Donaucenter: Eigentümer im Neu-Ulmer Koloss verklagen den Hausverwalter
Weil die Hausverwaltung Gefahren durch Legionellen und versäumten Brandschutz seit Jahren ignoriere, flatterte nun eine Strafanzeige auf den Schreibtisch der Polizei in Neu-Ulm.
Neu-Ulm Wer sich mit Ali Dabanli, Harald Ruess und Egon Gross über die Problemlagen im Neu-Ulmer Donaucenter unterhält, merkt schnell, dass sie gut vorbereitet sind: Eine Fülle von Videos, Gutachten und Anträgen zeigt, wie groß und vielfältig die Problemlage in der größten Immobilie im Landkreis Neu-Ulm ist. Es ist nicht das erste Mal, dass der Hausmeister und andere Miteigentümer die Finger in offene Wunden legen. Neu ist allerdings eine Strafanzeige. Gegen den Geschäftsführer eines Unternehmens, das sich selbst zum Ziel gesetzt hat „Deutschlands beste unabhängige Hausverwaltung“zu werden.
Die Anzeige richtet sich gegen den Hausverwalter und Verwaltungsbeiräte des zwischen 1971 und 1974 erbauten Donaucenters. Aus der Sicht von Dabanli und anderen Eigentümerinnen und Eigentümern, für die er spricht, bestehe der dringende Tatverdacht, dass die Hausverwaltung trotz Kenntnis der Problematik gefährliche Bakterien in den Leitungen, Legionellen, ignoriere. Mit hinter der Anzeige steckt auch eine aktuelle Verwaltungsbeirätin.
Einer der Vorwürfe: Durch gezielte Probenentnahmen in aus technischen Gründen unproblematischen Wohnungen werde versucht, die Werte nach außen geringer darzustellen. Zum Beweis legen verschiedene Bewohnerinnen und Bewohner der Redaktion mehrere privat in Auftrag gegebene Prüfberichte des Langenauers Zweckverbandes Landeswasserversorgung vor. Allesamt schildern detailliert die Probenentnahme und zeigen erhöhte Werte auf.
„Nichts wird gemacht.“Weder würden Bakterien vermeidende automatische Spüleinrichtungen gewartet noch die „seit Jahren geforderte“Stilllegung von ungenutzten Leitungen realisiert. Die Ausreden seien hanebüchen, etwa dass die betroffenen Wohnungen unzugänglich seien. Ein von der
Hausverwaltung beauftragter Fachplaner, der diese Probleme und nötige Sofortmaßnahmen angesprochen und Abnahmen verweigert hatte, so Dabanli, habe sofort eine Kündigung kassiert.
Ein „Duschverbot“, wie es im Donaucenter in der Vergangenheit schon habe verhängt werden müssen, gebe es gerade nicht. Doch viel fehle nicht mehr zum offiziellen Gefahrenwert („10.000 KBE/100 ml“). Zwischen 3000 und 9000 lagen einzelne Werte im März dieses Jahres.
Außerdem nimmt die Strafanzeige, die von mehreren Eigentümern gestellt wurde, wegen „arglistiger Täuschung, Betrug, Körperverletzung. Amtsmissbrauch und Verleumdung“Bezug auf Versäumnisse im Bereich Brandschutz: Seitdem eine „Gefährdungsbeurteilung“vor einem Jahr zum Ergebnis kam, dass die Brandschutzabschottung teilweise mangelhaft sei, habe die Hausverwaltung nicht oder zu spät reagiert. Und das, obwohl die Stellungnahme eines unabhängigen Architektenbüros längst vorliege. Erst im Vorfeld der für Mittwoch, 10. April, geplanten Eigentümerversammlung seien einige wenige Maßnahmen getroffen worden. Doch nicht bei den schwer zugänglichen Brandschutzöffnungen. „Nur da, wo man’s sieht.“
Dabanli will, wie er betont, nicht als „Nestbeschmutzer“dastehen. Doch in Anbetracht einer „unglaublichen Ignoranz“der Hausverwaltung gegenüber zahlreicher Missstände sehe er es als seine Pflicht an, in einer Art Notlage dagegen anzukämpfen. Allein, weil er als Eigentümer mehrerer Wohneinheiten um seinen Besitz und sein Zuhause fürchte. Doch dafür brauche er ein dickes Fell: Denn es werde mit allerlei Mitteln versucht, ihn mundtot zu machen.
Diesen Eindruck bestätigen auch andere, der Redaktion vorliegende Schilderungen von Eigentümern. In einer Mail lauten die Vorwürfe gegen die Hausverwaltung „unlautere Einflussnahme und Täuschung der Eigentümer“. Diese geschehe, damit die Verwaltung kritische Tagesordnungspunkte nicht in der Eigentümerversammlung besprechen müsse.
Der Hausmeister kann auch Videos vorlegen, die ihn beim Hausrundgang mit dem Geschäftsführer der Hausverwaltung zeigen. Samt Missständen wie „Totleitungen“, die gemeinhin als Brutstätte für Bakterien wie Legionellen gelten. Auch sei ihm Unterstützung bei der Aufarbeitung sowie Interesse an einem weiteren Gutachten signalisiert worden. „Dass dann alle Punkte zweifelsfrei auf dem Tisch liegen, damit sie im Sinne der Eigentümer abgearbeitet werden können.“Doch die Hausverwaltung
habe nicht Wort gehalten. Die Eigentümer sprechen von „Desinteresse und Inkompetenz“. Das nehme geradezu groteske Formen an: Die Hausverwaltung würde selbst ein Legionellenproblem verneinen, wenn mitunter die eigenen Aushänge in den Fluren davor warnen würden.
Auch spekulieren Eigentümer hinter vorgehaltener Hand über die Hintergründe. Möglicherweise, so ist es zu hören, wären Beteiligte hier auf Prämien aus. Denn millionenschwere Sanierungsaufträge kämen bei weiter bestehender Verwahrlosung des Gebäudes unweigerlich auf die Tagesordnung.
Auf dieser landete nun auch der Hausmeister: Wenn am Mittwochabend die 59. ordentliche Eigentümerversammlung startet, soll Dabanli per Punkt 13 gekündigt werden. „Weil ich die Probleme anspreche, gelte ich als Querulant.“Eine Art Schweigepflicht, die ihm seitens der Hausverwaltung mehr als nur empfohlen worden sei, habe er nicht. Denn es gehe um die Gesundheit der ganzen Bewohnerschaft, mit der fahrlässig gespielt werde.
Frank Kagerer, der Geschäftsführer der Firma Immobilien-Service Anzinger Verwaltungsgesellschaft, die für das Donaucenter verantwortlich ist, war für die Redaktion nicht zu erreichen: weder per Mail noch per Handy oder Festnetz. Das Unternehmen sitzt ursprünglich in Senden, wurde aber von dem Hamburger Unternehmen Deutsche Hausverwaltung Plus übernommen. Auch hier im Unternehmen, das laut Eigenwerbung „Deutschlands beste unabhängige Hausverwaltung“werden will, ist Kagerer (einer von vier) Geschäftsführern.
Als die Redaktion Kagerer vor einem Jahr bereits mit den Vorwürfen konfrontierte, reagierte er noch: Damals betonte er, dass bei Spüleinrichtungen weder Einbau noch Wartung erzwungen werden können. Alle zu erledigenden Maßnahmen im Bereich Brandschutz würden zeitnah umgesetzt. Die Legionellenbelastung haben das Unternehmen seit dem großen Befall Anfang der 2010er-Jahre lückenlos dokumentiert. „Das Donaucenter verbessert sich ständig“, hieß es damals. Das sehen freilich nicht alle Menschen im größten Wohnhaus des Landkreises so.
Ein „Duschverbot“gibt es gerade nicht.