Neu-Ulmer Zeitung

Bienenhalt­ung ist komplizier­ter geworden

Imker aus der Region berichten, was sie an ihrer Arbeit schätzen und welche Schwierigk­eiten sie zu meistern haben. Auch der Golfclub Ulm produziert Honig.

- Von Claudia Bader und Stephan Schöttl

Babenhause­n Im Garten der Jugendbild­ungsstätte in Babenhause­n bilden Schneeglöc­kchen und Krokusse sowie andere Frühlingsb­oten die ersten bunten Farbtupfer. Die Weidenkätz­chen am Rand des Geländes sind schon fast verblüht. Aus einer windgeschü­tzten Ecke hört man an diesem sonnigen Tag ein Summen und Brummen. Sebastian Morbach, Leiter der Umweltstat­ion, nutzt die milden Temperatur­en zur Durchsicht seiner Bienenvölk­er. „Es sieht ganz gut aus“, stellt er mit Blick auf die von emsigen Insekten umschwirrt­en Waben fest.

Die Arbeiterbi­enen sind gerade dabei, Pollen von den ersten Frühjahrsb­lühern einzutrage­n. Zu erkennen sei das an den „Pollenhösc­hen“, die bunt und kugelförmi­g an ihren Hinterbein­chen klebten, erläutert der Imker. „Das ist ein gutes Zeichen, ein Indiz dafür, dass mit der Königin und dem Volk alles in Ordnung ist.“Die Honigbiene­n benötigten das eiweißhalt­ige Pollenfutt­er für die Entwicklun­g ihrer

Larven. „Vor Wintereinb­ruch hatten wir insgesamt 14 Bienenvölk­er, jetzt zum Frühlingsb­eginn sind es noch elf“, resümiert Morbach. Der Verlust von rund 20 Prozent liege im Durchschni­tt. Temperatur­schwankung­en, der Klimawande­l, Futtermang­el, Krankheite­n sowie Umweltgift­e und nicht zuletzt die Varroamilb­e machten es den Honigbiene­n schwer.

Bienenvölk­er halten keinen Winterschl­af, sagt Morbach. Aber auch wenn sie in der kalten Jahreszeit nicht zu sehen seien, hätten sie Aufgaben zu erledigen. Vor allem müssten sie den Futterstro­m aufrechter­halten. Wenn die Außentempe­ratur unter acht Grad Celsius liege, bilden die Insekten in ihrem Stock um die Königin eine Art Traube, in der sie sich gegenseiti­g wärmen. Um die Brut so gut wie möglich gegen die Kälte zu schützen, müssen sie dem Imker zufolge die Temperatur­en im Stock hochfahren. Das koste zusätzlich Energie und zehre erheblich an den Honigvorrä­ten. Für schwache Bienenvölk­er könnten diese Kälteeinbr­üche auch im zeitigen Frühling noch existenzbe­drohend sein. Erst bei Wetter, das sich für die Bienen zum

Fliegen eignet – also Sonnensche­in und Temperatur­en über zehn Grad Celsius – starten sie wieder zu ihren Sammeltour­en.

Bei der Bienenhalt­ung in der Jubi-Umweltstat­ion spielt der Honigertra­g nicht die entscheide­nde Rolle. „Vielmehr wollen wir zu einem achtsamen und sensiblen Umgang mit der uns umgebenden Natur anregen. Durch unsere Imkerei vermitteln wir Schulklass­en und Gästegrupp­en Einblicke in die fasziniere­nde Welt dieser heimischen Insekten“, sagt Morbach. Man greife Ängste und Vorurteile im Umgang mit diesen fleißigen Blütenbest­äubern auf. „Dadurch wollen wir der immer weiter voranschre­itenden Naturentfr­emdung in unserer Gesellscha­ft entgegenwi­rken“, betont der Leiter der Jubi-Umweltstat­ion.

Bienen gibt es auch im Golfclub Ulm in Illerriede­n. Seit 2011 nimmt dieser am Umweltprog­ramm „Golf & Natur“des Deutschen Golf Verbandes (DGV) teil, wurde inzwischen schon mehrfach mit der höchsten Zertifizie­rungsstufe in Gold ausgezeich­net. Im Zuge des Projekts „Lebensraum Golfplatz“wurden zum Beispiel an mehreren

Stellen des Platzes mehrjährig­e Blühstreif­en als Bienenweid­en angelegt. Damit soll die Artenvielf­alt gefördert werden. Obendrein sind am Gebäude der Greenkeepe­r fünf Bienenvölk­er heimisch. „Ein Imker aus dem Dorf kümmert sich darum“, erzählt Head Greenkeepe­r Thomas Ströbele. Der praktische Nebeneffek­t: Im Shop des Golfclubs gibt es regelmäßig frischen Honig zu kaufen – selbst produziert. Als der Golfclub Ulm 2023 sein 60-jähriges Bestehen feierte, gab es Honig als Geschenk für die Gäste. „Einmal im Jahr veranstalt­en wir sogar ein ’Bienen-Turnier’. Die Startgelde­r kommen dann den Bienenproj­ekten und dem Imker zugute“, berichtet Ströbele.

Seit fast 30 Jahren hält Andreas Mayer aus Ritzisried im Nebenerwer­b Bienen „Derzeit so um die 60 Völker“, erzählt der leidenscha­ftliche Imker. In den zurücklieg­enden zehn Jahren sei es immer schwierige­r geworden, die Völker durch den Winter zu bringen. Aufgrund der milden Temperatur­en im Januar und Februar sei die Vegetation heuer mindestens um vier Wochen voraus. Wenn das Frühjahr zu schnell beginne und Weiden, Haselnuss,

Löwenzahn und Raps in rascher Folge hintereina­nder blühten, kämen die Insekten mit dem Sammeln von Nektar und Pollen nicht nach und gerieten in Stress, fügt Mayer hinzu. Aufgrund des spürbaren Klimawande­ls habe sich vieles in der Natur verändert. „Es ist alles komplizier­ter geworden“, sagt er.

Weil er erst seit fünf Jahren Bienen hält, zählt sich Bernhard Kolb aus Babenhause­n noch zu den Jungimkern. „Dieses Hobby ist für mich ein bereichern­der Ausgleich für den stressigen Alltag“, verrät er. Ganz nebenbei decke er auch den Honigbedar­f seiner Familie. Im Laufe der Jahre hat er erfahren, dass die Imkerei das ganze Jahr über spannend und vor allem in den Sommermona­ten arbeitsint­ensiv ist. Aber das ist für ihn kein Problem. „Ich erlebe die Natur und den Wechsel der Jahreszeit­en ganz bewusst.“Bei der Bestäubung von Apfel-, Birn- und Kirschbäum­en sowie Raps, Rotklee, Ackerbohne­n und Buchweizen spielen Bienen eine wichtige Rolle, weiß Kolb. Er sagt: „Wir Imker leisten einen wichtigen Beitrag für Umweltschu­tz und Nachhaltig­keit.“

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Foto: Alexander Kaya (Archivbild) Der Golfclub Ulm in Illerriede­n veranstalt­et einmal im Jahr sogar ein „Bienen-Turnier“. Die Startgelde­r kommen den dortigen Bienenproj­ekten und dem Imker zugute.
 ?? Foto: Claudia Bader ?? Sebastian Morbach, Leiter der Umweltstat­ion in Babenhause­n, nutzt die milden Temperatur­en zur Durchsicht seiner Bienenvölk­er.
Foto: Claudia Bader Sebastian Morbach, Leiter der Umweltstat­ion in Babenhause­n, nutzt die milden Temperatur­en zur Durchsicht seiner Bienenvölk­er.

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