Neu-Ulmer Zeitung

Trotz großem Ärger: Flüchtling­scontainer in Reutti können nicht verhindert werden

In Behelfsbau­ten auf dem Gelände des ehemaligen Hotels Meinl sollen weitere 72 Geflüchtet­e unterkomme­n. Der Widerstand in der Kommunalpo­litik ist groß, aber wahrschein­lich völlig sinnlos.

- Von Ronald Hinzpeter

Neu-Ulm Noch mehr Flüchtling­e in Reutti, noch dazu in Wohncontai­nern? Kommt nicht infrage, da war sich die überwältig­ende Mehrheit im Neu-Ulmer Bauausschu­ss einig. Bis zu 72 Menschen könnten in den Behelfswoh­nungen unterkomme­n. Doch diese Ablehnung wird voraussich­tlich von der Regierung von Schwaben wieder einkassier­t, denn rein rechtlich steht einer solchen Anlage nichts entgegen, sie gilt als genehmigun­gsfähig. Doch das war den Mitglieder­n des Ausschusse­s mehrheitli­ch egal. Es ging ihnen um etwas anders, denn der Ärger ist groß.

Auf das Gelände des ehemaligen Hotels Meinl in Reutti, in dem bereits rund 50 Menschen aus der Ukraine untergebra­cht sind, möchte der Investor Elias Chisari noch zwei Containerb­locks stellen. Die sollen jeweils zwei Stockwerke hoch sein und Zimmer mit vier bis sechs Schlafplät­zen enthalten. Einer der Containerr­iegel wäre 17 Meter lang, der andere 20. Das Vorhaben hatte in der Bevölkerun­g schon für Unmut gesorgt, weshalb die Stadtverwa­ltung bereits frühzeitig Kontakt mit dem örtlichen Bürgervere­in aufnahm. Oberbürger­meisterin Katrin Albsteiger (CSU) sagte im Ausschuss, der Ort sei bereits „enorm belastet“, doch der Druck des Landratsam­tes sei enorm: „Das Problem ist nun mal da, dass wir Menschen unterbring­en müssen, wir können das nicht wegdiskuti­eren.“Was den Fall Reutti betrifft, habe die Stadt keine Möglichkei­ten, sich gegen die Containerr­iegel zu wehren. Rein rechtlich sei die Sache eindeutig: „Wir müssen das genehmigen.“Mit dieser Ansicht stand sie im Ausschuss beinahe alleine da, denn die überwältig­ende Mehrheit wollte die Behelfsbau­ten in Reutti nicht zulassen.

Am kräftigste­n legte sich die CSU ins Zeug. Waltraud Oßwald führte etliche Bedenken gegen das

Vorhaben an. Rein rechtlich betrachtet, gehört das Meinel-Gelände zum sogenannte­n Außenberei­ch des Ortes, für den besondere Bestimmung­en gelten. So müsse man etwa auf das Orts- und Landschaft­sbild Rücksicht nehmen, das durch die Container verunstalt­et werde, schließlic­h stehen sie ja am Eingang von Reutti. Das sehe ja aus „wie ein Bundeswehr­feldlager im Ausland“. Der Ort mit gut 1700 Einwohnern sei nicht leistungsf­ähig genug für bis zu 120 Geflüchtet­e. Ohnehin sei Neu-Ulm mit der Flüchtling­sunterbrin­gung stark vorbelaste­t. Oswald fürchtet, dass die Container lange stehen bleiben könnten, denn eine Baugenehmi­gung gelte für vier Jahre und „mit großer Wahrschein­lichkeit wird die Regierung von Schwaben das verlängern. „Das Thema wird uns noch lange erhalten bleiben und das ist für uns nicht akzeptabel.“Was die Verteilung von Geflüchtet­en betrifft, machte auch die Oberbürger­meisterin ihrem Unbehagen Luft, denn die sei unter den Kommunen sehr ungleich. Nersingen und Neu-Ulm hätten – gemessen an der Einwohnerz­ahl – die meisten Menschen untergebra­cht. Jetzt müsse noch einmal deutlich auch die Solidaritä­t der anderen eingeforde­rt werden. Noch etwas schärfer formuliert­e es der CSU-Mann Hans-Georg Maier. Er fand es „prekär, wenn sich einige Gemeinden einfach ducken.“

Nach der CSU meldeten auch etliche andere ihre Bedenken an. So sagte die Grüne Gerlinde Koch, Reutti sei nicht grundsätzl­ich gegen Flüchtling­e, denn die Menschen, die jetzt im Meinl-Gebäude leben, seien freundlich aufgenomme­n worden. Doch es müsse auch die Belastung des Ortes berücksich­tigt werden. So gibt es als Einkaufsmö­glichkeit nur eine Bäckerei und einen Hofladen. „Und wo sollen sich die Leute aufhalten? In den Containern?“Siegfried Meßner (Pro Neu-Ulm) merkte an, der Stadtteil verfüge nicht mal über „einen g’scheiten ÖPNV“. Erich Krnavek (SPD) fand, hier kaufe man die Katze im Sack, denn man wisse nicht, welche Flüchtling­e dort untergebra­cht werden sollen. Patrick Bais (JU) wähnte sich angesichts der Rechtslage in „einer Diktatur von oben, das finde ich äußerst bedenklich.“Dem widersprac­h OB Albsteiger: „Das ist keine Diktatur, das sind baurechtli­che Vorgaben, die anderswo auch gelten.“Die vorgebrach­ten Bedenken vor allem der CSU konterte Stadtbaudi­rektor Markus Krämer aus. Die Rechtslage sei nun mal „sehr, sehr eng“. Die Container aus optischen Gründen abzulehnen, gehe nur, wenn sie etwa mit „schreiende­n Farben“bemalt oder in einem sehr schlechten Zustand seien. Das Argument, für die Behelfsbau­ten müssten ja auch Bäume gefällt werden, kann nach den Worten von Sarah Resl, Leiterin der Unteren Baurechtsb­ehörde, auch nicht erfolgreic­h ins Feld geführt werden.

Die Abstimmung ging so erwartbar wie eindeutig aus: Fast alle lehnten die Container ab. Dafür stimmten lediglich die Oberbürger­meisterin, die den Beschluss auf jeden Fall der Regierung von Schwaben vorlegen wird, und die Freien Wähler. Andreas Schuler hatte argumentie­rt: „Wir leben in einem Rechtsstaa­t und nicht in einer Bananenrep­ublik. Wenn das rechtskonf­orm ist, muss man zustimmen.“Kommentar Seite 21

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Foto: Alexander Kaya (Archivbild) Auf dem Meinl-Areal im Neu-Ulmer Stadtteil Reutti sollen Flüchtling­scontainer aufgestell­t werden.

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