Spenden für Delfin-Therapie
Angelmann-Syndrom: Oles Schicksal stellt das Leben der Pfuhler Familie Zollna auf den Kopf. Für eine Behandlungsmethode in der Karibik sammeln sie Geld: „Man klammert sich an jeden Strohhalm.“
Neu-Ulm Die Diagnose stellte das Leben der Familie Zollna aus Pfuhl auf den Kopf: Sohn Ole leidet unter dem Angelman-Syndrom, einem seltenen Gendefekt. 2016 hatte unsere Redaktion schon einmal über die Familie berichtet. Zwei Jahre und zwei Monate alt war Ole da. Zwischenzeitlich hat sich viel getan. Der nun Zehnjährige hat Geschwister bekommen, die Familie hat sich ein Stück weit mit der Situation „arrangiert“, wie es Mutter Juliane Zollna ausdrückt. Für eine außergewöhnliche Therapie wird nun Geld gesammelt.
Ole war ein Wunschkind. Die Schwangerschaft verlief völlig unauffällig, der Junge kam 2013 vermeintlich gesund auf die Welt. Nur das Stillen funktionierte nicht so recht, und der Schlaf war nie Oles Ding.
Zunächst glaubten die Eltern, ihr Junge schreie einfach nur viel. Doch nach zahlreichen Untersuchungen stellte sich heraus: Bei Ole ist ein Chromosom des 15. Paares defekt. Bei einem von 30.000 Neugeborenen tritt jenes Syndrom im Schnitt auf. Seine geistige Entwicklung wird den Stand eines Kleinkindes womöglich nie übersteigen.
Aufgrund des Gendefekts ist Ole 24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche auf Pflege und Unterstützung im kompletten Alltag angewiesen. Frei laufen könne er nur bedingt. Gefahren erkenne er überhaupt nicht und verfüge über „einen völlig verrückten Schlafrhythmus“. Die epileptischen Anfälle hätten sie derzeit unter Kontrolle, doch das könne sich jederzeit ändern.
60 Kilo wiegt das „Riesenbaby“, wie die Mama ihren Ole liebevoll nennt. Das Haus in Pfuhl hätten sie an diversen Stellen umgebaut, damit ihr Sohn so wenig wie möglich stolpert. Aber was die Zukunft noch bringt, wissen sie nicht. Und die Frage danach verdränge man auch ein bisschen. Fortschritte mache Ole aber stetig. An drei Tagen die Woche besucht er die Friedrich von BodelschwinghSchule in Ulm. „Stimmung nimmt er krass auf“, sagt Juliane Zollna, die im Freundeskreis nur Jule genannt wird. „Wenn man einen schlechten Tag hat, merkt er das sofort.“Doch die Kommunikation mit ihm sei weiterhin schwer, vor allem für Fremde.
Die Familie hofft auf weitere Verbesserungen in jedmöglichen Bereichen: motorisch, kognitiv und sozial. Dazu wollen sich die Zollnas für eine Delfin-Therapie im Curaçao Dolphin Therapy & Research Center (CDTC) bewerben. Jene Behandlungsmethode gehört aber nicht zum Leistungskatalog einer gesetzlichen Krankenversicherung. Das tun tiergestützte Therapien grundsätzlich nicht Die 14-tägige Therapie in der Karibik kostet knapp 8500 US-Dollar, das sind umgerechnet etwa 7800 Euro. Zusätzlich müssen Flüge und Unterkunft bezahlt werden. Neben den Eltern sollen auch die beiden jüngeren Geschwister (zwei und sieben Jahre alt) Ole bei seiner Reise begleiten. Über die Internetplattform „GoFundMe“werden dafür nun Spenden gesammelt. Erstellt wurde die Kampagne bereits im August 2023. Und eigentlich wollte die Familie das „klammheimlich“machen. „Doch ohne das Netz geht es nicht“, sagt Zollna. Sie postete den Link in ihrem WhatsApp-Status. Die Folge: Auch bei Facebook und Instagram wird der Link seit etwa zwei Wochen herumgereicht. Auch in Läden in Pfuhl hängt ein Foto von Ole aus mit der Bitte, die Aktion zu unterstützen. „Wenn man A sagt, muss man auch B sagen“, sagt Zollna. Wenngleich ihnen die Aufmerksamkeit auch ein Stück weit unangenehm ist. Etwas mehr als 150 Personen haben bislang eine Spende abgegeben. Die höchste davon lag bis zum Wochenende bei 250 Euro. Nun kam eine Einzelspende in Höhe von 5000 Euro hinzu. Insgesamt waren es am Montagabend 12.790 Euro. „Das ist krass und macht uns sprachlos“, sagen die Zollnas. 15.000 Euro sind als Ziel ausgegeben. Wenngleich diese Summe vermutlich nicht ganz reichen wird. Die Mutter beziffert die geschätzten Unkosten am Ende mit allem zusammen auf bis zu 25.000 Euro. Eine Erfolgsgarantie für die Therapie aber gibt es nicht. Zur besagten Behandlungsmethode werden auch immer mal wieder kritische Stimmen laut, insbesondere vonseiten Tierschutzorganisationen. Die „Whale and Dolphin Conservation Society“hält es für Tierquälerei und forderte gar ein Verbot. Und laut einer Untersuchung der Universität Würzburg soll die Delfin-Therapie weniger Auswirkungen auf das Kind, sondern mehr auf die Eltern haben. Wirklich belastbare Zahlen und Aussagen scheint es bislang nicht zu geben, wissenschaftliche Belege fehlen. Der Familie Zollna ist das bewusst. Doch über die Schule und den Angelman-Verein in Ehingen hätten sie Kontakt zu Eltern, deren behinderte Kinder durch die Therapie „Riesenfortschritte“gemacht hätten. Auch nachhaltig. Eine „Wasserratte“ist ihr Ole. „Wir wollen herausfinden, ob es etwas für ihn ist.“Jule Zollna vergleicht es mit Globuli. Ob es wirklich etwas hilft, „weiß keiner“. Und: „Das muss jeder für sich wissen“, sagt sie. „Man klammert sich an jeden Strohhalm.“