Was die Gesundheitsclowns erzählen
Eine 103-jährige Frau sagte einmal ohne jede Angst vor dem Tod: „Hoffentlich gibt’s da oben Currywurst und Kuchen.“Zwei Frauen, die im Ulmer Hospiz helfen, haben dies und andere Erlebnisse zu einem Buch verarbeitet.
Ulm Hanna Münch und Katrin Jantz haben ein großes Herz für ihre Mitmenschen, vor allem für die älteren, die oft einsam in einem Seniorenheim wohnen oder wegen ihrer Demenz kein normales Leben führen. Die beiden Frauen haben vor sieben Jahren eine Ausbildung zu Gesundheitsclowns gemacht und tun alles, um diesen alten Menschen noch ein paar Glücksmomente im letzten Abschnitt ihres irdischen Daseins zu bescheren.
Die zwei machen das hauptberuflich und haben so viel Freude an ihrem Job, dass sie vor einiger Zeit beschlossen, ein Buch zu schreiben, in dem sie über ihre schönsten Begegnungen berichten und ihre Erfahrungen, die sie bei diesen gemacht haben. Nun ist das Buch fertig und trägt den schönen Titel „Hoffentlich gibt’s da oben Currywurst und Kuchen“. Der Untertitel des Buches, das am 17. April erscheinen wird, lautet „Unsere Begegnungen mit Senioren und Señoritas zwischen Lachfalten und Lebenslast.“Und genau darum geht es in den über 40 Geschichten, die Hanna Münch und Katrin Jantz bewegt, gesammelt und geschrieben haben.
Vor rund vier Jahren, so erzählt Hanna Münch, hätten sie eine 103-jährige Frau besucht, die in einem ganz lichten Moment ohne jede Angst vor dem Tod meinte: „Hoffentlich gibt’s da oben Currywurst und Kuchen.“In dem Moment war für die beiden Gesundheitsclowns klar: Das wird der Titel des Buches, das bereits in Planung war. Aber sie wollten noch weitere wunderbare Geschichten erleben, bevor sie sich ans Werk des Schreibens machen. Und dafür gab es Anlässe genug. Immerhin haben die beiden, die maßgeblich im Verein Gute Clowns wirken, im Schnitt 300 Einsätze im Jahr, oft zwei an einem Tag, die jeweils so zweieinhalb Stunden dauern und mit denen sie meist zwölf bis 20 Menschen gleichzeitig erfreuen – mitunter aber auch einzelne Personen.
„In den sieben Jahren hatten wir hochgerechnet 40.000 Begegnungen“, erzählt Katrin Jantz. „Mitunter treffen wir oft die gleichen alten Leute und es bauen sich Beziehungen auf.“Doch viele sterben eines Tages und andere Neuankömmlinge im Seniorenheim gesellen sich dazu. Wobei die beiden Clowns immer wieder auch Kinder besuchen. Eine besondere Stätte, in der die beiden liebend gerne sind, ist das Ulmer Hospiz. „Da ist die Atmosphäre einfach wunderbar“, schwärmt Hanna Münch, die eigentlich Schauspielerin ist, sich aber längst dem Job als Gesundheitsclown so gut wie komplett verschrieben hat.
Eine wunderschöne Geschichte in dem Buch handelt von Jolanda, die immer, selbst noch auf dem Sterbebett, gedichtet hat. „Alle unsere Besuche bei ihr waren wahre Gedichte“, erinnert sich Katrin Jantz und hebt das letzte Erlebnis mit ihr besonders hervor: „Als wir wieder einmal kamen, sagte der Pfleger, Jolanda sei heute sehr schwach. Also betraten wir ganz vorsichtig und leise ihr Zimmer. Als Jolanda uns erblickte, richtete sie sich im Bett voll auf und jubelte: ,Ja endlich seid ihr da!‘ Sie wollte noch mal richtig Blödsinn machen und ihn mit auf den Weg nehmen. Sie sang sogar noch ein wenig mit uns, dann schloss sie die Augen und nachts ist sie friedlich für immer eingeschlafen.“Hanna Münch und Katrin Jantz, früher Köchin und dann Floristin, hatten ihr noch ein ebenso schönes wie beruhigendes Erlebnis mit auf den Weg gegeben.
„Wenn wir zu den Alten kommen, geht es nicht nur ums Lachen“, sagt Hanna Münch. „Es geht auch um die Begegnung, das Berühren, einfach um alle Gefühle.“Die beiden Gesundheitsclowns arbeiten viel mit Musik. Wer denkt, sie singen alte Schlager oder Hits von anno dazumal, der irrt. Liesel (Katrin Jantz) und Lotti (Hanna Münch), so ihre Clownnamen, singen, Lotti spielt Ukulele und ihre Songs kommen von Elvis Presley ebenso wie von Udo Lindenberg, Queen, den Puhdys, City oder den Kastelruther Spatzen.
„Heute hatten wir einen TinaTurner-Tag“erzählt Hanna
Münch. „Der kam sehr gut an.“Die beiden Clowns, die auch schon die mit 114 Jahren älteste Frau Deutschlands besuchten, lieben die alten Menschen, denn, so Katrin Jantz: „Sie sind noch da und brauchen eine Lobby.“„Dazu wollen wir beitragen“, so Hanna Münch. „Alte Leute haben viel Humor, haben noch etwas zu geben. Dafür sind wir dankbar. Und aufgrund unserer Begegnungen haben wir auch keine Angst mehr vor dem Altwerden. Viele Menschen, bei denen wir waren, sind gestorben, aber für uns sind sie ganz lebendig.“Und was den Humor anbetrifft, können die beiden mit Zitaten von Alten aufwarten wie zum Beispiel: „Der Mann hat die Hose an, aber die Frau entscheidet, welche“, oder: „Mein Mindesthaltbarkeitsdatum ist abgelaufen.“Das von Katrin Jantz und Hanna Münch ist es noch lange nicht. Sie wollen anderen noch so viel geben.
Am 10. Mai um 19.30 Uhr wird das Buch „Hoffentlich gibt’s da oben Currywurst und Kuchen“im Café Aegis mit einer Lesung, Erzählungen und Musik öffentlich vorgestellt.
Die beiden arbeiten viel mit Musik.