Frauen ziehen Blicke auf sich
Nicht nur Käthe Kollwitz in New York, Frankfurt und Kopenhagen: Auch weitere Künstlerinnen kommen in diesem Jahr groß raus in den Museen.
So lange ist es ja noch nicht her, dass auch Frauen erlaubt wurde, an deutschen Kunstakademien zu studieren. Erst 1920 wurde dies möglich. Das hatte natürlich ebenso Folgen wie später das verordnete Frauenbild im deutschen Nationalsozialismus. Aber auch in vielen anderen Staaten gab es bis weit ins 20. Jahrhundert hinein Mechanismen, die Ursache dafür waren, dass (namhafte) Künstlerinnen eine Ausnahme blieben. In Deutschland begann sich die Lage erst nach dem Wirtschaftswunder zu ändern, als die Zahl von Kunststudentinnen stetig anstieg. (Mittlerweile liegt sie gleichauf mit der Zahl der Kunststudenten - oder übertrifft diese sogar.) Dennoch hinkte die öffentliche Präsenz von Künstlerinnen weitere Jahrzehnte hinterher, international.
Erst in jüngerer Vergangenheit tat sich was, als auch in der Kunstvermittlung die Frauen deutlich verstärkt Schlüsselpositionen einnahmen: als Kunsthistorikerinnen in Museen, Galerien, Medien, Öffentlichkeitsarbeit. Nun werden Weichen unter allgemeinem Augenmerk auf Gleichstellung neu gestellt. Wenn es eines Belegs bräuchte für diese Entwicklung, dann ist der Ausstellungskalender dieses Frühjahrs signifikant. Werfen wir einen Blick nur auf die großen Namen in großen Ausstellungshäusern
von Hauptstädten und anderen Metropolen. Beginnen wir mit New York und einer Deutschen.
Ohne dass Käthe Kollwitz, die bedeutende sozial- und kunstpolitische Grafikerin, Malerin, Bildhauerin einen Gedenktag hätte: Jetzt wird sie, die noch privat studieren musste, in New York gezeigt, im schwergewichtigen Museum of Modern Art, wo nun auch erkannt wird, dass sie „als eine von wenigen Künstlerinnen schon zu Lebzeiten internationales Ansehen erlangte“(Kuratorin Starr Figura). Und nicht nur Manhattan ehrt ausführlich die Kollwitz, sondern zur Zeit auch das Städel in Frankfurt und ab Herbst das staatliche Kunstmuseum Kopenhagen.
Sprung nach London, wo Yoko Ono, die Künstlerin sowie Witwe John Lennons, in der renommierten Tate London Auftritt erhält, nachdem von der Themse die große Marina Abramovic-Retrospektive weitergezogen ist ans Stedelijk Museum Amsterdam (worauf im Oktober das Kunsthaus Zürich folgt). Die Tate Britain wiederum widmet sich auslaufend und passend „Women in revolt“– praktisch eine Schwester der in Wien ebenfalls auslaufenden Schau „Feministische Avantgarde“. Zu dieser
Avantgarde zählt die Österreicherin Valie Export, die auch in der c/o Berlin Foundation mit einer Retrospektive vertreten ist.
Hinzu kommen: Roni Horn in Köln, Cosima von Bonin in Frankfurt, Hilma af Klint (mit Kandinsky) in Düsseldorf, Vera Molnar in Paris, Julie Mehretu in Venedig, dann Düsseldorf. Und im Münchner Haus der Kunst hat gerade Meredith Monk Abschied genommen, während Rebecca Horn ab Ende April erwartet wird. Wie gesagt: Das Ganze ist nur die Spitze im internationalen Ausstellungskalender, leicht runterbrechbar in Deutschland auf Kunstvereine und den Berufsverband Bildender Künstler.
Dass es auch im Bereich Alte Malerei viel mehr Präsenz für Künstlerinnen gibt, bewies jüngst nicht nur die Kunstmesse in Maastricht, sondern belegen auch folgende Schauen: Angelika Kauffmann in der ehrwürdigen Londoner Royal Academy of Arts, vor allem aber die Überblicksschauen „Maestras – Malerinnen 1500– 1900“im Arp Museum Remagen sowie (aus Hamburg kommend) „Geniale Frauen“in Basel.
Wer nun aber argumentiert, dass bei verstärkter Frauen-Präsenz der Marktpreis für Kunst von Künstlerinnen noch immer weit unter dem Marktpreis für Männerkunst liegt, der darf dennoch hoffnungsvoll in die Zukunft schauen. Auch da tut sich belegbar etwas.