Baby in Glascontainer: Neuer Gutachter übernimmt
Mit einer Schweigeminute für den verstorbenen Gerichtspsychiater Peter Winckler ging der Prozess weiter.
Langenau Der zweite Tag im Prozess gegen eine Langenauer Mutter, die im Oktober ihr Baby in einem Altglascontainer ausgesetzt hatte, geriet zu einer kurzen Verhandlung. Der Prozess wird auch vom überraschenden Tod des psychiatrischen Gutachters Dr. Peter Winckler überschattet, dessen nun mit einer Schweigeminute vor Gericht gedacht wurde.
Schon zum Prozessauftakt fehlte der Gutachter Peter Winckler aus Gesundheitsgründen. Der Vorsitzende Richter Wolfgang Tresenreiter gab sich noch optimistisch, die Verhandlung mit einer Beurteilung Wincklers zu Ende bringen zu können. Er ließ die 38-jährige Angeklagte auch in Abwesenheit des Gutachters aussagen. Rund vier Stunden sprach die Frau unter
Ausschluss der Öffentlichkeit über ihre Tat und ihre Beweggründe. Zumindest in Teilen wird sie diese emotional belastende Aussage nun gegenüber des neu eingesetzten Gutachters Hermann Assfalg wiederholen müssen. Der Ravensburger Gutachter konnte so kurzfristig am zweiten Prozesstag nicht persönlich anwesend sein.
Ihm gegenüber wird die Mutter noch mal erklären müssen, warum sie ihr neugeborenes Baby in einen Altglascontainer gesteckt und es dort sich selbst überlassen hat. Zuvor hatte sie ihre Schwangerschaft vor ihrem kompletten sozialen Umfeld verheimlicht und das Kind dann allein zur Welt gebracht – nur mit telefonischer Unterstützung einer Hebamme aus der Neu-Ulmer Donauklinik. Dass das Neugeborene
die schockierende Tat, die die Staatsanwaltschaft als versuchten Totschlag wertet, überlebt hat, ist dabei hauptsächlich dem Zufall zu verdanken.
Andreas Bichert kam in dieser Herbstnacht, in der das kleine Kind im Altglas zurückgelassen wurde, zufällig an dem Container vorbei und hörte Geräusche, die er zuerst als vermeintlich harmlos abtat. Doch der Vorfall ließ ihm keine Ruhe, er kehrte um, fand und rettete das Baby, das seither bei einer Pflegefamilie lebt. Um die Tat selbst ging es am zweiten Prozesstag nun allerdings kaum. Es wurden lediglich die Tatortbeschreibung des Ulmer Kriminaldauerdienstes verlesen, der rund um die Container am Langenauer Verkehrsübungsplatz keine weiteren tatrelevanten Spuren gefunden hatte.
Im Vordergrund
schien
für
Richter Tresenreiter das Gedenken an den überraschend verstorbenen Gutachter Peter Winckler zu stehen. Tresenreiter würdigte ihn einer Ansprache. Winkler habe es auf besondere Weise verstanden, den Menschen zu sehen. In seinen Gutachten habe er maßgeblich dazu beigetragen, unerklärliches scheinendes Verhalten zu erklären. Tresenreiter bescheinigte dem Gutachter einen wachen Verstand, analytische Fähigkeiten und Menschlichkeit in seiner Arbeit. Tresenreiters Bitte um eine Schweigeminute für den verdienten Gutachter kamen alle Anwesenden im Gerichtssaal nach.
Weiter geht es in dem Prozess am 23. April. Ab diesem Termin wird auch Gutachter Hermann Assfalg im Ulmer Landgericht anwesend sein. Außerdem sollen weitere 13 Zeuginnen und Zeugen gehört werden.