Forstbetrieb: Mehr Natur geht nicht
Warum der Forstbetrieb Weißenhorn zum ersten Mal seit 16 Jahren wieder Nachwuchskräfte ausbildet. Auch Frauen nehmen mittlerweile die Säge in die Hand.
Weißenhorn Der Fachkräftemangel ist mittlerweile auch im Forst angekommen: Es fehlt an Frauen und Männern, die nicht nur mit der Säge umgehen können, sondern dafür sorgen, dass der Wald gesund bleibt, den klimatischen Veränderungen gewachsen ist und genügend nachwachsenden Rohstoff liefert. Deshalb lässt der Forstbetrieb Weißenhorn eine lange Zeit brachliegende Tradition wieder aufleben, er bildet vom September an Männer und Frauen zu Forstwirten aus.
Früher war es selbstverständlich, dass die damals sogenannten Forstämter sich den eigenen Nachwuchs heranzüchteten. Doch in Weißenhorn ist diese Tradition vor 16 Jahren abgerissen: „Wir haben es einfach sein gelassen, weil wir niemanden brauchten. Wir haben von der Substanz gelebt“, erklärt Michael Eggert, Leiter des Forstbetriebs Weißenhorn der Bayerischen Staatsforsten. Doch nun ist es schwer geworden, neue Leute für die Arbeit im Gehölz zu finden, denn die Konkurrenz ist groß, die Zahl der Jobmöglichkeiten ausgesprochen vielfältig. Eggert: „Dass wir die Ausbildung wieder aufnehmen, ist für uns ein wichtiger Schritt. Die Fachkräfte fliegen einem nicht zu.“
Dabei hatten sich in Weißenhorn immer mal wieder Interessenten gemeldet, die Forstwirt werden wollten, doch die Niederlassung der Bayerischen Staatsforsten konnte ihnen nichts anbieten, höchstens Praktika. Azubis wurden lediglich in Zusmarshausen und Ottobeuren genommen. Das ändert sich von September an. Damit er Nachwuchs eine einigermaßen zentrale Lehrstätte in der Region vorfindet, wurde eine Halle in Ichenhausen zum Ausbildungszentrum ausgebaut, die gut zu erreichen sei, wie Eggert verspricht. Von diesem Stützpunkt aus gehe es dann zukünftig mit dem Ausbildungsmeister in die umliegenden Staatswälder, in denen nahezu alles erlernt werden könne, was Forstwirte können müssen. Wer den Beruf ergreifen will, sollte auf jeden Fall gerne draußen an der frischen Luft arbeiten wollen „und einigermaßen fit sein.“Mehr Naturverbundenheit sei eigentlich kaum noch möglich.
Dabei geht es nicht nur darum, Holz zu machen. Im Frühjahr müsse man vom Winter geschädigte Bäume aufspüren und beseitigen, bevor sich die Borkenkäfer breitmachen, im März und April ist Pflanzsaison, im Sommer wird der Jungbestand ausgelichtet und im Herbst stehen auch Jagdvorbereitungen an. „Es sind sehr viele wichtige Arbeiten zu erledigen“, sagt Eggert. Die 20 Forstwirte und drei Forstwirtschaftsmeister des Standortes Weißenhorn sind damit gut beschäftigt. Drei bis vier Nachwuchskräfte will der Forstbetrieb künftig pro Jahr aufnehmen und zu echten Wald-Fachleuten zu machen. Die ersten Interessenten haben bereits Verträge abgeschlossen.
Dabei steht der Beruf nicht wie einst nur den Männern offen. „Das ist schon lange keine Männerdomäne mehr“, beteuert Christoph Kohler, stellvertretender Leiter des Weißenhorner Forstbetriebs, „wir haben zwei Forstwirtinnen eingestellt, die machen das Gleiche wie die Männer.“Früher seien die Frauen mehr auf das Pflanzen spezialisiert gewesen, doch jetzt „trifft man sie auch mit der Säge an. Da ist was im Wandel.“Wobei er einräumt, dass der Prozentsatz an Frauen in diesem Beruf noch recht gering sei.
Eggert und Kohler setzen darauf, dass sich ein Trend fortsetzt, der während der Corona-Pandemie begonnen hat: Die Menschen interessieren sich wieder mehr dafür, was vor ihrer Haustüre passiert. Diese Rückbesinnung sei nicht nur virtuell, denn viele wollten wieder etwas Authentisches: „Die brauchen mehr Echtes, und das bietet der Beruf des Forstwirts.“Zudem seien die Übernahmeperspektiven „super“.
Übrigens: Die Ausbildung der „Neuen“übernimmt der Mann, der als vorerst letzter Azubi in Weißenhorn zum Forstwirt ausgebildet worden ist. So schließt sich quasi ein Kreis.