„Als Gesellschaft sind wir stark, wenn wir zusammenhalten“
Oliver Blume ist Chef des VW-Konzerns und von Porsche. Er hat sich an einer Demonstration gegen die AfD und Rechtsextremismus beteiligt. Warum sich der Manager für Werte wie Vielfalt, Freiheit und Zusammenhalt engagiert.
Herr Blume, Sie haben in Wolfsburg auf einer Demonstration gegen Rechtsextremismus und damit einer Veranstaltung gegen die AfD gesprochen.
Blume: Ja, das stimmt. Ich stehe mit dem Herzen hinter den Zielen der Veranstaltung. Als Bürger, Familienvater und Unternehmenslenker. Ich stehe für unsere demokratischen und freiheitlichen Grundwerte. Vor allem geht es mir um den Zusammenhalt in unserer gesamten Gesellschaft. Demokratie und Freiheit, Vielfalt und Zusammenhalt sind keine Selbstverständlichkeiten. Für diese Werte müssen wir uns aktiv einsetzen. Und neben unserer gesellschaftlichen Verantwortung sind wir auch als Exportnation auf andere Länder angewiesen. Darauf beruht unser Wohlstand. Auch diesen müssen wir uns immer wieder aufs Neue erarbeiten.
Was heißt das konkret für Menschen, die als Migranten und Zuwanderer zu uns kommen?
Blume: Wir müssen gegenüber anderen Kulturen aufgeschlossen bleiben und ihnen mit Respekt begegnen. Nach dem Zweiten Weltkrieg lag Deutschland buchstäblich am Boden. Die Menschen haben die Ärmel hochgekrempelt, um unser Land wieder aufzubauen. Und viele andere Nationen haben Deutschland dabei geholfen – wirtschaftlich und gesellschaftlich. Wenn heute Menschen aus Krisenregionen wie der Ukraine oder aus Syrien zu uns kommen, sollten wir uns immer wieder daran erinnern, wie es den Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg ergangen ist. Wir sollten helfen und umgekehrt können wir Hilfe beim Fachkräftemangel erhalten. Wichtig ist, dass wir Fachkräfte aus dem Ausland gut in Deutschland integrieren und umgekehrt auch sie sich gut einbringen.
Volkswagen setzt sich auch für Inklusion ein, also dafür, dass etwa behinderte und nicht behinderte Menschen gemeinsam in eine Schulklasse gehen. Dem thüringischen AfD-Landeschef Björn Höcke ist das ein Graus.
Blume: Als Gesellschaft sind wir stark, wenn wir zusammenhalten. Deshalb setzt sich unsere FerryPorsche-Stiftung gerade für Menschen ein, die es nicht leicht im Leben haben. In diesem Rahmen fördern wir auch Inklusion im Sport. Gerade Sport bringt Menschen zusammen. Hier unterstützen wir finanziell Sportvereine, in denen behinderte und nicht behinderte Menschen etwa in einer Mannschaft spielen. Jeder Mensch hat seine Stärken. Und solche Inklusionsprojekte bereichern uns auch im Volkswagen-Konzern.
Volkswagen hat Position gegen Rechtsextremismus bezogen, auch wenn mancher AfD-Wähler Autos der Konzernmarken fährt. Blume: Der Volkswagen-Konzern zeigt Haltung – weit über die eigenen Werkstore hinaus. In unserem Konzern arbeiten Menschen aus über 120 Nationen. Wir haben gemeinsame Werte, weltweit. Ich habe in Phasen viel gelernt, als ich in Südafrika, in Mexiko und über fünf Jahre in Spanien gearbeitet und gelebt habe. Diese Zeiten im Ausland haben mich bereichert, auch unzählige Reisen nach China oder Nordamerika. Ich setze mich ein für eine Kultur des gegenseitigen Respekts und der gegenseitigen Wertschätzung. Auf der Kundgebung gegen Rechtsextremismus habe ich klar Position bezogen. Wir bei Volkswagen wollen dazu beitragen, ein gemeinsames Miteinander zu fördern.
Wie waren die Reaktionen auf Ihre Rede in Wolfsburg?
Blume: Zunächst waren wir extrem beeindruckt, welche OnlineReichweite wir bei der Demo erreicht haben. Sie lag bei über 30 Millionen Aufrufen vornehmlich in Deutschland – was weit über dem liegt, wenn wir digital über neue Produkte informieren. Mich haben sehr viele positive Reaktionen von Menschen erreicht, denen ich wohl aus dem Herzen gesprochen habe. Und natürlich gab es vereinzelt Kritik.
Fiel die Kritik heftig aus?
Blume: Die Kritik hielt sich sehr in Grenzen. Einige fragten, ob jetzt auch noch ein Unternehmensvertreter wie ich bei so einer Demo auftreten müsse. Doch genau das muss ein Unternehmensvertreter wie ich tun. Wir sind Teil der Gesellschaft. Uns ist es wichtig, dass die Grundwerte unserer Gesellschaft wie Demokratie, Freiheit und Vielfalt weiter Bestand haben. Vom Fortbestand dieser Werte hängen Arbeitsplätze, Wohlstand und das soziale Miteinander in Deutschland ab. Natürlich gibt es heute Menschen, die verunsichert sind. Ihnen fehlen Orientierung und Perspektiven. Deshalb ist es so wichtig, dass wir Menschen erreichen und ihnen ins Gedächtnis rufen, welche Bedeutung unsere demokratischen Grundwerte haben. Auch der Sport kann auf diesem Weg helfen.
Sie haben selbst Fußball gespielt, erst als Stürmer, später als Libero. Was kann sich ein Manager aus der Welt des Sports abschauen? Blume: Sport trägt dazu bei, unsere Gesellschaft stärker zusammenzubringen. Menschen können darüber lernen, wie wichtig Vielfalt ist. Deshalb legen wir als Konzern sehr großen Wert darauf, vor allem den Jugendbereich im Sport zu fördern. Wir wollen jungen Menschen Werte wie Fairness, Toleranz und Leistungsbereitschaft nahebringen. Ob beim VfL Wolfsburg, bei Bayern München, dem FC Ingolstadt, dem VfB Stuttgart oder den Stuttgarter Kickers. Ebenso wichtig ist die Breite an Standorten – auch Vereine in Braunschweig, Emden, Zwickau oder Aue gehören dazu.
Sie führen ein Unternehmen wie ein Sportteam.
Blume: Ja, und das mit Leidenschaft. Im Sport wie in einem Unternehmen kommt es auf Performance und Leistung an. Zusätzlich ist der Teamgeist wichtig, also das Gefühl, gemeinsam etwas zu erreichen. Ich schöpfe nach wie vor viele Erkenntnisse aus dem Fußball und dem Sport insgesamt und bin damit immer gut gefahren.
Sie sehen sich als Spielertrainer des Volkswagen-Konzerns und von Porsche. Wie trainieren Sie die Mannschaften?
Blume: Im Fußball wie im Management kommt es darauf an, die richtige Person auf die richtige Position zu stellen. Dabei ist es nicht entscheidend, allein Spitzentechniker zu haben. Es sind zusätzlich Menschen notwendig, die die Handarbeit machen. Die Mischung macht es. Erfolg ist immer eine Teamleistung. Jeder muss bereit sein, für den anderen einen Meter mehr zu gehen, sich gegenseitig zu helfen. Dann kann man gemeinsam Berge
Zur Person
Oliver Blume, 55, ist in Personalunion Chef des Volkswagen-Konzerns und von Porsche. Der Manager stammt aus Braunschweig. Er ist promovierter Maschinenbau-Ingenieur und gehört dem Volkswagen Konzern seit 1994 an. versetzen. Exzellente Einzelspieler allein machen noch nicht den Erfolg, es geht um das Zusammenspiel und die richtige Einstellung.
Stars allein erringen keine Siege. Blume: Genau so ist es. Ich mag keine Selbstdarsteller. Jeder muss sich in den Dienst der Mannschaft stellen und dafür einstehen, was insgesamt für unsere Unternehmen gut ist.
Wichtig ist für VW, Erfolg mit E-Autos zu haben. Doch die Nachfrage nach Elektro-Wagen ist in Deutschland eingebrochen, vor allem, weil die Bundesregierung die staatliche Förderung für die Stromer auslaufen ließ. Hat sich der VW-Konzern mit der konsequent auf Elektrofahrzeuge setzenden Strategie verkalkuliert? Blume: Nein. Wir halten an unserer Elektroauto-Strategie fest und ebenso an unseren ambitionierten Zielen. Als Gesellschaft und als VW-Konzern haben wir die Verantwortung, unsere Beiträge für Nachhaltigkeit zu leisten. Die Europäische Union hat sich darauf verständigt, ab 2035 allein E-Autos neu zuzulassen. Die Autoindustrie ist von langfristigen Produktzyklen geprägt. Wir sind auf verlässliche und verbindliche Ziele angewiesen. Im Volkswagen-Konzern und bei Porsche haben wir die Weichen für E-Mobilität gestellt. Im Volkswagen-Konzern fließen zwei Drittel unserer Investitionen in die Elektromobilität und in die Digitalisierung.
Was fordern Sie von der Bundesregierung und von der EU?
Blume: Es geht mir nicht ums Fordern. Im Sinne der Dekarbonisierung hat die EU Ziele und Gesetze verabschiedet. Wir haben uns darauf eingestellt. Es geht um die Verbindlichkeit politischer Entscheidungen. Diese sollten wir nicht grundlegend vor jeder neuen Wahl infrage stellen. Es ist aber wichtig, regelmäßig den Fortschritt zu überprüfen und die Rahmenbedingungen für die Zielerreichung zu schaffen. In diesem Fall ist es eine Gemeinschaftsaufgabe von der Politik und der Industrie.
Wie sollte die Politik die E-Mobilität finanziell fördern?
Blume: Es muss nicht immer Geld ins Handschuhfach gelegt werden, es könnten sich auch intelligente steuerliche Vergünstigungen für E-Auto-Einstiegsmodelle anbieten. Wichtig sind attraktive Energiepreise, mehr grüner Strom und ein schnellerer Ausbau leistungsfähiger Ladeinfrastruktur. Alles muss zusammenspielen – alle leisten einen Beitrag, aber das ist zu koordinieren. In der ersten Phase der Elektromobilität haben wir insbesondere Menschen begeistert, sich ein E-Auto zu kaufen, die aufgeschlossen gegenüber neuen Technologien sind. Auch viele Menschen, die die Möglichkeit haben, ihre Fahrzeuge zu Hause zu laden. Jetzt müssen wir zusätzlich Menschen erreichen, die nicht zu Hause laden können und eher auf preiswertere Elektroautos setzen.
Was passiert, wenn nach der Europawahl rechtspopulistische Parteien gut abschneiden und erfolgreich Druck für eine Aufweichung des Verbrenner-Ausstiegs im Jahr 2035 machen?
Blume: Das ist eine theoretische Frage. Grundsätzlich gesagt: Viele unserer Partner, gerade aus dem Mittelstand, haben ebenso wie wir die Weichen für Elektromobilität gestellt. Der VW-Konzern wäre auf das Jahr 2035 und ein mögliches Aus von neu zugelassenen Verbrennern in Europa vorbereitet. Gleichzeitig sind wir absolut flexibel aufgestellt, bieten weiter Verbrenner an, viele mit Hybridantrieb. Auch weil wir die ganze Welt bedienen wollen und sich Regionen unterschiedlich schnell transformieren. Die Elektromobilität ist aber die Technologie der Zukunft.
Haben Sie einen Plan B oder besser gesagt Plan V, eben einen Plan für Verbrenner, in der Hinterhand, wenn die EU nach der Europawahl das Verbrenner-Aus für das Jahr 2035 aufweicht?
Blume: Eine Strategie ist immer nur so gut, wie sie auch flexibel ist.
„Diese Rabatte können wir nicht auf Dauer gewähren.“
Sie haben also einen Plan V. Noch einmal: Ist VW mit der Elektrostrategie „ein zu hohes Risiko eingegangen“, wie die FAZ schrieb? Blume: Natürlich sind solche richtungsändernden Entscheidungen immer mit einem gewissen Risiko verbunden. Am Ende entscheidet der Kunde. Noch einmal: Wir stehen auch als Autoindustrie in der Verantwortung für die kommenden Generationen. Ich werde mich hier als Spielertrainer des Volkswagen-Konzerns und von Porsche weiter aktiv einbringen. Die größte Verantwortung unserer Generation ist es, die Welt zu dekarbonisieren. Wir sollten also nicht gleich die Flinte ins Korn werfen, wenn es etwas Gegenwind gibt.
Die Marke VW gewährt derweil erhebliche Rabatte, um die schleppende Nachfrage nach E-Autos anzukurbeln. Wie lange können Sie das durchhalten?
Blume: Diese Rabatte können wir nicht auf Dauer gewähren. Uns ist es aber wichtig, Verantwortung für unsere Kunden zu übernehmen, die beispielsweise bereits Fahrzeuge bestellt haben und nicht mehr in den Genuss der Prämie kommen. Viele Kunden wurden überrascht und hatten sich auf die weitere Gewährung der staatlichen Prämie verlassen. Deshalb haben wir die Prämie selbst übernommen. Interview: Stefan Stahl
Mannheim hat der gebürtige Sinsheimer sich auch das Rüstzeug für eine beachtliche Karriere geholt, wie er in einem Gespräch mit der Hochschulzeitung betonte.
Anfang der 2000er-Jahre kam Beetz zum angeschlagenen USParfümund Kosmetikkonzern Coty und formte das beinahe insolvente Unternehmen zum weltgrößten Hersteller von Düften für den Massenmarkt – mit Parfümmarken wie Adidas, Calvin Klein und Joop. Auf so eine Erfolgsgeschichte hoffen wohl auch die verbliebenen 12.800 Galeria-Beschäftigten. Dennoch dürften längst nicht alle ihre Jobs behalten.
92 Filialen hat Galeria noch. Insolvenzverwalter Denkhaus hat mehrfach betont, eine Zerschlagung des Unternehmens sei nicht sein Ziel. Er strebe einen Verkauf von mindestens 60 Filialen plus X im Paket an. Allerdings seien derzeit auch 16 Filialen unrentabel – vor allem wegen zu hoher Mieten. Ob eine Übernahme durch Baker und Beetz zustande kommt, entscheidet die Gläubigerversammlung. Die findet am 28. Mai in Essen statt. (mit dpa; Fotos: Oliver Zimmermann, Imago; Marcel Kusch, dpa)