Wo ist Melania?
Donald Trump ist in den USA allgegenwärtig, doch seine Frau lässt sich öffentlich kaum blicken. Was die weitgehende Abwesenheit der früheren First Lady verrät – gerade jetzt im Wahlkampf.
Washington Melania Trump sagt nur zwei Wörter. „Stay tuned“, entgegnet sie auf die Frage, ob sie vorhat, sich doch mal bei Auftritten ihres Mannes im US-Präsidentschaftswahlkampf zu zeigen. Auf Deutsch heißt das in etwa: „Warten Sie es ab.“Die 53-Jährige nickt leicht und setzt ein Lächeln auf, das Sekunden später wieder verschwindet. Ihre Augen sind hinter einer Sonnenbrille verborgen. Neben ihr steht Ex-Präsident Donald Trump, grinst und setzt zu einem politischen Statement an. Nur kurz zeigte sich die ehemalige First Lady vor ein paar Tagen in Florida – bei der Stimmabgabe für die Vorwahlen, die Trump in seiner Partei bereits für sich entschieden hat. Doch dieser Tage wird jeder noch so kurze Auftritt von Melania Trump registriert. Denn seit dem Abschied aus dem Weißen Haus zeigte sie sich kaum öffentlich, hüllte sich in Schweigen.
Trump ist schon seit 16 Monaten im Wahlkampfmodus, aber ohne seine Frau. Als er im November 2022 in seinem Anwesen Mara-Lago in Florida seine erneute Bewerbung verkündete, war Melania nur Zuschauerin. Sie ließ sich bis Mai 2023 Zeit, ihrem Mann öffentlich ihren Rückhalt auszusprechen. Und auch das nur knapp: „Er hat meine Unterstützung.“Auch die diversen historischen Anklagen gegen ihren Mann ließ Melania Trump unkommentiert. Sie begleitete ihn zu keinem Gerichtstermin.
Zuletzt öffentlich zu sehen war sie nur bei der Trauerfeier für die verstorbene frühere First Lady Rosalynn Carter und bei der Beerdigung ihrer eigenen Mutter, Amalija Knavs, im Januar.
First Ladies der USA sind üblicherweise auch nach dem Abschied aus dem Weißen Haus präsent, schreiben Bücher, nutzen ihre Prominenz für wohltätige Projekte.
Auch Trump startete eine Initiative für junge Leute aus Pflegefamilien. Sie machte aber vor allem mit einem eher geschäftlichen Vorhaben von sich reden: mit dem Verkauf limitierter Auflagen von Kunstwerken mit einer Art digitalen Echtheitszertifikats. Im Angebot: eine Aquarell-Version ihrer „kobaltblauen Augen“.
Einen bemerkenswerten Akzent setzte sie mit einem seltenen Auftritt
im Dezember, als sie bei einer Einbürgerungsfeier in der USHauptstadt sprach – ausgerechnet um Einwanderer, gegen die ihr Mann regelmäßig hetzt, als neue US-Bürger willkommen zu heißen. Noch dazu Menschen aus Ländern, die ihr Mann als „Drecksloch-Staaten“verunglimpfte. Ausgerechnet im von Trump verhassten Washington und im Gebäude des Nationalarchivs, dem eine große Zahl geheimer Regierungsdokumente vorenthalten haben soll, was ihm eine seiner Anklagen einbrachte.
Melania Trump hat zwar einen persönlichen Bezug zum Thema: Sie stammt aus Slowenien und wurde 2006 erst durch Einbürgerung zur Amerikanerin. Doch der Auftritt wirkte wie ein Affront gegen ihren Mann.
Fast wie eine Retourkutsche kam da der Ausschnitt aus einem bizarren Wahlkampfvideo („Gott erschuf Trump“) daher, das Trump wenige Wochen später veröffentlichte. Darin hieß es, Gott habe einen Mann gewollt, der das Weltwirtschaftsforum zähme, dann „hungrig nach Hause kommt, warten muss, bis die First Lady mit Freundinnen zu Mittag gegessen hat“. Dazu war eine Aufnahme zu sehen, auf der Trump und seine Frau zum Präsidentenhubschrauber laufen: Melania Trump gerät auf dem Weg über Rasen auf hohen Absätzen ins Stolpern und Trump stützt sie mit seinem Arm. Die eigene Frau für Wahlwerbung just beim Lunchen und Straucheln zu zeigen, ist eigenwillig.
Gleichwohl antwortete Trump bei Fox News auf die Frage nach seiner seine Frau in der Wahlkampagne: „Sie wird eine große Rolle spielen und hat das immer getan.“Trump schob nach: „Ich denke, sie wird sehr aktiv sein – im Sinne von aktiv sein.“Was das heißt, ließ er offen. (Christiane Jacke, dpa)