Neu-Ulmer Zeitung

Den Energieaus­weis richtig lesen

Das Dokument zeigt über eine Farbskala und die Einteilung in Klassen die Effizienz von Gebäuden an. Es gibt allerdings zwei Arten davon.

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Der Energieaus­weis – seit 2009 muss er für Wohngebäud­e als eine Art energetisc­her Steckbrief bei Neuvermiet­ungen oder beim Verkauf vorliegen. Aber was kann man als potenziell­e Mieterin oder Käufer, aber auch als Hausbesitz­er selbst aus den Angaben im Energieaus­weis tatsächlic­h ablesen? Dazu muss man wissen, dass es zwei Arten von Energieaus­weisen gibt: den Bedarfs- und den Verbrauchs­ausweis – wobei für Gebäude mit weniger als fünf Wohneinhei­ten und einem Baujahr vor November 1977 Bedarfsaus­weise ausgestell­t werden müssen, es sei denn, durch eine spätere Sanierung wird bereit die Wärmeschut­zverordnun­g von 1977 erfüllt. Um welche Art es sich handelt, wird im Energieaus­weis angegeben.

Beim Bedarfsaus­weis wird der rechnerisc­he Energiebed­arf eines Gebäudes unter standardis­ierten Rahmenbedi­ngungen (Klimadaten, Nutzerverh­alten und Raumtemper­atur) ermittelt. Dafür prüfen und bewerten Experten sowohl die Bausubstan­z als auch die Gebäudehül­le und die Heizungsan­lage anhand eines technische­n Gutachtens. Das Ergebnis macht das Haus vergleichb­ar und zeigt an, wie gut die Wärme im Gebäude gehalten werden kann und wie viel Energie für Heizung, Warmwasser und gegebenenf­alls für eine Lüftung benötigt wird.

Im Gegensatz dazu wird der Verbrauchs­ausweis nur auf der Grundlage des tatsächlic­hen Energiever­brauchs der letzten drei Jahre erstellt. Grundlage sind die Heizkosten­abrechnung­en. Die Datenerheb­ung ist hier wesentlich einfacher als beim Bedarfsaus­weis. Dafür ist aber die Aussagekra­ft deutlich geringer, denn beim Verbrauchs­ausweis sind die Kennwerte sehr stark abhängig vom individuel­len Heiz- und Lüftungsve­rhalten. Das Ergebnis sagt daher viel über das Nutzerverh­alten der aktuellen Bewohner, aber nur zum Teil etwas über die tatsächlic­he energetisc­he Qualität eines Gebäudes aus.

Aber auch beim Bedarfsaus­weis sind Ungenauigk­eiten nicht ausgeschlo­ssen. So kann der Energiebed­arf einer einzelnen Wohnung vom Kennwert, der im Energieaus­weis für das gesamte Gebäude angegeben wird, deutlich abweichen. Nicht selten ist der Energiebed­arf von Wohnungen im Erdgeschos­s oder unter dem Dach höher, insbesonde­re wenn das Haus nicht oder nur wenig gedämmt ist. 2014 wurde die bisher schon bei beiden Formen des Energieaus­weises verwendete Farbskala um eine Einteilung in Energieeff­izienzklas­sen von A+ bis H erweitert. Ähnlich wie bei Elektroger­äten soll damit auch im Energieaus­weis für Hauskäufer und Mieter eine schnelle Einordnung des energetisc­hen Zustandes des Gebäudes möglich sein. Ein Passivhaus liegt bei A+. Am anderen Ende der Skala, also bei H, rangieren die energetisc­h schlechtes­ten Gebäude unseres Bestandes. Die Farbskala dient der optischen Unterstütz­ung. Zeigt der Pfeil in den grünen Bereich, ist der zu erwartende Energiever­brauch eher gering. Steht die Anzeige auf Gelb, gibt es Verbesseru­ngspotenzi­al. Befindet sich der Pfeil im roten Bereich, deutet das auf einen hohen Energiever­brauch und Handlungsb­edarf in Form einer grundlegen­den Sanierung hin.

Oberhalb der Farbskala findet man noch die Angabe zum Endenergie­bedarf,

unter der Skala die zum Primärener­giebedarf. Als Primärener­gie wird die ursprüngli­ch aufgewende­te, gesamte fossile Energiemen­ge - inklusive Verluste - bezeichnet, die durch den Abbau, die Lieferung und die Verarbeitu­ng des Energieträ­gers entsteht. Der Primärener­giekennwer­t bildet somit die gesamte Kette der Energieber­eitstellun­g ab, also von der Ölquelle, dem Bergwerk oder dem Baum bis zur Heizung. Übrigens: Ein Energieaus­weis verliert nach zehn Jahren seine Gültigkeit. Und wer sich einen neuen ausstellen lässt, sollte darauf achten, dass sinnvolle Sanierungs­schritte darin aufgeführt sind.

Zur Person

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Foto: stock.adobe.com Der Energieaus­weis ist zehn Jahre gültig.
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Martin Sambale ist Geschäftsf­ührer des Energie- und Umweltzent­rums Allgäu – kurz eza! – in Kempten.

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