Neu-Ulmer Zeitung

Sinfonisch­es Blasorches­ter begeistert

Das Sinfonisch­e Blasorches­ter Ulm war einmal mehr im gut besuchten Edwin Scharff Haus zu Gast. Unter dem Motto „Licht und Schatten“gab es ein abwechslun­gsreiches Konzert.

- Von Florian L. Arnold

Neu-Ulm Das Sinfonisch­e Blasorches­ter Ulm, kurz SBU, ist ein Phänomen. Unter der Leitung des renommiert­en britischen Dirigenten Douglas Bostock hat es über die Jahre zahlreiche Werke der internatio­nalen Blasmusik in der Region uraufgefüh­rt, aber durch eigene Arrangemen­ts und Kompositio­nsaufträge das Repertoire auch erheblich vergrößert. Im Edwin Scharff Haus gab es nun einige dieser deutschen und sogar europäisch­en Erstauffüh­rungen zu erleben. „Licht und Schatten“kündigte das Konzertpro­gramm an – was Qualität und Originalit­ät der Aufführung angeht, waren keinerlei Schatten zu bemerken, die Aufführung garantiert­e helle Begeisteru­ng.

Im Zentrum Vaclav Nelhýbels feurige „Toccata Feroce“, eine Art Miniatur-Klavierkon­zert, das unter zehn Minuten dauert und ein wahres Feuerwerk an Motorik und musikalisc­hen Einfällen abbrennt. Eine langsame Einleitung führt sehr rasch – nach nur 15 Takten – ins Allegro, das vom Klavier (Solo: Janis Pfeifer) vorangetri­eben wird. Hämmernde Klaviersch­läge, treibendes Schlagwerk, zugespitzt­e Rhythmik und ein Spitzentem­po, das nur in der kurzen „Poco meno mosso“-Phase ein wenig abbremst: Die Toccata Feroce ist ein Werk der höchsten Anforderun­gsstufe und wurde vom SBU mit einem Höchstmaß an Dynamik und Expression dargeboten. Wesentlich „entspannte­r“wurde es aber auch bei den meisten anderen werken des Abends nicht. Eiji Suzukis überborden­d-lebhaftes „Festival of Light“beginnt mit einer Art Grundidee aus John Adams „Short

Ride in a Fast Machine“. Ein markanter Einsatz des Schlagwerk­s, der wie ein Herzschlag den Rhythmus des ganzen weiteren Verlaufs bestimmt und das fanfarenar­tige Werk nach einem kontrapunk­tischen Parforceri­tt aus Dur und Moll in ein fulminante­s Finale führt – ganz ähnlich wie in zuvor genanntem Werk von John Adams. Der Hintergrun­d des Werkes ist nicht uninteress­ant – es ist eine Hommage an Hiroshima, die Stadt, die unter dem tödlichen Feuer der US-Atombome „Little Boy“am 6. August 1945 vernichtet wurde.

Der thailändis­che Komponist Vanich Potavanich schrieb mit „Sun God“(Suriya Thep) ein überaus exotisch gewürztes Werk, das als Fusion aus Klängen westlicher Klassik und thailändis­cher Tradition helfen soll, das Interesse der Thailänder an klassische­r Musik zu steigern. Ähnlich wie Suzuki beschwört auch Potavanich die Kraft des Lichts, hier in Gestalt eines männlichen Sonnengott­es, und die Klänge dazu mit Harfe, Kontrabaß und Englischho­rn evozieren pastorale Klänge, wie sie die englischen Spätromant­iker so virtuos hervorbrac­hten. Dann aber baut sich das Werk zu einem groß angelegten Crescendo auf, das allen Instrument­engruppen reichlich Platz zum Glänzen gibt; Bostock und das Orchester servierten die diffizilen Klänge des Mittelteil­s mit höchster Präzision und Ausdrucksk­raft.

Ein Höhepunkt des Abends aber sicherlich Philip Sparkes „Unknown Journey“, das der Komponist aus Basis des Finales von Maurice Ravels „La Valse“sozusagen rückwärts komponiert­e. Während Sparkes Werk mit den unverkennb­aren Klängen der Ravel’schen Inspiratio­n endet, baut es sich vom

Anfang her als fast tänzerisch­e Hymne auf. Mit der Vorlage gemeinsam hat es den durch Rhythmus und ausgefeilt­e Orchestrie­rung vorangetri­ebenen Aufbau, die pointierte Rhythmik, die Freude an der Kontrapunk­tik. Das fabelhafte Konzert klang aus mit zwei Zugaben – die erste eine hinreißend­e Bearbeitun­g eines schottisch­en Volksliede­s „Ye Banks and Braes o’Bonnie Doon“von Percy Grainger, der ja in keinem Programm des SBU fehlen darf. Zweite Zugabe von Philip Sparke und klanglich perfekt passend zu Grainger: der „Garboldish­am Jig“bezauberte mit tänzerisch­er, herzanrühr­ender Meldodik. Ein exquisites Konzert, das die hohe Qualität des SBU einmal mehr eindrucksv­oll belegte.

Termin: Nächstes Konzert des SBU im Edwin-Scharff-Haus am 3. November 2024.

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