Langer Weg zum Frieden
Wer kann, wer soll, wer darf bei der Schweizer Konferenz über einen Weg aus dem Ukraine-Krieg mitreden? Die Initiatoren umwerben zunächst nicht den Aggressor Russland, sondern eine andere Großmacht.
Bern Am 15. und 16. Juni plant die Schweiz eine Friedenskonferenz auf dem Bürgenstock bei Luzern. Doch mit Friedensverhandlungen wird das Treffen nichts zu tun haben. Es geht darum, dass die Ukraine für ihre Position international mehr Unterstützer bekommt. Was von dem Treffen zu erwarten ist:
Worüber wird auf dem Treffen geredet, und was soll erreicht werden? „Das Ziel der Konferenz besteht darin, Möglichkeiten und Wege für einen Start des Friedensprozesses zu finden“, sagte die Schweizer Präsidentin Viola Amherd. Dazu soll eine gemeinsame Abschlusserklärung ausverhandelt werden. Man habe dabei einen „dauerhaften und gerechten Frieden in der Ukraine“im Blick, sagte Amherd. Es sei klar, dass Russland früher oder später beteiligt werden müsse, sagte der Schweizer Außenminister
Ignazio Cassis. „Das ist die Knochenarbeit, die gemacht werden muss.“
Kann etwas herauskommen, wenn Moskau nicht teilnimmt?
Ziel für Kiew ist nicht, auf dem Gipfel eine für alle akzeptable Friedenslösung zu erarbeiten. Die Ukraine möchte sich vor allem die Unterstützung von neutralen und Moskau freundlich gesinnten Staaten sichern. Das wären Länder wie China, Indien, Südafrika oder Brasilien, die mit Russland in der BRICS-Gruppe verbunden sind. Aus Kiew kam die Ansage, dass Russen erst auf einem Nachfolgegipfel teilnehmen dürfen. Und dies nur, um die ukrainischen Bedingungen anzunehmen – die aus Moskauer Sicht eher einer Kapitulation gleichkämen.
Wer soll sonst teilnehmen?
Die Schweiz lädt Staats- und Regierungschefs
von rund 100 Ländern ein. Die Regierung in Bern hofft darauf, dass schließlich etwa 80 Staaten zumindest Minister zu dem Treffen auf dem Bürgenstock schicken. Der Zeitpunkt im Anschluss an den G7-Gipfel führender westlicher Industriestaaten in Italien dürfte mit Bedacht gewählt sein. Die Spitzenpolitiker wichtiger Länder wie der USA, Kanada und Japan sind dann schon in Europa. Bislang haben neben der Ukraine die USA zugesagt. China und weitere „große Mächte“hätten ebenso ihre Zustimmung signalisiert wie auch Länder des globalen Südens, sagte der Schweizer Chefdiplomat Cassis.
Was will Kiew, was will Moskau? Selenskyj hat im November 2021 in zehn Punkten seine Vorstellung eines gerechten Friedens skizziert. Kern der Thesen ist ein vollständiger Abzug russischer Truppen vom ukrainischen Staatsgebiet, die Zahlung von Reparationen und die Verurteilung von russischen Kriegsverbrechern. Die Ukraine will ungehindert Lebensmittel exportieren können und sie fordert militärische Sicherheitsgarantien. Russland hat nach einem Telefongespräch von Verteidigungsministers Sergej Schoigu mit seinem französischen Kollegen Sébastien
Lecornu seine Minimalforderungen wiederholt. Das sind eine Entmilitarisierung und ein neutraler Status der Ukraine und Gebietsabtretungen an Russland. Für Kiew kommen diese Bedingungen einer Kapitulation gleich.
Wird China dabei sein, und warum wäre das wichtig?
Ob China der Einladung auch folgen wird, ist noch nicht bekannt. Die Volksrepublik unterstützt ihrem Außenamt zufolge zwar eine internationale Friedenskonferenz. Allerdings müssten Russland und die Ukraine diese anerkennen, teilte die Behörde diese Woche mit. Ohne Moskau wäre ein entscheidendes Kriterium für eine Teilnahme Chinas nicht gegeben. Aus Sicht westlicher Diplomaten ist klar: Sollte China als wichtigster Verbündeter Russlands nicht teilnehmen, kann der Gipfel kaum zu einem Erfolg werden. (dpa)