Die letzte Chance für Galeria
Die neuen Eigentümer haben Erfahrung im Handel, das nötige Kapital und noch einen weiteren Trumpf. Warum die Beschäftigten dennoch weiter zittern müssen.
Essen Noch bevor die Verträge unterzeichnet waren, sickerte die Nachricht bereits durch: Der Galeria-Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus hat einen Käufer gefunden, der die insolvente Warenhauskette als Ganzes übernehmen will. Am Mittwoch präsentierte Denkhaus zusammen mit dem GaleriaGeschäftsführer Olivier Van den Bossche die beiden Investoren bei einer Pressekonferenz in Essen.
Demnach haben die in New York ansässige Investmentgesellschaft NRDC Equity Partners, hinter der der US-Milliardär Robert „Jack“Baker steht, und BB Kapital SA, die Vermögensverwaltung des deutschen Unternehmers Bernd Beetz, den Kauf von Galeria am Dienstag notariell besiegeln lassen. Damit ist eine wichtige Hürde im Insolvenzverfahren genommen. Gerettet ist das Unternehmen damit aber weiterhin nicht.
Denkhaus muss nun bis Ende des Monats einen Insolvenzplan ausarbeiten und am Amtsgericht Essen einreichen. Stimmt auch die Gläubigerversammlung Ende Mai dem darin aufgezeichneten Weg zur Sanierung des Unternehmens zu, können die neuen Eigentümer beginnen, ihr Konzept für Galeria umzusetzen. Ende Juli könnte der Insolvenzverwalter die Kontrolle über das Unternehmen abgeben. Dann soll Beetz als Aufsichtsratsvorsitzender zusammen mit dem bestehenden Management um Van den Bossche die operative Führung übernehmen.
Beetz und Baker wollen laut Denkhaus voraussichtlich mehr als 70 der noch bestehenden 92 Filialen
in Deutschland übernehmen. Eine genaue Zahl könne bislang nicht genannt werden, da die Mietverträge mit den Vermietern erst verhandelt werden müssten. Dass Galeria an vielen Standorten überzogene Mieten an ihre Schwestergesellschaften aus der Signa-Gruppe des österreichischen Milliardärs René Benko zahlen musste, gilt als ein wichtiger Grund für die jüngste Pleite des Warenhauskonzerns.
Wie viele der 12.800 Beschäftigten
ihren Job verlieren, ist damit weiter offen. Kritiker glauben nicht daran, dass langfristig tatsächlich die Mehrzahl der Filialen erhalten bleibt. Der Handelsexperte Jörg Funder etwa hält eine Zahl von 20 Filialen für realistisch. „Alles, was darüber hinausgeht, ist ein Zugeständnis an den Insolvenzverwalter, damit man den Zuschlag bekommt und die Häuser für eine gewisse Zeit weiterbetreibt“, sagt der Professor für Unternehmensführung im Handel an der Hochschule
Worms. Aus seiner Sicht könnte es bei den Schließungen vor allem kleinere Städte treffen.
Wolfgang Puff, Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Handelsverbands, sieht die Eigentümer in einem Zwiespalt: „Man muss sicher genau abwägen, wie viele Standorte kann man sich noch leisten, wie viele muss man haben, um eine gewisse Einkaufsmacht aufrechtzuerhalten?“, sagte er unserer Redaktion. Die Neuausrichtung des Konzerns müsse nun in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld gelingen. Ein schwacher Trost für die Beschäftigten, denen der Verlust des Arbeitsplatzes droht, sei zumindest, dass die Chancen auf einen neuen Job im Handel gut seien. „Wir suchen in der Fläche weiter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.“
Sicher ist bereits jetzt, dass auch in der Konzernzentrale in Essen Stellen wegfallen werden. Ziel sei es, Galeria wie ein mittelständisches Unternehmen zu führen, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung der Investoren und des Insolvenzverwalters. In den kommenden Tagen sollten Gespräche über einen Sozialplan mit dem Gesamtbetriebsrat aufgenommen werden. Geplant sei, eine Transfergesellschaft zu gründen und den Stellenabbau sozialverträglich zu gestalten. Bereits in der Vergangenheit haben die Beschäftigten Einkommensverluste akzeptiert, um zur Rettung des Unternehmens beizutragen. Die Gewerkschaft Verdi begrüßt die Übernahme durch den neuen Investor. Bundesvorstandsmitglied Silke Zimmer verweist aber auf „durchaus zwiespältige Erfahrungen“mit dem NRDC-Gründer Baker, der über den Konzern HBC vor der Fusion mit Karstadt bereits einmal Eigentümer von Kaufhof war.
„Wir erwarten deshalb, dass der neue Eigentümer in das Unternehmen investiert, die Standorte erhält und für die Beschäftigten langfristig die Arbeitsplätze sichert. Wer fortlaufend nur auf Kostensenkung durch Filialschließungen, Personalabbau und untertarifliche Zahlung setzt, senkt die Attraktivität der Warenhäuser für die Kundinnen und Kunden und beeinträchtigt die Attraktivität der Innenstädte“, sagt Zimmer.
Dem Verkauf zustimmen muss nun auch noch der Bund, der über den Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) größter Gläubiger des Konzerns ist. Wie viel er von den 680 Millionen Euro Steuergeld, die Galeria im Rahmen von zwei Rettungspaketen bekommen hat, am Ende zurückbekommt, ist noch offen. Den Großteil hat der WSF bereits abgeschrieben – selbst, wenn der Neustart gelingt.