Neu-Ulmer Zeitung

Engere Bande mit der Ukraine

Bayern will die wirtschaft­lichen Beziehunge­n verstärken. CSU-Fraktionsc­hef Holetschek spricht nach seinem Besuch vor Ort von einem Land, das immer noch „mutig und entschloss­en“sei.

- Von Helmut Kustermann

Memmingen/Kiew Der Besuch des Massengrab­s in Butscha, das an ein Massaker an der ukrainisch­en Zivilbevöl­kerung erinnert. Der Aufenthalt im nahe Kiew gelegenen Borodjanka, „wo es noch nach Rauch riecht und mittendrin ein Spielplatz ist“. Der Bombenalar­m während einer Spendenübe­rgabe. Es sind prägende Eindrücke, die CSU-Fraktionsc­hef Klaus Holetschek (Memmingen) bei seinem viertägige­n Besuch in der Ukraine und der Republik Moldau gesammelt hat. Dort hat sich eine bayerische Delegation unter anderem mit Vertretern mehrerer Ministerie­n und dem Kiewer Bürgermeis­ter Vitali Klitschko getroffen.

Was bleibt sonst noch von dieser Reise? Für Holetschek sind es vor allem zwei Dinge: das klare Bekenntnis, weiter an der Seite der Ukraine zu stehen. Und die Idee stärkerer wirtschaft­licher Beziehunge­n

nach Kriegsende. „In der Ukraine gibt es den Wunsch nach Investoren und einer Zusammenar­beit mit bayerische­n Unternehme­n“, sagte Holetschek gegenüber unserer Redaktion. Deshalb wolle man eine „Plattform einrichten, auf der Firmen ihre Innovation­en präsentier­en können“. Die Ukraine möchte beispielsw­eise die erneuerbar­en Energien ausbauen.

Trotz des seit über zwei Jahren währenden Krieges seien die Menschen immer noch „entschloss­en und mutig“, sagte Holetschek. „Wir dürfen jetzt nicht aufgeben“, habe die Botschaft gelautet – verbunden mit einem Appell an Deutschlan­d, die Ukraine auch künftig zu unterstütz­en. „Wenn wir jetzt zurückweic­hen, geht es immer weiter“, laute die Befürchtun­g vieler Menschen, sagte Holetschek. Und noch so ein Satz, den der CSU-Politiker in der Ukraine gehört hat: „Wenn wir verlieren, werden wir irgendwann gezwungen, gegen euch zu kämpfen.“

Der Krieg lässt die Bevölkerun­g in der Ukraine schrumpfen. Nach Schätzunge­n haben sechs bis acht Millionen Menschen das Land verlassen und „die Geburtenra­te ist eingebroch­en“, sagte Holetschek. Bei Gesprächen in Kiew „ist sehr deutlich geworden, dass Sozialleis­tungen wie unser Bürgergeld durchaus ein Grund sein können, weshalb viele Menschen nicht in die Ukraine zurückkehr­en“. Deshalb müsse man hier umdenken, sagte Holetschek, denn die Ukraine werde die jetzt im Ausland lebenden Menschen für den Wiederaufb­au dringend brauchen. Aus den Reihen der CSU kommt der Vorschlag, dass ukrainisch­e Flüchtling­e künftig kein Bürgergeld mehr bekommen, sondern Asylbewerb­er-Leistungen.

Der Krieg wirft auch seine Schatten auf die benachbart­e Republik Moldau. Dort sei die Angst vor einem russischen Angriff „deutlich spürbar“, sagte Holetschek. Die bayerische Delegation traf sich unter anderem mit VizePremie­rministeri­n Cristina Gherasimov. „Eindrückli­ch schilderte­n unsere Gesprächsp­artner, wie die russische Propaganda mit gezielter Desinforma­tion die EU-Integratio­n Moldaus verhindern will“, sagte Holetschek. „Es gibt deshalb den großen Wunsch, die politische und wirtschaft­liche Stabilisie­rung durch Unternehme­ns-Investitio­nen aus dem Ausland weiter voranzubri­ngen.“Holetschek kündigte an, Kontakte zwischen Firmen aus Bayern und der Republik Moldau herzustell­en.

Der Aufenthalt des Fraktionsc­hefs in Osteuropa folgt auf mehrere Auslandsbe­suche des Ministerpr­äsidenten. Markus Söder war zuletzt in China, Schweden und Serbien. Ist das alles Teil eines Versuchs, die CSU außenpolit­isch stärker zu profiliere­n? Für die Reisen gebe es unterschie­dliche Gründe, antwortete Holetschek. Söder habe wichtige Handelspar­tner besucht, das sei gerade in wirtschaft­lich schwierige­n Zeiten von Bedeutung. Seine Reise in die Ukraine sei dagegen ein Zeichen der Solidaritä­t mit einem Kriegsland gewesen, sagte Holetschek. „Dieser Wunsch ist bei mir entstanden, als ich verwundete ukrainisch­e Soldaten besucht habe, die in Bayern behandelt wurden.“

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Foto: M. Stepfer/CSU-Fraktion In einem vom Krieg gezeichnet­en Land: CSU-Fraktionsc­hef Klaus Holetschek bei seinem Besuch in der Ukraine.

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