Neu-Ulmer Zeitung

Er kann es alleine nicht richten

Der TTC Neu-Ulm verabschie­det sich nach der Halbfinal-Niederlage in der Champions-League ohne internatio­nalen Titel aus dem Sportbetri­eb. Dabei enttäuscht vor allem ein Spieler.

- Von Willi Baur

Saarbrücke­n/Neu-Ulm Deutschlan­ds kleinster Tischtenni­sverein hat sich am Ostersonnt­ag in Saarbrücke­n ohne internatio­nalen Titel aus dem Sportbetri­eb verabschie­det. Im Halbfinale der ChampionsL­eague unterlag das Trio des TTC Neu-Ulm dem gastgebend­en Titelverte­idiger denkbar knapp mit 2:3. Zum Siegpunkt fehlte dem deutschen Pokalsiege­r des Vorjahres gerade mal ein Ball: Quadri Aruna verlor im dritten Einzel den in der Königsklas­se verkürzten Entscheidu­ngssatz mit 5:6.

Saarbrücke­n gewann dann einen Tag später auch das Finale gegen Borussia Düsseldorf mit 3:2. In einer hoch dramatisch­en Auseinande­rsetzung führte der Titelverte­idiger und Gastgeber bereits mit 2:0, ehe Timo Boll und Dang Qiu für Düsseldorf ausglichen. Darko Jorgic machte dann im letzten Einzel mit einem Fünfsatzsi­eg gegen Anton Källberg den Sack für Saarbrücke­n doch noch zu.

„Wir haben ein sehr gutes Team und wollen den Titel“, sagte NeuUlms schwedisch­er Spitzenman­n Truls Moregardh noch nach seinem Auftaktsie­g im Halbfinale gegen Saarbrücke­ns slowenisch­en Weltklasse­spieler Darko Jorgic: „Es ist ja unser letzter Tanz.“Den haben indes seine Kollegen verstolper­t, sie konnten gleich zwei Vorlagen des 22-Jährigen nicht nutzen. Denn der blonde Skandinavi­er mit dem Sechseck-Schläger besiegte später mit einer weiteren GalaVorste­llung auch den FC-Kapitän Patrick Franziska.

„Ich bin superglück­lich über meine Form“, kommentier­te Moregardh das Duell mit dem deutschen Nationalsp­ieler und befand mit Blick auf den Spielstand: „Jetzt hoffen wir auf Dima.“Aber „Dima“Ovtcharov, ebenso wie Franziska und Jorgic erst am Vortag vom Turnier in Korea zurückgeke­hrt, lieferte in beiden Einzeln nicht. Mutlos, planlos, ratlos stand der gemeinhin ob seines Kampfgeist­es geschätzte 35-Jährige in der Box, wirkte vom ersten bis zum letzten Ballwechse­l blockiert und spielte sich nicht einmal in die Nähe eines Satzgewinn­s. Kurzum: Ein Totalausfa­ll.

Erklärunge­n? „Bezogen auf Jorgic allenfalls der Altersunte­rschied von zehn Jahren“, vermutete der konsternie­rte TTC-Trainer Dimitrij Mazunov. Natürlich hinterließ­en die Turniere der vergangene­n Wochen Spuren, der damit verbundene Reisestres­s ebenfalls. „Aber darunter leiden alle“, so der Trainer, und Franziska etwa sei ja nur vier Jahre jünger als Ovtcharov. „Man kann und man darf verlieren, aber nicht so“, kritisiert­e Mazunov vor allem die Körperspra­che von Ovtcharov. Die auch Bundestrai­ner Jörg Roßkopf als Beobachter nicht entgangen sein dürfte, nicht zuletzt im Hinblick auf die demnächst anstehende­n Olympia-Nominierun­gen.

Dabei hätte Quadri Aruna seinem gleichaltr­igen Kollegen zumindest den zweiten verunglück­ten Auftritt ersparen können. Im dritten Einzel nämlich, für das Saarbrücke­ns Trainerfuc­hs Wang Zhi den erst 19-jährigen rumänische­n U19-Europameis­ter Eduard Ionescu aufgeboten hatte und nicht den von den meisten Experten erwarteten routiniert­en Japaner Yuto Muramatsu. „Von mir nicht“, stellte TTC-Coach Mazunov fest: „Für mich war das keine Überraschu­ng.“Mit der defensiv orientiert­en Spielweise des Asiaten hätten schließlic­h seine Schützling­e erfahrungs­gemäß kaum Probleme.

Die hatte allerdings Aruna mit der kompromiss­losen Offensivta­ktik des Nachwuchsm­annes. Spätestens nach dem knapp gewonnenen zweiten Satz war es beim jungen Rumänen mit dem Respekt vor dem früheren Afrika-Meister vorbei, jetzt genoss der Außenseite­r den Hexenkesse­l in der Saarlandha­lle. Zwar hatte der aus Nigeria stammende Portugiese noch einmal das Momentum auf seiner Seite,

verschenkt­e es aber nach seiner schnellen Führung im Entscheidu­ngssatz mit einigen vermeidbar­en Fehlern. „Mit seiner Erfahrung hätte Aruna das Spiel nach Hause bringen müssen“, bedauerte Mazunov: „Aber auch ein Topstar kann eben Nerven zeigen.“

Ob es das trügerisch­e Gefühl war, dass gegen Bad Boll ohnehin nichts schief gehen kann? In jedem Fall stand Türkspor Neu-Ulm zum ersten Mal überhaupt gegen diesen Gegner auf verlorenem Posten und verlor hoch mit 2:5. Die Neu-Ulmer begannen gut und kamen zum 1:0 durch Miguel Malheiro Araujo (9.). Beim Ausgleich durch Baran Ates sah Ediz Özer im Tor von Türkspor alles andere als gut aus (31.). Tobias Weibler konnte den Fauxpas zwar drei Minuten später mit seinem Treffer zum 2:1 zunächst noch reparieren, noch vor der Halbzeitpa­use war es jedoch mit der NeuUlmer Herrlichke­it vorbei. Yannick Ruther glich zunächst erneut aus (39.). Ein von David Govorusic verwandelt­er Foulelfer (42.), bedeutete die erste Führung von Bad Boll. Govorusiks zweiter Treffer (52.), sowie wiederum Baran Antes (76.) sorgten für den deutlichen Endstand. „Das war dann auch gerecht“, sagte der Neu-Ulmer Trainer Ünal Demirkiran.

 ?? Foto: Imago/Revierfoto ?? Zwei Spiele im Halbfinale der Champions-League gegen Saarbrücke­n, zwei Siege. Mehr konnte Truls Moregardh nicht tun. Für den Einzug seines TTC Neu-Ulm ins Endspiel reichte das nicht.
Foto: Imago/Revierfoto Zwei Spiele im Halbfinale der Champions-League gegen Saarbrücke­n, zwei Siege. Mehr konnte Truls Moregardh nicht tun. Für den Einzug seines TTC Neu-Ulm ins Endspiel reichte das nicht.

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