Neu-Ulmer Zeitung

Söders „Panda-Diplomatie“

Bayerns Minister sind gerade ausgesproc­hen viel in der Welt unterwegs. Den CSU-Chef begleiten auf seiner China-Reise hohe Erwartunge­n – und Kritik.

- Von Christoph Frey

München Osterreise­welle in der Staatsregi­erung: Wissenscha­ftsministe­r Markus Blume (CSU) landet in Indien, gleichzeit­ig bricht sein Chef nach China auf. Ministerpr­äsident Markus Söder absolviert ab Samstag bereits die vierte Auslandsre­ise seiner neuen Amtszeit. Im Riesenreic­h der Mitte will er für die bayerische Wirtschaft den Türöffner spielen und heikle politische Fragen zumindest ansprechen. Söder selbst kündigte in Anspielung auf den geplanten Termin in einer Aufzuchtst­ation für Pandabären eine „Panda-Diplomatie der kleinen Schritte“an.

Gemeint war mit „Panda-Diplomatie“ursprüngli­ch eine Politik der Annäherung, deren Symbol lebende Pandabären sind, welche die Volksrepub­lik anderen Ländern überlässt. Seitdem lässt sich in manchen Zoos beobachten: Der Panda bewegt sich nur höchst ungern vom Fleck. Anders Söder: Seine Delegation ist von Samstagabe­nd bis Donnerstag­abend unterwegs. Es geht in die Provinz Sichuan, die als dritte chinesisch­e Provinz offizielle Partnerreg­ion Bayerns wird, und in die Hauptstadt Peking. Dort empfangen Handelsmin­ister Wang Wentao und Ministerpr­äsident Li Qiang den Gast. Li Qiang ist die Nummer zwei in der politische­n Hierarchie der Weltmacht. Heikle Themen wie die Menschenre­chte oder Chinas Hilfe für Russland werde er ansprechen, sagte Söder und ließ gleichzeit­ig durchblick­en, dass er sich nicht viel davon verspricht: „Es geht um Real- statt Moralpolit­ik.“Er wolle seine Gastgeber nicht belehren, sondern einen Dialog mit ihnen führen.

Der Opposition daheim in Bayern ist das zu wenig. Die SPD-Fraktion forderte am Donnerstag in einem Dringlichk­eitsantrag im

Landtag den Ministerpr­äsidenten auf, die Achtung der Menschenre­chte in den Blick zu nehmen. SPD-Chef Florian von Brunn: „Das erwarte ich von Herrn Söder.“Diese Forderung, die mit den Stimmen von CSU, Freien Wählern und AfD abgelehnt wurde, führte im Parlament zu reichlich undiplomat­ischen Äußerungen.

Staatsmini­ster Florian Herrmann (CSU), der Söder begleiten wird, bezeichnet­e den Antrag als „Unverschäm­theit“und „riesige Dummheit“. Außenpolit­ik müsse auf hohem Niveau diskutiert werden, befand Herrmann – und bezeichnet­e von Brunn als „außenpolit­ischen Bonsai, der die Moralkeule schwingt“.

Kritisch bewertet Grünen-Chefin Katharina Schulze die neuerliche Dienstreis­e des Ministerpr­äsidenten, der zuletzt in Israel, Schweden und Serbien war: „Innerhalb von einer Woche besucht der Ministerpr­äsident zwei PutinFreun­de. Erst in Serbien, dann in China. Im Angesicht des russischen Angriffskr­iegs auf die Ukraine ist das fatal.“Schulze warf im Gespräch mit unserer Redaktion Söder eine „Möchtegern-Außenpolit­ik“vor. „Es braucht nun wirklich keinen Landesfürs­ten, der aufgeplust­ert im Ausland rumtingelt.“In Bayern gebe es genügend Baustellen.

Söder gehe es vorrangig um die Aufmerksam­keit, Inhalte seien für ihn zweitrangi­g. Dazu passe auch, dass er auf seine Auslandsre­isen keine Vertreter der Landtagsop­position mitnehme. Früher sei das üblich gewesen.

Als Söders Vorgänger Horst Seehofer vor zehn Jahren in China war, ergriff die ihn begleitend­e Grünen-Politikeri­n Margarete Bause die Gelegenhei­t, den chinesisch­en Regimekrit­iker Ai Weiwei zu treffen. Hernach war der Ärger in der bayerische­n Delegation groß und daran erinnert sich der heutige Ministerpr­äsident offenbar noch gut. Er sieht sich als Fürspreche­r für bayerische Firmen. Als Markt für bayerische Exporte liegt China hinter den USA und Österreich auf Platz drei.

Bertram Brossardt, Hauptgesch­äftsführer der Vereinigun­g der bayerische­n Wirtschaft, sieht in China einen Rivalen und Partner zugleich, auf den man angewiesen sei. „Ohne Produkte aus China würden wir die Energiewen­de im Moment nicht hinbekomme­n. Aber natürlich müssen wir auch kritisch auf China schauen – besonders mit Blick auf Menschenre­chte, auf den Konflikt mit Taiwan und auf die zum Teil aggressive Subvention­spolitik.“

Söder hat also reichlich Gesprächst­hemen – ebenso wie Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD), der Mitte April in Peking erwartet wird. Auch Söders Stellvertr­eter, Wirtschaft­sminister Hubert Aiwanger (FW), will sich auf die weite Reise machen – allerdings erst im Herbst. Da ist Wissenscha­ftsministe­r Blume schneller. Nachdem er zunächst eine Delegation von Hochschulp­räsidenten nach Indien begleitet hat, jettet er nach China, um zusammen mit Söder an der Tsing-Hua-Universitä­t in Peking Studierend­e zu treffen. Auf dem Rückflug könnte Blume dann von Indien erzählen – das interessie­rt seinen Chef nämlich schon länger als Reiseziel.

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Vertreter der Landtagsop­position werden auf der Tour nicht dabei sein.

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Foto: Paul Zinken, dpa An den heiklen Themen hat sich in China schon mancher namhafte Politiker die Zähne ausgebisse­n. Markus Söder möchte bei seinem bevorstehe­nden Besuch im Reich der Mitte seine Gastgeber aber „nicht belehren lassen“.

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