Neu-Ulmer Zeitung

Saxon leisten im Roxy ganze Arbeit

Ihren Auftritt in Ulm hatte die legendäre Heavy-Metal-Band Saxon um ein Jahr verschoben. Warum sich das Warten wirklich gelohnt hat. Schon allein der Auftakt mit Victory war wirklich vielverspr­echend.

- Von Ronald Hinzpeter

Ulm Wenn Musiker ein gewisses hohes Alter erreicht haben, fragt man sich schon, ob sich die Wartezeit wirklich lohnt, wenn sie ein Konzert verschiebe­n müssen. Die Heavy-Metal-Haudegen Saxon sagten im März vergangene­n Jahres ihren Auftritt im ausverkauf­ten Ulmer Roxy ab, weil Sänger Peter „Biff“Byford sich Corona eingefange­n hatte. Würde das noch mal was werden? Es wurde mit einem Jahr Verspätung – und wie! Saxon legten mit viel Spielfreud­e einen absolut rostfreien Auftritt hin, der mit eindreivie­rtel Stunden Schwermeta­lldonner die Massen glücklich machte.

Nigel Glockler hat heuer seinen 71. Geburtstag gefeiert. Er ist damit nicht der Alterspräs­ident der Band – den Titel trägt der Sänger mit seinen 73 Jahren –, aber er hat den härtesten Job: Er muss trommeln, als gäbe es kein Morgen. Und das tut er wie ein junger Donnergott. Respekt. So muss das sein, bei einer Band, die schon immer vor allem von ihrer puren Energie lebte. Saxon gehörten zur Speerspitz­e des britischen Heavy-MetalBooms Anfang der 80er, waren aber nicht unbedingt die Originells­ten und musikalisc­h Versiertes­ten. Da hatten Judas Priest, Iron Maiden und Def Leppard deutlich mehr drauf.

Doch Saxon waren eine hart schuftende Arbeiterba­nd mit etlichen schlichten, aber wirkungsvo­llen Kraftmeier-Hymnen. Die haben ihren Ruf begründet, und das ist, was die Fans heute noch hören wollen. Die Band hat trotz etlicher Umbesetzun­gen und vieler schlechter Jahre erstaunlic­he 26 Studioalbe­n aufgenomme­n, doch letztlich wollen die Fans vor allem das hören, was Saxon schon auf ihrem ersten Live-Album „The Eagle Has Landed“von 1982 rausgehaue­n haben.

Und das bekommen sie an diesem Abend im randvollen Roxy im Wesentlich­en – und noch einiges mehr von späteren Großtaten wie

„Ride Like The Wind“von Christophe­r Cross, das sie zur EdelstahlH­ymne aufpoliert haben, oder den unkaputtba­ren „Solid Ball Of Rock“. Dazwischen streuen sie ein wenig neueres Material wie „Seize The Day“oder „Hell, Fire And Damnation“, das Titelstück vom aktuellen Album. Ist alles ganz okay, aber halt nicht so prägnant wie „Heavy Metal Thunder“, „Strong Arm Of The Law“oder „Wheels Of Steel“. Zurzeit touren Saxon zusammen mit Judas Priest und Uriah Heep und können in diesem Dreierpake­t pro Abend nur ein Dutzend Songs spielen. In Ulm nutzten sie die Gelegenhei­t, alleiniger Headliner zu sein, und genossen es sichtlich, 19 Stücke abzufeiern zu können. Vor allem Biff Byford, immer noch erstaunlic­h gut bei Stimme, war die Freude an seinem Tun deutlich anzumerken. Weil er halt nicht mehr so beweglich ist wie früher, gab er den majestätis­chen Zeremonien­meister, der die Massen mit ein paar Handbewegu­ngen zu dirigieren weiß. Auch der Rest hatte Spaß. Neuzugang

Brian Tatler von den erfolglose­n Altmetalle­rn Diamond Head fügt sich als Ersatz für den Ur-Gitarriste­n Paul Quinn nahtlos ein. Unter dem Strich: Ein fulminante­r Metal-Abend, der keine Wünsche offenließ, außer dem: Sie sollten schleunigs­t noch mal wieder kommen, bevor das Alter dann doch seinen Tribut fordert.

Ausgesproc­hen vital hatte sich an diesem Abend auch schon die Vorgruppe Victory präsentier­t. Deren Chef Hermann Frank ist nur knapp zehn Jahre jünger als Byford,

hat aber für den Neustart seiner Band junge und versierte Musiker zusammenge­trommelt. Die lieferten einen ausgesproc­hen guten Job ab mit solidem GeradeausM­etal ohne große Mätzchen. Den hatten Victory schon früher gespielt, aber es nie geschafft, aus der zweiten Reihe deutscher Hardund-Heavy-Bands nach ganz vorne durchzusto­ßen. Im Roxy waren sie der perfekte Opener für Saxon, denn damit begann der Abend schon mal sehr gut. Aber er sollte dann noch viel besser werden ...

 ?? Foto: Reinhard Pfetsch ?? Saxon-Sänger Biff Byford gab im Ulmer Roxy den majestätis­chen Zeremonien­meister. Links neben ihm Gitarrist Doug Scarrat.
Foto: Reinhard Pfetsch Saxon-Sänger Biff Byford gab im Ulmer Roxy den majestätis­chen Zeremonien­meister. Links neben ihm Gitarrist Doug Scarrat.

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