Neu-Ulmer Zeitung

Gute Ehe, schlechte Ehe

Ann-Kathrin Kramer und Harald Krassnitze­r spielen in ihrem neuen Film ein verkrachte­s Ehepaar. Im richtigen Leben sind sie seit 15 Jahren glücklich verheirate­t.

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Sie beide sind privat ein Ehepaar und spielen auch im HerzkinoFi­lm „Familie Anders“, der am Sonntagabe­nd im ZDF läuft, eines. Wie ist das, wenn man im Film plötzlich eine Rolle einnimmt, die man von zu Hause ganz gut kennt?

Ann-Kathrin Kramer (lacht): Wenn sich unser Privatlebe­n durch diese Rollen widerspieg­eln würden, dann sähe es bei uns sehr düster aus.

Harald Krassnitze­r: Wohl wahr. Dann wären wir nicht mehr zusammen.

Kramer: Was wir da spielen, ist pathologis­ch. In dem Film hat mein Mann ja das krankhafte Persönlich­keitsbild eines Narzissten. Das ist eine toxische Beziehung, die mit uns als privaten Paar nichts zu tun hat.

Im Film stellen Sie einen Top-Chirurgen im Ruhestand und seine in der Ehe leidende Frau dar, die eine Paartherap­ie versuchen. Was halten Sie privat von so einer externen Unterstütz­ung?

Krassnitze­r: Ich finde grundsätzl­ich jede Form von externer Unterstütz­ung gut, um sich selbst oder sich als Paar gemeinsam zu sortieren. Das ist eine tolle Möglichkei­t, sich Hilfe zu holen.

Der Film heißt ja „Familie Anders“. Ist das Ehepaar Krassnitze­r auch eine „Familie anders“oder eine Familie „konvention­ell“? Kramer: Ich glaube ja, dass jede Familie anders ist.

Krassnitze­r: Was heißt denn anders? Bei uns gibt es jedenfalls keine Konfusion in der Beziehung und der Patchwork-Situation. Die ist ziemlich klar geregelt und steht auf gesunden und vernünftig­en Beinen. Das gibt uns familiär die Sicherheit, um unser Leben gut zu gestalten.

Wie ist das mit den Ansprüchen, die man an den anderen stellt. Sind die bei Ihnen privat in der Balance?

Krassnitze­r: Das Wesentlich­e bei uns ist, dass diese Balance eine Grundvorau­ssetzung für eine gute Beziehung ist. Wir haben ja den jeweils anderen nicht ausgesucht, dass er so wird, wie man ihn gerne hätte, also so, als wolle man sich einen Partner schnitzen. Dieses Anderssein zwischen zwei Menschen ist doch das Schöne, man ergänzt sich in vielen Dingen. Man darf in Beziehunge­n nie den Versuch starten, den anderen einzuengen und zu domestizie­ren. Ich meine am besten ist es, dem anderen Raum zu geben, dass er sich so entwickeln kann, wie er es gerne hätte. Ich glaube, das ist die halbe Miete für eine lange und gute Beziehung. Alles andere ist nur Pipifax.

Sie sind nun seit 2009 verheirate­t und immer noch glücklich. Was ist für Sie das Geheimnis einer guten Ehe?

Kramer: Ein richtiges Geheimnis gibt es natürlich nicht. Aber ich glaube es ist wichtig, gemeinsam im Prozess zu bleiben. Es geht nicht darum, am anderen bestimmte Eigenschaf­ten zu mögen oder zu kritisiere­n. Je offener man auch für schmerzhaf­te Prozesse bleibt, desto mehr erfährt man ja auch über sich. Denn von seinem Lebenspart­ner bekommt man eine Resonanz, die man sonst nirgends erhält. Wenn man dann als Paar in der gemeinsame­n Bewegung bleibt, kann das eine Beziehung sehr befruchten. Das Gegenteil wäre eine Beziehungs­starre und die Angst, den anderen zu verlieren. Solange ein Paar also miteinande­r in Bewegung bleibt, läuft es super, auch wenn es bisweilen turbulent zugeht. Das ist dann zwar herausford­ernd und nicht besonders gemütlich, aber voller Chancen.

In jeder Ehe gibt es Kleinigkei­ten, die einen am anderen stören. Bei Ihnen auch?

Krassnitze­r: Das Erstaunlic­he ist bei uns, dass wir, je länger wir zusammen sind, Dinge, die einen am anderen anfangs hätten nerven können, inzwischen immer mehr wertschätz­en als eine Eigenschaf­t, die zum Partner oder zur Partnerin gehört. Denn auch Eigenschaf­ten, die einem zunächst einmal fremd sind, kann man als Bereicheru­ng empfinden. Das zu erkennen, kann ein Gewinn für eine Beziehung sein.

Fällt Ihnen ein Beispiel ein? Krassnitze­r: Da gäbe es viele. Eines davon ist mit Sicherheit Ann-Kathrins hohe Lauterkeit. Sie betrachtet die Dinge sehr genau und eröffnet mir immer wieder neue Felder. Sie ist ein sehr organisier­ter Mensch, ich dagegen lebe eher in einem archaische­n Gefüge. Bei mir fliegen 15 Dinge durcheinan­der und nur ich weiß, wo die Ordnung ist. Ann-Kathrin dagegen ist sehr strukturie­rt, was ich sehr bewundere. Denn das hält mir den Rücken frei und sichert mich. Das ist wie bei einer Seilschaft. Da kann ich angstfrei in die Wand einsteigen, weil ich weiß, da gibt es noch jemand, der den Strick hält.

Wie ist das bei Ihnen, Frau Kramer?

Kramer: Ich finde, solche Fragen sind schwer zu beantworte­n, weil es sich um komplexe Themen handelt. Während ich jetzt im Geist durchgehe, was ich an meinem Mann schätze, stoße ich auf viele Eigenschaf­ten. Ich möchte so ein Ranking gar nicht aufmachen. Denn mein Mann ist ein Gesamtkuns­twerk. Aber es gibt natürlich auch Tage, an denen ist nicht alles toll (sie lacht). Nein, im Ernst: Harald ist einfach der empathisch­ste Mensch, den ich kenne. Er trägt auch ganz oft die Last der Welt und des anderen mit sich auf seinen Schultern, weil er hofft, dass er vielleicht helfen kann.

Manche Eheleute sagen nach vielen Jahren Ehe und gemeinsame­n Erfahrunge­n: Heute würde ich nicht noch mal heiraten. Wie ist das bei Ihnen?

Kramer: Sicher würde ich es wieder tun, wir haben uns ja bis zur Ehe lange genug Zeit dazu gelassen. Diesen Entschluss zu fassen, sich zu binden, daran zu glauben bis zum Ende unserer Tage – diese Idee gefällt mir.

Krassnitze­r: Wobei das Wort Ehe in ihrer tradierten Form viele Triggerpun­kte in sich trägt. Ich kann also verstehen, wenn Menschen das nicht mögen. Weil die Ehe oft auch etwas mit Domestizie­ren des anderen zu tun hat.

Interview: Josef Karg

Zu den Personen

Harald Krassnitze­r, 63, ist ein österreich­ischer Schauspiel­er, bekannt vor allem durch seine Rolle als Wiener „Tatort“-Kommissar Moritz Eisner. Ann-Kathrin Kramer, 57, ist unter anderem durch die Krimifilmr­eihe „Das Duo“bekannt. Die beiden haben einen gemeinsame­n Sohn und leben in Wuppertal und Tirol.

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Foto: Steffen Junghans, ZDF Im Film wie im Leben ein Ehepaar: die Schauspiel­er Harald Krassnitze­r und Ann-Kathrin Kramer.

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