Das andere Augsburg
Fünf Siege in Serie hat der FC Augsburg zwar verpasst, gegen die TSG Hoffenheim könnte der Fußball-Bundesligist jedoch vorzeitig den Klassenerhalt schaffen. Trainer Jess Thorup muss womöglich auf einige Spieler verzichten.
Augsburg Als Jess Thorup am Mittwoch mit seiner Mannschaft in die Trainingswoche startete, war für den Trainer des FC Augsburg etliches ungewohnt. An normalen Tagen steht ein überschaubares Grüppchen an den Absperrgittern abseits des Rasens und beäugt das Treiben auf dem Platz. In den Ferien bevölkern hingegen bei öffentlichen Übungseinheiten des Bundesligisten Eltern und Kinder das gepflasterte Plätzchen, stets auf der Jagd nach Selfies und Autogrammen. Da kommt es schon mal vor, dass sich der Start des Trainings verzögert, weil Starstürmer Ermedin Demirovic Trikots und Handyhüllen bekritzeln soll.
Ungewohnt aus Thorups Sicht zugleich der Umfang seines Personals. Bislang musste der 54-Jährige lediglich partiell seine Formationen verändern, durfte auf seine Achse und Stammelf bauen. Doch das Spiel gegen Köln hatte sichtbare Spuren im Kader hinterlassen. Über Wochen hinweg war der Fußball-Bundesligist von Verletzungen und Blessuren verschont geblieben, geballt hat es ihn nun in den vergangenen Tagen getroffen. Nach Robert Gumny (Kreuzbandriss) ist ebenso für Elvis Rexhbecaj (Mittelfußbruch) die Saison beendet. Wann Niklas Dorsch (Ferse) ins Mannschaftstraining zurückkehrt, ist offen.
Nicht nur Langzeitverletzte reduzierten unter der Woche den Kader. Lediglich 14 Feldspieler und drei Torhüter übten am Mittwoch, zwei Tage später kann Thorup zumindest für zwei Profis Entwarnung geben. Vor dem Auswärtsspiel bei der TSG Hoffenheim (Sonntag, 15.30 Uhr/DAZN) meldete sich der kränkelnde Abwehrchef Jeffrey Gouweleeuw gesund. Ebenso kehrte Mittelfeld-Motor Kristijan Jakic (Achillessehnenbeschwerden) zurück, der am Freitag vollumfänglich mit dem Kollegium trainierte. Bleiben noch drei Fragezeichen: hinter den Außenverteidigern Iago (Fußprellung) und Kevin Mbabu (Adduktoren und Knie) sowie Mittelfeldspieler Fredrik Jensen (Wadenprobleme). Kurzfristig werde sich entscheiden, wer auflaufen könne, meint Thorup.
Sorgenfalten sind wegen etwaiger Ausfälle nicht auf seiner Stirn zu erkennen, äußerlich gestresst wirkt der smarte Däne ohnehin selten. Im Wissen, den FCA in den vergangenen Wochen und Monaten aus einer prekären in eine hervorragende Lage gebracht zu haben, scheint Thorup noch mehr in sich zu ruhen. Um den Klassenerhalt – auch das ist ungewohnt für den FCA – bangen diesmal andere. Zwar haben die Augsburger gegen Köln am Sonntag den vereinshistorischen fünften Sieg in Serie verpasst, in Hoffenheim könnten sie indes eine andere Bestmarke aufstellen. Nie zuvor haben sie bereits am 28. Spieltag rechnerisch den Ligaverbleib erreicht. Nicht einmal in der Saison 2014/15, als die erste und bislang einzige Teilnahme im Europapokal die Spielzeit krönte, gelang dies.
Zur Wahrheit gehört, dass die potenziellen Absteiger Darmstadt (14 Punkte), Köln (19) und Mainz (20) wenig Zählbares auf der Habenseite haben. Ebenso dokumentiert in Zahlen ist der Abstand zwischen Platz fünf (Leipzig/50) und
Platz sechs (Frankfurt/41), aber allein die Schwäche der anderen dient diesmal nicht als Begründung für den Sprung an den Rand des oberen Tabellendrittels. Unter Thorup rufen die Spieler ihr Potenzial weitaus beständiger ab. Dem Dänen gelingt, woran Vorgänger meist scheiterten. Ist mehr Gestalter als Verwalter. Hat Gewinnermentalität implantiert, hat Angreifen statt Abwarten etabliert. Weil der Kader weitestgehend jener unter Vorgänger Enrico Maaßen geblieben ist, werden die jüngsten Erfolge vorwiegend am Wirken des Trainers festgemacht.
Dieser gibt sich, seinem Naturell entsprechend, bescheiden. Das Lob gebühre seiner Mannschaft, merkt er an. „Erst einmal bin ich froh, dass sich die Mannschaft so entwickelt hat. Das war mein Ziel: dem Verein zu helfen. Die Spieler haben die Leistung auf den Platz gebracht.“Dass seine Arbeit womöglich Begehrlichkeiten anderer Klubs weckt, nimmt er lediglich als Randaspekt wahr. Pflichtbewusst sagt er, dass sein Fokus „hundertprozentig auf dem FCA“liege. Zugleich weiß er um die Schnelllebigkeit in seinem Business, ausgedrückt in seinem Satz: „Was in Zukunft passiert, weiß ich nicht.“
In den kommenden Wochen kann Thorup selbst maßgeblich beeinflussen, ob noch mehr über den Augsburger Aufschwung und dessen Triebfeder gesprochen wird. Nach Hoffenheim trifft der FCA auf Union Berlin, Eintracht Frankfurt und Werder Bremen. Allesamt Mannschaften, die mit Augsburg um eine Teilnahme an der Conference League oder gar Europa League buhlen. „Alle reden jetzt von Europa“, betont Thorup. Jetzt stünde man zwar auf dem siebten Platz. „Aber mit dem können wir uns bisher nichts kaufen.“Fragen zum Europapokal – auch das war lange ungewohnt beim FC Augsburg.
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