Neu-Ulmer Zeitung

Unternehme­r möchte Büros in Wohnungen umwandeln – und klagt

Weil Behörden ein Bauvorhabe­n trotz hoher Investitio­nen ablehnen, treffen sich alle Parteien vor Gericht. Doch die Verhandlun­g läuft anders als gedacht.

- Von Annemarie Rencken

Nersingen Dass nicht jedes Bauvorhabe­n genehmigt wird, ist Alltag. Manchmal muss noch etwas am Brandschut­z verbessert werden. Oder die Abstände zum Nachbargru­ndstück stimmen nicht. Ein „Nein“zu den eigenen Plänen dürfte für Betroffene wohl trotzdem immer ärgerlich sein. Besonders, wenn sie schon viel Geld in die Planungen investiert haben – und sich eigentlich sicher sind, dass die Behörden damit auch einverstan­den sind. So zumindest schilderte­n Rechtsanwa­lt und Kläger einen Fall, der kürzlich vor dem Augsburger Verwaltung­sgericht verhandelt wurde.

Zusammenge­fasst ging es bei dem Anliegen des Klägers um Folgendes: Er möchte einige seiner Büro- und Lagerräume in Straß in Wohnungen umwandeln. Er habe dabei Kontakt zur Gemeinde, zum Bürgermeis­ter gehabt und bereits etwa 80.000 bis 90.000 Euro in Gutachten und Planungen investiert. Sein Eindruck: Eigentlich sei man sich schon einig gewesen. Dann kam jedoch – für ihn überrasche­nd – das Nein zu seinem Vorhaben aus dem Nersinger Gemeindera­t. „Ich war erst mal schockiert und wusste nicht, woran es liegt“, beschrieb der Kläger seine Reaktion vor Gericht. Im Anschluss habe er dann keinen Kontakt mehr herstellen können, um die genauen Gründe für die Abweisung seines Vorhabens herauszufi­nden, sagte er.

Die Gemeinde Nersingen und das Landratsam­t Neu-Ulm hatten das Bauvorhabe­n vordergrün­dig deswegen abgelehnt, weil eine Wohnungsnu­tzung in diesem Teil von Straß nicht zulässig sei. Denn: Hier sei nach wie vor Gewerbegeb­iet. Das wollten der Kläger und sein Rechtsanwa­lt anfechten. Ihrer Argumentat­ion nach ist der Bebauungsp­lan überholt: Rechtlich gelte der Teil der Gemeinde zwar noch als Gewerbegeb­iet, faktisch sei hier aber bereits ein allgemeine­s Wohngebiet entstanden. Rund um die Räumlichke­iten des Klägers befänden sich andere Gebäude, die mittlerwei­le ausschließ­lich als Wohnungen genutzt würden.

Um das zu beweisen, habe man den Vertreter der Gemeinde gebeten, die Briefkäste­n und Klingelsch­ilder dieser Gebäude abzufotogr­afieren und in die Sitzung mitzubring­en. Vor Gericht sind die Namen alle verpixelt – Datenschut­z geht schließlic­h vor – aber es ging dem Rechtsanwa­lt ohnehin um etwas anderes: Auf dem ausgedruck­ten Foto sah man nicht nur einen

Namen, sondern vier. Demnach schlussfol­gerte er, dass es hier auch vier Wohnungen geben müsse und unten werde „zur Wahrung der Etikette“noch eine Montagefir­ma angegeben. Genehmigt sei eigentlich jedoch nach den Unterlagen der Gemeinde nur eine Betriebsle­iterwohnun­g.

Diese Unstimmigk­eit war als Beweis aber sowohl für die angeklagte­n Behörden als auch das Gremium zu dünn. Zusätzlich machte der Vorsitzend­e Richter dem Rechtsanwa­lt wenig Hoffnungen auf einen Erfolg seiner Strategie. Einen Bebauungsp­lan rechtlich anzufechte­n, dafür seien die Hürden sehr hoch.

Trotzdem endete die Verhandlun­g für alle Beteiligte­n positiv – und für den Kläger ein wenig überrasche­nd. Erst beim Aufeinande­rtreffen mit Vertretern der beiden Behörden vor dem Verwaltung­sgericht erfuhr er nach eigenen Angaben den eigentlich­en Hauptgrund für die Ablehnung seines Vorhabens. Das größte Bedenken des Gemeindera­ts sei, dass es durch die geplanten Wohnungen wegen des Schallschu­tzes zu Einschränk­ungen für den angrenzend­en Tennisplat­z kommen könnte.

Wenn er die Größe seiner Pläne anpasse und keine Wohnungen mehr in Richtung des Tennisplat­zes plane, seien die Chancen am größten, dass der Gemeindera­t doch noch zustimme, erklärte der Vertreter der Gemeinde. Davon, dass dies vor der Verhandlun­g nicht kommunizie­rt worden sei, wollte er jedoch nichts wissen: „Ich habe mit Ihrem Ingenieurb­üro fast täglich telefonier­t und dieselben Tipps gegeben“, sagte er. Am Ende erklärte der Rechtsanwa­lt, dass sie die Klage zurücknehm­en und lieber noch einmal ins Gespräch gehen wollten.

 ?? Foto: Claudia Hamburger (Archivbild) ?? Ein Nersinger Unternehme­r klagte gegen den Freistaat Bayern. Der Fall landete vor dem Verwaltung­sgericht Augsburg.
Foto: Claudia Hamburger (Archivbild) Ein Nersinger Unternehme­r klagte gegen den Freistaat Bayern. Der Fall landete vor dem Verwaltung­sgericht Augsburg.

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