Magie auf dem Mont Blanc
Anna Maria Praßler, aufgewachsen in Höchstädt, war für den Deutschen Filmpreis nominiert und nahm am Bachmannpreis teil. Durch die Pandemie kam sie zum Schreiben von Kinderbüchern.
Berlin/Höchstädt Immer wieder kehrt Anna Maria Praßler hierhin zurück, von dem Leben mit Mann und zwei Kindern in Berlin nach Höchstädt. In das Einfamilienhaus, in dem sie aufgewachsen ist, in das Kinderzimmer, an dessen Glastür noch das A aus blauem Holz prangt und in dem immer noch der Schreibtisch steht, an dem sie einst ihre Hausaufgaben erledigte. Die ein oder andere Geschichte ist dort entstanden, während ihrer Jugend, aber auch bei den späteren Besuchen im Elternhaus. Anna Maria Praßler ist heute eine erfolgreiche Kinderbuchautorin. Dass sie auch schon für den Deutschen Filmpreis nominiert war und am berühmten Bachmann-Preis in Klagenfurt teilnahm – das sind mittlerweile Nebensätze in ihrer Schreib-Biografie.
„Geschichten waren immer schon in mir“, erzählt Anna Maria Praßler. Einem Kinobesuch und dem Film „Crazy“nach dem Debütroman von Benjamin Lebert, ist zu verdanken, dass sie auch begann, sie aufzuschreiben. „Zu sehen, da schreibt jemand von sich, seinem Leben und dem Erwachsenwerden, hat mich ermutigt dazu. Ich habe gesehen, auch ich habe etwas zu erzählen, das aus meinem Alltag kommt.“Die Leidenschaft fürs Schreiben verband sie mit ihrer Begeisterung für den Film und ging nach dem Abitur am Bonaventura-Gymnasium in Dillingen an der Donau nach Berlin zum Studium der Film- und Theaterwissenschaft sowie Psychologie, und schloss dann noch ein Drehbuchstudium an der Filmakademie Ludwigsburg an, um fortan Drehbücher für Kino und Fernsehen zu entwickeln.
Die Bestätigung, auf dem richtigen Weg zu sein, kam gleich mit dem ersten größeren Werk, dem Drehbuch für den Film „Schuld sind immer die anderen“, für das sie 2013 für den Deutschen Filmpreis nominiert war. Dass sie sich damit nicht gegen den Gewinner „Oh Boy“durchsetzen konnte, quittiert sie nur mit einem Schulterzucken. Und auch eher nebensächlich sieht sie ihre Teilnahme am berühmten Bachmann-Preis 2011 mit einer Kurzgeschichte, die sie zu Studienzeiten geschrieben hatte. „Super-spannend, aber für mich hing das nicht so hoch. Ich bin nicht erstarrt vor Ehrfurcht.“
Vom Drehbuch zum Kinderbuch brachten sie dann die eigenen beiden Kinder – und die Pandemie. „Ich hatte noch nie das Gefühl, dass ich etwas erlebe, das später einmal ein historisches Ereignis wird. Es war eine einmalige Erfahrung, in der sich viele Menschen auch von einer anderen Seite gezeigt haben.“So entstand „Hinterhoftage“, ihr Kinderbuch-Debüt über eine Berliner Familie während des ersten Coronalockdowns, mit einer Mutter, die als Oberärztin im Krankenhaus viel zu tun hat, einem Vater, der Kameramann ist und auf einmal nicht mehr arbeiten kann, und den beiden Töchter Maya und Odette, die ihren Unterrichtsstoff nun über WhatsApp zugeschickt bekommen. Inspirieren ließ sie sich dabei vom eigenen Leben in einem der Charlottenburger
Häuser mit Vorder- und Rückgebäude und der Vielfalt an Menschen, die dort leben. Unterschiedliche Generationen, Menschen verschiedener Nationalität und sozialer Herkunft versuchen in „Hinterhoftage“mit der Ausnahmesituation zurechtzukommen. Dieses Figurengefüge und das spannende Abenteuer um ein entwischtes Kaninchen machen Praßlers Buch auch nach dem Ende der Pandemie zur unterhaltsamen Lektüre für Kinder ab zehn Jahren.
Mit ihrem neuesten Werk begibt sich die 40-Jährige ins Serienfach, vor Kurzem erschien der erste Teil der Reihe „Ice Guardians“, die in einem Internat auf dem Mont Blanc spielt. Die zwölfjährige Cléo steht im Mittelpunkt der Geschichte. Eigentlich soll sie nie mehr an ihren Geburtsort in den französischen Alpen zurückkehren, denn von dort verschwand ihre Mutter vor Jahren auf mysteriöse Weise. Doch nach einem Unfall ihres Vaters wird sie von der Großmutter, der Leiterin des Internats zurückgeholt. Ein großes Abenteuer erwartet sie dort, das auch im Zusammenhang mit dem Verschwinden ihrer Mutter steht, in dem aggressive Murmeltiere zur Bedrohung für Cléo werden, sie aber auch Beistand von der kleinen Maus Rosalinde und einigen Mitschülern und Mitschülerinnen bekommt.
Stimmungsvoll und bildstark gestaltet Praßler dieses außergewöhnliche
Leidenschaft für das Schreiben und Begeisterung fürs Kino
Setting in der Bergwelt mit Schnee und Eis und verbindet damit die kinderbuchtypischen Themen wie Internatsleben, Freundschaft, Intrigen, Magie und Mut mit der aktuellen Bedrohung der Natur und dem Klimaschutz.
Magie auf dem Mont Blanc – als Kinderbuchautorin muss Anna Maria Praßler nun nicht mehr überlegen, wie dies im Film realisierbar ist, unterliegt sie nun nicht mehr den technischen, finanziellen und personellen Beschränkungen des Filmgeschäfts. Beim Film sei man immer abhängig von vielen anderen Faktoren und Personen und es dauere oft Jahre bis eine Geschichte zum Film geworden sei, erzählt Praßler. „Ich mag diese einsame Arbeit am Schreibtisch, in meinem Kopf etwas zum Entstehen zu bringen, in Geschichten richtig einzutauchen.“
> Anna Maria Praßler: Ice Guardians – Die Macht der Gletscher Oetinger, 240 Seiten, 14 Euro – ab 10 Jahren.