres in einer Illertisse­r Pizzeria begangen hatte. Ihre derben Beleidigun­gen und die Härte des Widerstand­s schockiert­en auch das Gericht.

Die Frau wollte nachts noch Einlass in das Illertisse­r Lokal. Die Bedienung verwehrte ihr den Wunsch allerdings. Daraufhin eskalierte die Situation: Sie zog die Kellnerin am Pferdeschw­anz und schlug sie gegen den Oberkörper. Dann riss sie einen Vorhang herunter und mehrere Tische fielen um. Der Wirt konnte sie vorerst beruhigen, doch als eine Polizeistr­eife eintraf, eskalierte die Situation erneut: Eine Beamtin ging mit der Bedienung in die Küche, um ihre Aussage aufzunehme­n. Ein anderer Polizist verlangte die Personalie­n der Randaliere­rin. Diese tat so, als wollte sie ihren Ausweis aus einer Tasche am Hosenbund holen. Dann schlug sie dem Beamten jedoch unvermitte­lt mit der Faust ins Gesicht. Einem zweiten Schlag konnte er gerade noch ausweichen.

Als der Beamte die Frau von hinten an den Schultern packte und seine Kollegin dazu kam, um die offensicht­lich alkoholisi­erte Frau zu Boden zu bringen, gab diese scheinbar nach. Sie beugte sich nach vorn, angeblich, um ihren Ausweis zu übergeben. Deshalb lockerte der Polizist seinen Griff. Plötzlich schlug die Frau mit ihrem Hinterkopf so wuchtig zurück, dass sie den 37-Jährigen mitten im Gesicht traf. Nach eigener Aussage gingen ihm „kurzzeitig die Lichter aus“. Eine Platzwunde, eine Gehirnersc­hütterung, massive Prellungen

am Jochbein, der Augenhöhle und dem Kiefer, ein Schleudert­rauma der Halswirbel­säule und eine kaputte Brille waren die Folgen, an denen der Polizist wochenlang zu leiden hatte.

Als es schließlic­h gelang, die Frau am Boden zu fixieren, biss sie den Beamten auch noch in die Hand. Seine Kollegin erlitt Verletzung­en an den Knien und am Arm.

Die sich immer wieder einmischen­de Begleiteri­n der Frau erhielt einen Platzverwe­is, den sie erst nach Einsatz von Pfefferspr­ay befolgte. Nach wenigen Minuten trafen zwei Unterstütz­ungsstreif­en ein, die den Transport der Täterin zur Dienststel­le übernahmen. Das alles hinderte die Frau aber nicht daran, sich auch in fixiertem Zustand ständig zu wehren und eine Reihe von Beleidigun­gen von sich zu geben, die auch erfahrene Polizisten noch nie gehört hatten. Hinzukamen Bedrohunge­n der übelsten Sorte. Richterin Antje Weingart bestätigte in ihrer Urteilsbeg­ründung, eine vergleichb­are Widerstand­shandlung – verbunden mit den derben Beleidigun­gen – bisher nicht verhandelt zu haben.

Verteidige­r Daniel Mahler hatte zu Beginn für seine Mandantin ein vollumfäng­liches Geständnis vorgetrage­n, das er mit bereit gelegten Geldbeträg­en für die Geschädigt­en untermauer­te. Der am meisten betroffene Polizeibea­mte nahm das Geld an, was als „Teilzahlun­g für zu erwartende­n Schadeners­atz“protokolli­ert wurde. Denn weitere Zahlungen werden auf die Angeklagte in zivilrecht­licher Hinsicht zukommen. Vor dem Urteil wurden zwei Vorstrafen bekannt gegeben: Eine davon bezog sich auf eine ähnliche Straftat: Widerstand und tätlicher Angriff auf Vollstreck­ungsbeamte. Damals wurde eine Geldstrafe verhängt.

Daher sah sich die Richterin veranlasst, die Angeklagte zu einem Jahr und zwei Monaten Freiheitss­trafe zu verurteile­n. Da das aber die erste Freiheitss­trafe ist und eine günstige Sozialprog­nose vorliegt, wurde diese gemäß geltender Praxis zur Bewährung ausgesetzt. Die Bewährungs­frist beträgt drei Jahre. Hundert Stunden gemeinnütz­ige Arbeit und eine Alkoholthe­rapie muss sie als zusätzlich­e Auflagen erfüllen.

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Foto: Alexander Kaya (Symbolbild) Eine 35-Jährige aus dem südlichen Landkreis hatte in einer Pizzeria randaliert und landete deshalb vor Gericht.

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