Blitz-Baby Bernhard braucht nur vier Minuten im Kreißsaal
Das dritte Kind von Stefanie und Thomas Purr aus Attenhofen hat es besonders eilig. Über eine abenteuerliche Fahrt nach Günzburg und ein schnelles Happy End.
Günzburg/Attenhofen Der Anruf von Ehefrau Stefanie kam, als Thomas Purr am Freitagnachmittag auf dem Feld arbeitete. Schnell machte sich der 34 Jahre alte Nebenerwerbslandwirt aus dem Weißenhorner Ortsteil Attenhofen auf den Weg nach Hause. Sollte er sich noch kurz duschen? Die Überlegung war Sekunden später beiseite gewischt, denn bei seiner hochschwangeren Frau setzten Wehen ein. Das bedeutete: rein ins Auto und ab von Attenhofen in Richtung Klinik Günzburg.
Auf der Höhe von Kissendorf überlegte das Ehepaar kurz, ob es aus zeitlichen Gründen überhaupt noch einen Wert hat, die Geburtsstation des Krankenhauses in Günzburg aufzusuchen. Die Purrs entschieden sich dagegen, ihre außergewöhnliche Fahrt zu unterbrechen, was Chefärztin Dr. Birgit Seybold-Kellner als kluge Entscheidung wertet. „Keine Geburt ist selbstverständlich. Und die Hebammen, Ärzte und Ärztinnen erkennen, wenn etwas schiefzulaufen droht oder schwierig werden könnte, und handeln entsprechend.“
Zum Teil deutlich schneller als die Polizei erlaubt, war der inzwischen dreifache Vater unterwegs. Eine Notsituation. „Es war wirklich eilig. Zugleich war mir bewusst, dass ich nicht zu viel riskieren darf“, sagt Thomas Purr. Schließlich wolle er andere auf der Straße nicht gefährden. Und natürlich auch seine Frau und seinen Sohn nicht. Das letzte Stück auf der B16 zwischen Kötz und Günzburg sei wegen des Feierabendverkehrs das zäheste gewesen.
Purr gab mit Blinker, Lichthupe und am Lenkrad zum Stoßgebet gefalteten Händen den anderen Verkehrsteilnehmern ein unmissverständliches Zeichen: Hier geht es nicht um schnöde Drängelei oder gar Rowdytum. Einige zuckten mit den Achseln, begriffen zunächst nicht, was das sollte. Doch schließlich wurde den meisten klar, was sich gerade abspielte. Spätestens der Gesichtsausdruck der werdenden Mutter ließ keinen Interpretationsspielraum mehr. Den Purrs wurde Platz gemacht. Und so kamen sie gerade noch rechtzeitig in der Klinik
Günzburg an, die telefonisch während der Tour informiert worden war. Hebamme Elisa Zeller wartete bereits an der Notaufnahme mit einem Geburtsset auf die Ankommenden – und mit einem Stationsbett, das von Chefärztin SeyboldKellner in aller Eile organisiert worden war. Stefanie Purr wurde von zwei Hebammen, einer Hebammenpraktikantin und dem Ehemann im Bett in Windeseile in den Kreißsaal geschoben. Dort war alles von Dr. Seybold-Kellner vorbereitet worden. Vier Minuten nach der Ankunft im Kreißsaal atmete der kleine
Bernhard bereits Krankenhausluft. Der Bub ist mit 4260 Gramm Gewicht, einer Körpergröße von 56 Zentimetern und einem Kopfumfang von 37,5 Zentimetern ein wahrer Wonneproppen.
„Ich bin froh, dass es dieses Krankenhaus gibt und dass wir hierherkommen konnten“, sagt der Papa. Ein paar Mal im Jahr passiere so etwas in der Klinik, berichtet die Chefärztin, die die Besonnenheit des Vaters am Steuer in dieser Ausnahmesituation und die Rücksichtnahme der anderen Autofahrer lobt. „Nur so konnte das gelingen.“
Den Purrs sind Schnellgeburten nicht unbekannt. Johann, mit viereinhalb Jahren der Älteste, hatte es noch nicht eilig. Der um zwei Jahre jüngere Ludwig war schneller: Acht Minuten dauerte im Kreißsaal seine Geburt damals. Die Fahrt ins Krankenhaus war mit entsprechender Hektik verbunden. „So etwas wollte ich eigentlich nie mehr erleben“, sagt die 33 Jahre alte Mutter Stefanie. Der Neugeborene toppte das alles aber am Freitagnachmittag noch. (AZ)