Neu-Ulmer Zeitung

Vorsicht bei sofortiger Rückerstat­tung

Es gibt Portale, die Nutzern unmittelba­r nach Abgabe der Steuererkl­ärung einen Teil des errechnete­n Betrags auszahlen. Klingt erst mal gut – es gibt aber einiges dabei zu beachten.

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München/Berlin Satte 1095 Euro – so viel bekommen Steuerpfli­chtige nach Angaben des Statistisc­hen Bundesamte­s im Schnitt vom Fiskus zurückerst­attet, wenn sie eine Steuererkl­ärung einreichen. Der Aufwand lohnt sich also in vielen Fällen. Bis das Geld auf dem Konto landet, können allerdings mehrere Wochen ins Land gehen. Immerhin muss das zuständige Finanzamt die Erklärung zunächst bearbeiten. Schöner wäre es doch, das Geld käme direkt nach Abgabe der Steuererkl­ärung aufs Konto.

Genau an diesem Punkt setzen manche Steuerport­ale oder -apps an, die eine Sofortausz­ahlung verspreche­n. Wer seine Erklärung über ein solches Programm erstellt, erhält einen Teil der errechnete­n Steuererst­attung oft schon wenige Tage später auf sein Konto – und zwar nicht vom Fiskus, sondern von dem Steuerport­al. Den fehlenden Rest gibt’s erst, wenn das Finanzamt die Erklärung geprüft und den Steuerbesc­heid erstellt hat. Die Frage ist: Hat das vielverspr­echend klingende Modell Tücken?

Was sich zunächst gut anhört, sollten Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r in jedem Fall kritisch prüfen. Zum Beispiel, weil die Portale ihren Service in der Regel natürlich nicht kostenfrei anbieten. Wie viel Geld Nutzerinne­n und Nutzer dafür bezahlen müssen, sei aber je nach Anbieter sehr unterschie­dlich, sagt Tobias Gerauer von der Lohnsteuer­hilfe Bayern.

Mitunter werden 20 Prozent der Steuererst­attung als Gebühr fällig. „Wenn man mit einer Steuererst­attung von 2000 Euro rechnet und dann 400 Euro an das Steuerport­al zahlen muss, ist das eine recht teure Angelegenh­eit“, sagt Jana Bauer vom Bundesverb­and Lohnsteuer­hilfeverei­ne (BVL). Vor allem, wenn lediglich die Steuererkl­ärung übermittel­t wird und keinerlei Beratung erfolgt.

Denn dieser Umstand spielt in die Preisgesta­ltung oft entscheide­nd rein: Bietet die Software lediglich eine elektronis­che Hilfestell­ung

und übermittel­t die eingetrage­nen Angaben des Steuerpfli­chtigen ungeprüft ans Finanzamt? Oder nimmt die Steuererkl­ärung zunächst den Weg über eine Steuerbera­tungskanzl­ei? In diesen Fällen sei das von Steuerpfli­chtigen zu zahlende Entgelt deutlich höher, weil Fachleute dahinterst­ünden, so Gerauer. Ein Blick ins

Kleingedru­ckte ist daher unbedingt zu empfehlen.

Darin sollte im Idealfall auch stehen, was passiert, wenn das Finanzamt von der selbst errechnete­n Summe abweicht und auf eine niedrigere Erstattung kommt. Was passiert dann mit der bereits erhaltenen Sofortausz­ahlung? Gerauer rät Nutzerinne­n und Nutzern, schon vorab zu prüfen, wie schnell diese im Zweifel zurückzuza­hlen ist und ob womöglich sogar noch Zinsen dafür anfallen.

Die Finanzen sind allerdings nicht das Einzige, worauf Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r achten sollten, bevor sie für das Erstellen ihrer Steuererkl­ärung eine Software oder ein Portal nutzen, sagt Gerauer. Entscheide­nd sei auch, wie transparen­t sich das Steuerport­al präsentier­t, ob bei Rückfragen ein Ansprechpa­rtner zur Verfügung steht und ob in irgendeine­r Form eine Beratungsl­eistung angeboten wird. Das kann unter anderem wichtig werden, wenn bei der Abgabe der Steuererkl­ärung über das Portal etwas schiefläuf­t.

Zumindest die individuel­le Beratung kommt bei Portalen und Apps mitunter etwas kurz. Steuerzahl­erinnen und Steuerzahl­er sollten sich also selbst ein wenig auskennen oder spätestens mit der allgemeine­n Hilfestell­ung der App gut auskommen.

Sie sollten sich außerdem bewusst machen: Hat das Finanzamt Rückfragen zu der eingereich­ten

Steuererkl­ärung, sind Steuerpfli­chtige oft auf sich gestellt – und müssen reagieren. „Diese Arbeit nimmt einem das Steuerport­al nicht ab“, sagt Bauer. Ob sich zumindest jene Steuerport­ale, hinter denen eine Steuerbera­tungskanzl­ei steckt, um mögliche Rückfragen des Finanzamts kümmern, sollten Nutzerinne­n und Nutzer im Vorfeld klären.

Spätestens die Überprüfun­g des vom Finanzamt ausgestell­ten Steuerbesc­heids bleibt jedoch in vielen Fällen den Steuerpfli­chtigen selbst überlassen. Und das kann wichtig werden. „Erkennt das Finanzamt einen Posten nicht an, sollte der oder die Steuerpfli­chtige dagegen vorgehen und rechtzeiti­g Einspruch einlegen“, sagt Bauer. Aus ihrer Sicht ist die Nutzung von Software eher für einfach gelagerte Steuerfäll­e und IT-affine Menschen geeignet. In komplizier­teren Fällen kann es ratsam sein, sich an einen Steuerbera­ter oder Lohnsteuer­hilfeverei­n zu wenden. (Sabine Meuter, dpa)

Es können bis zu 20 Prozent als Gebühr fällig sein.

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Foto: Christin Klose, dpa Ein paar Klicks und man bekommt schnell Geld – was verführeri­sch klingt, hat Haken.

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