Unternehmer möchte Büros in Wohnungen umwandeln – und klagt
Weil Behörden ein Bauvorhaben trotz hoher Investitionen ablehnen, treffen sich alle Parteien vor Gericht. Doch die Verhandlung läuft anders als gedacht.
Nersingen Dass nicht jedes Bauvorhaben genehmigt wird, ist Alltag. Manchmal muss noch etwas am Brandschutz verbessert werden. Oder die Abstände zum Nachbargrundstück stimmen nicht. Ein „Nein“zu den eigenen Plänen dürfte für Betroffene wohl trotzdem immer ärgerlich sein. Besonders, wenn sie schon viel Geld in die Planungen investiert haben – und sich eigentlich sicher sind, dass die Behörden damit auch einverstanden sind. So zumindest schilderten Rechtsanwalt und Kläger einen Fall, der kürzlich vor dem Augsburger Verwaltungsgericht verhandelt wurde.
Zusammengefasst ging es bei dem Anliegen des Klägers um Folgendes: Er möchte einige seiner Büro- und Lagerräume in Straß in Wohnungen umwandeln. Er habe dabei Kontakt zur Gemeinde, zum Bürgermeister gehabt und bereits etwa 80.000 bis 90.000 Euro in Gutachten und Planungen investiert. Sein Eindruck: Eigentlich sei man sich schon einig gewesen. Dann kam jedoch – für ihn überraschend – das Nein zu seinem Vorhaben aus dem Nersinger Gemeinderat. „Ich war erst mal schockiert und wusste nicht, woran es liegt“, beschrieb der Kläger seine Reaktion vor Gericht. Im Anschluss habe er dann keinen Kontakt mehr herstellen können, um die genauen Gründe für die Abweisung seines Vorhabens herauszufinden, sagte er.
Die Gemeinde Nersingen und das Landratsamt Neu-Ulm hatten das Bauvorhaben vordergründig deswegen abgelehnt, weil eine Wohnungsnutzung in diesem Teil von Straß nicht zulässig sei. Denn: Hier sei nach wie vor Gewerbegebiet. Das wollten der Kläger und sein Rechtsanwalt anfechten. Ihrer Argumentation nach ist der Bebauungsplan überholt: Rechtlich gelte der Teil der Gemeinde zwar noch als Gewerbegebiet, faktisch sei hier aber bereits ein allgemeines Wohngebiet entstanden. Rund um die Räumlichkeiten des Klägers befänden sich andere Gebäude, die mittlerweile ausschließlich als Wohnungen genutzt würden.
Um das zu beweisen, habe man den Vertreter der Gemeinde gebeten, die Briefkästen und Klingelschilder dieser Gebäude abzufotografieren und in die Sitzung mitzubringen. Vor Gericht sind die Namen alle verpixelt – Datenschutz geht schließlich vor – aber es ging dem Rechtsanwalt ohnehin um etwas anderes: Auf dem ausgedruckten Foto sah man nicht nur einen
Namen, sondern vier. Demnach schlussfolgerte er, dass es hier auch vier Wohnungen geben müsse und unten werde „zur Wahrung der Etikette“noch eine Montagefirma angegeben. Genehmigt sei eigentlich jedoch nach den Unterlagen der Gemeinde nur eine Betriebsleiterwohnung.
Diese Unstimmigkeit war als Beweis aber sowohl für die angeklagten Behörden als auch das Gremium zu dünn. Zusätzlich machte der Vorsitzende Richter dem Rechtsanwalt wenig Hoffnungen auf einen Erfolg seiner Strategie. Einen Bebauungsplan rechtlich anzufechten, dafür seien die Hürden sehr hoch.
Trotzdem endete die Verhandlung für alle Beteiligten positiv – und für den Kläger ein wenig überraschend. Erst beim Aufeinandertreffen mit Vertretern der beiden Behörden vor dem Verwaltungsgericht erfuhr er nach eigenen Angaben den eigentlichen Hauptgrund für die Ablehnung seines Vorhabens. Das größte Bedenken des Gemeinderats sei, dass es durch die geplanten Wohnungen wegen des Schallschutzes zu Einschränkungen für den angrenzenden Tennisplatz kommen könnte.
Wenn er die Größe seiner Pläne anpasse und keine Wohnungen mehr in Richtung des Tennisplatzes plane, seien die Chancen am größten, dass der Gemeinderat doch noch zustimme, erklärte der Vertreter der Gemeinde. Davon, dass dies vor der Verhandlung nicht kommuniziert worden sei, wollte er jedoch nichts wissen: „Ich habe mit Ihrem Ingenieurbüro fast täglich telefoniert und dieselben Tipps gegeben“, sagte er. Am Ende erklärte der Rechtsanwalt, dass sie die Klage zurücknehmen und lieber noch einmal ins Gespräch gehen wollten.