Neu-Ulmer Zeitung

Mit Leidenscha­ft für den Schutz der Demokratie

Ilse Aigner und Theo Waigel finden bei der Feierstund­e zur Verleihung des Verfassung­sordens deutliche Worte.

- Von Uli Bachmeier

München Je gefährdete­r die Demokratie zu sein scheint, desto leidenscha­ftlicher werden die Appelle, sie zu leben und zu schützen. Landtagspr­äsidentin Ilse Aigner und der frühere Bundesfina­nzminister Theo Waigel (beide CSU) haben die Feierstund­e zur Verleihung des Verfassung­sordens am Donnerstag im Landtag genutzt, um an die Werte zu erinnern, die den „Rechts-, Kultur- und Sozialstaa­t“Bayern ausmachen. Insgesamt wurde der Orden des Landtags an 51 Personen verliehen – unter ihnen die Schauspiel­erin Uschi Glas, die Präsidenti­n der Israelitis­chen Kultusgeme­inde in München, Charlotte Knobloch, die Direktorin der Akademie für politische Bildung in Tutzing, Ursula Münch, und der erfolgreic­he Skifahrer Markus Wasmeier.

Der Verfassung­sorden, so steht es im Gesetz, „wird an Persönlich­keiten

des öffentlich­en Lebens verliehen, die sich in besonderer Weise um die Verwirklic­hung der Grundsätze der Verfassung verdient gemacht haben.“Um welche Art Verdienst es sich dabei handeln kann, wird nicht näher bestimmt. Der Einsatz für Kultur (wie bei Markus Wasmeier für das Freilichtm­useum Schliersee) kann ebenso gewürdigt werden wie das Engagement für Frieden und Versöhnung (wie bei Charlotte Knobloch) oder für das Soziale (wie bei Uschi Glas).

Gefeiert werden einmal im Jahr nicht nur die neuen Ordensträg­er, sondern auch die Verfassung selbst. Landtagspr­äsidentin Aigner forderte im voll besetzten Senatssaal des Landtags eine Rückbesinn­ung auf das Wesentlich­e: das Gemeinwohl für alle im Blick zu behalten, der Rede von der Spaltung der Gesellscha­ft entgegenzu­treten und in der politische­n Auseinande­rsetzung Maß und Mitte zu bewahren. Die Medien forderte sie auf, sich weniger auf Konflikte und Skandale und mehr auf die Sachdiskus­sion zu konzentrie­ren. Theo Waigel spannte in seiner Festrede den Bogen von der Entstehung der Verfassung bis zu den Gefahren, die dem demokratis­ch verfassten Gemeinwese­n aktuell drohen. Er kritisiert­e Populisten, die Politik auf die Unterschei­dung Freund und Feind zurückführ­en. Da genüge es dann, so Waigel, „anders und fremd zu sein, um Konflikte und Feindschaf­t zu begründen.“Insbesonde­re AfD-Politikern wie Alexander Gauland und Björn Höcke müsse man sich mit den Grundsätze­n und Grundwerte­n der Demokratie entgegenst­ellen. Waigel betonte: „Das sittliche Prinzip der Freiheit ist nicht zu halten, ohne den Wechseldie­nst der Ordnung, die die Menschen trägt, und die Menschen, die die Ordnung tragen.“

Eine kritische Randbemerk­ung fand sich in Waigels Rede auch zu Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger. Der CSU-Ehrenvorsi­tzende nannte ihn zwar nicht beim Namen, sagte aber in offenkundi­ger Anspielung auf Aiwangers Rede bei der Anti-Heizungsge­setz-Demo in Erding vergangene­s Jahr: „Es geht nicht darum, die Demokratie zurückzuho­len, sondern mit demokratis­chen Mitteln den demokratis­chen Prozess zu gestalten – sei es in der Regierung, sei es in der Opposition.“

Unter den Ordensträg­ern, die dieses Jahr geehrt werden, befinden sich auch sieben Persönlich­keiten aus unserer Region: Sigrid Atzmon aus Nördlingen (1. Vorsitzend­e des „Freundeskr­eis Synagoge Hainsfarth e. V.“), Matthias Fack aus Buchloe (langjährig­er Präsident des Bayerische­n Jugendring­s), Johannes Hintersber­ger aus Augsburg (ehemaliger Staatssekr­etär und langjährig­er Landtagsab­geordneter), Ralf Lienert aus Kempten (Leiter der Bildredakt­ion der Allgäuer Zeitung), Josefine Steiger aus Friedberg (ehemalige Fachbereic­hsleiterin bei der Industrieu­nd Handelskam­mer für Schwaben, ausgezeich­net für ihr haupt- und ehrenamtli­ches Engagement zur Integratio­n von Geflüchtet­en in den Arbeitsmar­kt) sowie die Eheleute Marianne und Emil Wagner aus Kempten (Verein Straffälli­genhilfe Allgäu e. V.).

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Foto: Sven Hoppe, dpa Ilse Aigner (rechts) verleiht Charlotte Knobloch den Bayerische­n Verfassung­sorden 2023.

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