Wirtschaft rund um Ulm: Es läuft – so halbwegs
Die Wirtschaft in der Region tritt auf der Stelle. Doch das „böse R-Wort“will auch der Wirtschaftsweise Stefan Kooths beim alljährlichen Ulmer Konjunkturgespräch nicht in den Mund nehmen.
Ulm Im November vergangenen Jahres setzten Unternehmerinnen und Unternehmer aus der gesamten Region in Ulm ein Zeichen: Sie gingen auf die Straße, um für Bürokratieabbau zu demonstrieren. Der Erfolg davon lässt bislang auf sich warten. Es gebe aus der Politik, zwar das eine oder andere Signal in die richtige Richtung, so Petra Engstler-Karrasch, die Hauptgeschäftsführerin der Industrieund Handelskammer Ulm (IHK). „Es geht alles viel zu langsam.“
Dennoch, so sagte es Jonas Pürckhauer, der Vize-Hauptgeschäftsführer, bei der Präsentation des neusten Konjunkturberichts bewusst flapsig, sei das alles „jammern auf hohem Niveau.“
Unter die Überschrift „Regionale Wirtschaft tritt auf der Stelle“, stellte Pürckhauer seine Präsentation. Und griff damit auch ein wenig dem Gastredner voraus, einem der bekanntesten Wirtschaftsexperten der Republik, Stefan Kooths. Der Direktor des Forschungszentrums Konjunktur und Wachstum am Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW Kiel) mochte das „Böse R-Wort“, also den Begriff Rezession nicht wirklich in den Mund nehmen.
Dennoch: Stagnation bestimmt das Bild im regionalen Konjunkturbericht. Trotz eines schwierigen zurückliegenden Jahres und verhaltenen Erwartungen für 2024 bewerten die Unternehmen der IHK-Region Ulm ihre aktuelle Geschäftslage zu Jahresbeginn besser als zuvor. Diese „erfreuliche Momentaufnahme“sei jedoch noch kein Signal für den Beginn einer anhaltenden konjunkturellen Erholung. Der Blick nach vorn der hiesigen Unternehmen bleibe von einer hartnäckigen Skepsis geprägt. Die Pläne der Betriebe für Beschäftigung und Inlandsinvestitionen fallen zunehmend restriktiver aus. „Die regionale Wirtschaft tritt auf der Stelle.“
Von einer euphorischen Stimmung möchte Pürckhauer trotz Anzeichen von Aufhellung nicht sprechen. Nur leicht gestiegen ist der Anteil der Unternehmen, die ihre momentane Situation als gut bewerten, von 35 auf 37 Prozent. Sehr viel stärker ist der Rückgang des Anteils der Betriebe in schlechter Lage um zehn Punkte auf 13 Prozent.
Die Umsätze der Firmen hätten sich nicht verbessert. Allein die Gewinne seien gestiegen, weil sich etwa die Energiekosten etwas beruhigt hätten. „Da kann man nicht von einer nachhaltigen Erholung sprechen.“
Ein kleines positives Signal gehen von den Exporterwartungen aus. Aber nur leicht. Getrieben sei der Anstieg vom nordamerikanischen und dem asiatischen Raum. Die Nachfrage-Situation im Inland sowie im europäischen Ausland würde problematische bleiben. „Es herrscht weiter eine sehr große Skepsis vor.“85 Prozent der Firmen in der Region würden maximal eine gleichbleibende oder eine schlechtere Entwicklung erwarten. Und das von einem ohnehin schwachen Niveau ausgehend. Letztlich würden sich alle Branchen – von Dienstleistungen über den Handel bis zur Industrie – ganz ähnlich äußern.
Als „echter Unsicherheitsfaktor“würde die Wirtschaftspolitik in den Unternehmen wahrgenommen werden. Fast jedes zweite Unternehmen der Industrie sehe eine
Gefahr für die weitere Entwicklung, wenn die Wirtschaftspolitik nicht aufhöre, ein Unsicherheitsfaktor zu sein. Pürckhauer: „Weil man sich nicht so richtig darauf verlassen kann, was für Vorgaben gelten.“Es gebe die Forderung nach „klareren und besseren Rahmenbedingungen“.
Schlechte Nachrichten hatte Pürckhauer auch im Gepäck, was den Arbeitsmarkt angeht. Doch gerade hie sei das schon „jammern auf hohem Niveau“, sagte er mit Blick auf seinen Gast Stefan Kooths, der aus Kiel angereiste war. „Der Arbeitsmarkt ist weiterhin robust.“Die aktuelle Arbeitslosenquote von 3,1 Prozent werde von Volkswirtschaftlern nach wie vor als Vollbeschäftigung bewertet. „Professor Kooths kann das ja gar nicht glauben.“Doch vor einem Jahr lag dennoch die Quote noch niedriger: bei 2,8 Prozent. „Gewisse Auswirkungen spüren wir sehr wohl.“
Immerhin 30 Prozent der Firmen wollen laut Umfrage Personal „tendenziell abbauen“. Gleichzeitig würden aber auch 60 Prozent der Betriebe den Fachkräftemangel als Risiko für die weitere Entwicklung werten. Und so hatte Pürckhauer zum Abschluss des Konjunkturberichts die gute Nachricht auf dem Zettel: „Unsere Unternehmen versuchen, wo es geht, die Beschäftigung zu halten. Denn sie wissen, in Zukunft die Stellen wieder zu besetzen, wird sehr, sehr schwierig.“