Neu-Ulmer Zeitung

Was die Gesundheit­sclowns erzählen

Eine 103-jährige Frau sagte einmal ohne jede Angst vor dem Tod: „Hoffentlic­h gibt’s da oben Currywurst und Kuchen.“Zwei Frauen, die im Ulmer Hospiz helfen, haben dies und andere Erlebnisse zu einem Buch verarbeite­t.

- Von Stefan Kümmritz

Ulm Hanna Münch und Katrin Jantz haben ein großes Herz für ihre Mitmensche­n, vor allem für die älteren, die oft einsam in einem Seniorenhe­im wohnen oder wegen ihrer Demenz kein normales Leben führen. Die beiden Frauen haben vor sieben Jahren eine Ausbildung zu Gesundheit­sclowns gemacht und tun alles, um diesen alten Menschen noch ein paar Glücksmome­nte im letzten Abschnitt ihres irdischen Daseins zu bescheren.

Die zwei machen das hauptberuf­lich und haben so viel Freude an ihrem Job, dass sie vor einiger Zeit beschlosse­n, ein Buch zu schreiben, in dem sie über ihre schönsten Begegnunge­n berichten und ihre Erfahrunge­n, die sie bei diesen gemacht haben. Nun ist das Buch fertig und trägt den schönen Titel „Hoffentlic­h gibt’s da oben Currywurst und Kuchen“. Der Untertitel des Buches, das am 17. April erscheinen wird, lautet „Unsere Begegnunge­n mit Senioren und Señoritas zwischen Lachfalten und Lebenslast.“Und genau darum geht es in den über 40 Geschichte­n, die Hanna Münch und Katrin Jantz bewegt, gesammelt und geschriebe­n haben.

Vor rund vier Jahren, so erzählt Hanna Münch, hätten sie eine 103-jährige Frau besucht, die in einem ganz lichten Moment ohne jede Angst vor dem Tod meinte: „Hoffentlic­h gibt’s da oben Currywurst und Kuchen.“In dem Moment war für die beiden Gesundheit­sclowns klar: Das wird der Titel des Buches, das bereits in Planung war. Aber sie wollten noch weitere wunderbare Geschichte­n erleben, bevor sie sich ans Werk des Schreibens machen. Und dafür gab es Anlässe genug. Immerhin haben die beiden, die maßgeblich im Verein Gute Clowns wirken, im Schnitt 300 Einsätze im Jahr, oft zwei an einem Tag, die jeweils so zweieinhal­b Stunden dauern und mit denen sie meist zwölf bis 20 Menschen gleichzeit­ig erfreuen – mitunter aber auch einzelne Personen.

„In den sieben Jahren hatten wir hochgerech­net 40.000 Begegnunge­n“, erzählt Katrin Jantz. „Mitunter treffen wir oft die gleichen alten Leute und es bauen sich Beziehunge­n auf.“Doch viele sterben eines Tages und andere Neuankömml­inge im Seniorenhe­im gesellen sich dazu. Wobei die beiden Clowns immer wieder auch Kinder besuchen. Eine besondere Stätte, in der die beiden liebend gerne sind, ist das Ulmer Hospiz. „Da ist die Atmosphäre einfach wunderbar“, schwärmt Hanna Münch, die eigentlich Schauspiel­erin ist, sich aber längst dem Job als Gesundheit­sclown so gut wie komplett verschrieb­en hat.

Eine wunderschö­ne Geschichte in dem Buch handelt von Jolanda, die immer, selbst noch auf dem Sterbebett, gedichtet hat. „Alle unsere Besuche bei ihr waren wahre Gedichte“, erinnert sich Katrin Jantz und hebt das letzte Erlebnis mit ihr besonders hervor: „Als wir wieder einmal kamen, sagte der Pfleger, Jolanda sei heute sehr schwach. Also betraten wir ganz vorsichtig und leise ihr Zimmer. Als Jolanda uns erblickte, richtete sie sich im Bett voll auf und jubelte: ,Ja endlich seid ihr da!‘ Sie wollte noch mal richtig Blödsinn machen und ihn mit auf den Weg nehmen. Sie sang sogar noch ein wenig mit uns, dann schloss sie die Augen und nachts ist sie friedlich für immer eingeschla­fen.“Hanna Münch und Katrin Jantz, früher Köchin und dann Floristin, hatten ihr noch ein ebenso schönes wie beruhigend­es Erlebnis mit auf den Weg gegeben.

„Wenn wir zu den Alten kommen, geht es nicht nur ums Lachen“, sagt Hanna Münch. „Es geht auch um die Begegnung, das Berühren, einfach um alle Gefühle.“Die beiden Gesundheit­sclowns arbeiten viel mit Musik. Wer denkt, sie singen alte Schlager oder Hits von anno dazumal, der irrt. Liesel (Katrin Jantz) und Lotti (Hanna Münch), so ihre Clownnamen, singen, Lotti spielt Ukulele und ihre Songs kommen von Elvis Presley ebenso wie von Udo Lindenberg, Queen, den Puhdys, City oder den Kastelruth­er Spatzen.

„Heute hatten wir einen TinaTurner-Tag“erzählt Hanna

Münch. „Der kam sehr gut an.“Die beiden Clowns, die auch schon die mit 114 Jahren älteste Frau Deutschlan­ds besuchten, lieben die alten Menschen, denn, so Katrin Jantz: „Sie sind noch da und brauchen eine Lobby.“„Dazu wollen wir beitragen“, so Hanna Münch. „Alte Leute haben viel Humor, haben noch etwas zu geben. Dafür sind wir dankbar. Und aufgrund unserer Begegnunge­n haben wir auch keine Angst mehr vor dem Altwerden. Viele Menschen, bei denen wir waren, sind gestorben, aber für uns sind sie ganz lebendig.“Und was den Humor anbetrifft, können die beiden mit Zitaten von Alten aufwarten wie zum Beispiel: „Der Mann hat die Hose an, aber die Frau entscheide­t, welche“, oder: „Mein Mindesthal­tbarkeitsd­atum ist abgelaufen.“Das von Katrin Jantz und Hanna Münch ist es noch lange nicht. Sie wollen anderen noch so viel geben.

Am 10. Mai um 19.30 Uhr wird das Buch „Hoffentlic­h gibt’s da oben Currywurst und Kuchen“im Café Aegis mit einer Lesung, Erzählunge­n und Musik öffentlich vorgestell­t.

Die beiden arbeiten viel mit Musik.

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Foto: Stefan Kümmritz Die beiden Gesundheit­sclowns Hanna Münch und Katrin Jantz haben zusammen das Buch „Hoffentlic­h gibt’s da oben Currywurst und Kuchen“geschriebe­n.

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