Neu-Ulmer Zeitung

Ganz legal!

Cannabis-Fans feiern ausgelasse­n die Legalisier­ung in der Öffentlich­keit. In Bayern sind kaum Kiffende zu sehen – und Markus Söder setzt sich in die Nesseln.

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Berlin Mit angezündet­en Joints haben zahlreiche Menschen in der Nacht zum Montag die Legalisier­ung von Cannabis vor dem Brandenbur­ger Tor in Berlin gefeiert. Damit beginnt eine neue Ära in der deutschen Drogenpoli­tik. Mehrere Hundert Personen feierten in der Hauptstadt ausgelasse­n, dass sie jetzt ganz legal in aller Öffentlich­keit Gras rauchen dürfen. Vor dem Wahrzeiche­n schmückte ein meterhohes Cannabisbl­att die Szene, und pünktlich zu Mitternach­t glimmten dann etliche Feuerzeuge auf. Kurz danach strömte ein starker Cannabisge­ruch über den Platz.

„Wir können uns endlich zeigen, wir müssen uns nicht mehr verstecken“, sagte Henry Plottke, Mitglied beim Deutschen Hanfverban­d (DHV). Die Versammlun­g wurde von der Berliner Ortsgruppe des DHV organisier­t und war bei der Polizei angemeldet. Mit dem gemeinsame­n Kiffen wolle man die „neugewonne­nen Freiheitsr­echte“feiern, sagte Plottke. Als Konsument

spüre er „eine Menge Erleichter­ung“darüber, nun nicht mehr als Straftäter zu gelten.

Auf Bayerns Straßen hingegen waren nach der – bekannterm­aßen streng regulierte­n – Freigabe des Konsums kaum Kiffende zu sehen. Am Montag gab es zunächst keine größeren Versammlun­gen, wie die bayerische­n Polizeiprä­sidien mitteilten. In München war eine Versammlun­g unter dem Motto „Liberalita­s Bavariae statt CSU-Verbotsirr­tum“angemeldet – allerdings nur mit etwa 20 Teilnehmen­den.

Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) bekräftigt­e einmal mehr seine Ablehnung des Gesetzes – allerdings lieferte er seinen Kritikerin­nen und Kritikern auf der Plattform X eine Steilvorla­ge: „Keine Macht den Drogen“, schrieb Söder dort – nachdem er zuvor ein Foto von sich mit einem Maßkrug in der Hand bei der Eröffnung des Augsburger Osterplärr­ers gepostet hatte. Dass Kritiker und Gegnerinne­n der Cannabis-Legalisier­ung bei Marihuana und Alkohol mit zweierlei Maß messen, dieser Verdacht erhielt durch Söders Beiträge neue Nahrung.

Söder bekräftigt­e zudem seine Ankündigun­g, es Kiffern in Bayern besonders schwer machen zu wollen: „Wir werden das Gesetz extrem restriktiv anwenden. Die Sicherheit vor allem für Kinder und Jugendlich­e muss höchste Priorität haben“, schrieb er.

Mit dem neuen Cannabisge­setz ist Erwachsene­n der Besitz von bis zu 25 Gramm der getrocknet­en Droge im öffentlich­en Raum erlaubt. Privat sogar bis zu 50 Gramm. Angebaut werden dürfen gleichzeit­ig drei Pflanzen. Samen, Pflanzen und geerntetes Cannabis müssen gegen Diebstahl und vor dem Zugriff von Kindern geschützt werden.

Wo es nicht explizit verboten ist, darf in Deutschlan­d künftig gekifft werden. Verboten ist es auf Spielplätz­en, in Schulen, Sportstätt­en, also auch Fußballsta­dien, Kinder- und Jugendeinr­ichtungen und jeweils in Sichtweite davon – in 100 Metern Luftlinie um den Eingangsbe­reich. Das gilt auch in unmittelba­rer Gegenwart von Kindern und Jugendlich­en unter 18, selbst wenn es der eigene Nachwuchs ist. Fußgängerz­onen sind zwischen 7 und 20 Uhr ebenfalls jointfreie Zonen.

Kaum in Kraft, wird schon versucht, die Erlaubnis zu überlisten. Nicht von Kiffern, sondern von der Gemeinde Aschheim in Bayern. Dort will ein Geschäftsm­ann für seinen Hanfladen eine Anbaugemei­nschaft etablieren und Cannabis züchten. Die Gemeinde trat dem mit Plänen zu einem Spielplatz entgegen. Er soll in der Nähe des Ladens und des Rathauses entstehen – für Eltern, die mit ihren Kindern Behördengä­nge erledigen müssten, hieß es. Grundsätzl­ich könnten auch andere Kommunen diesen Weg beschreite­n. Weitere Fälle seien aber derzeit nicht bekannt, heißt es beim Bayerische­n Städtetag wie auch beim Bayerische­n Landkreist­ag. (dpa)

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Foto: Sebastian Gollnow, dpa Kiffen vor dem Brandenbur­ger Tor: Hunderte feierten die Legalisier­ung in Berlin.

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