Theater im Bunker
Die Bühne ist ihre Leidenschaft. Die Burlafingerin Laura Federolf will als Regisseurin durchstarten, gab dafür ihr Wirtschaftsstudium auf und wechselte an die AdK. Viel Herzblut steckt in ihrem Abschlussstück.
Neu-Ulm/Ulm Laura Federolf entführt ihr Publikum gern an unerwartete Orte. Diesmal in einen Bunker – in einer Art postklimaapokalyptischen düsteren Vision der Zukunft. Die Jungregisseurin und AdK-Absolventin zeigt derzeit Thomas Köcks „paradies fluten“als ihr Abschlussstück im Jazzkeller Sauschdall. Entgegen den Warnungen ihrer Dozentinnen und Dozenten hat sich Federolf für dieses facettenreiche, vielschichtige und auch anspruchs- volle Stück entschieden, um es als ihre praktische Abschlussarbeit zu inszenieren. Wie die erfolgreiche Premiere nun zeigte, war das die richtige Entscheidung.
Viele Themen, die die 25-jährige Theatermacherin beschäftigen, finden sich in dem Text wieder. Laura Federolf inszeniert „paradies fluten“als Stück im Stück. Die Schauspielerinnen und Schauspieler leben nach der Klimakatastrophe in einem Bunker, wo sie sich des Textes von Thomas Köck annehmen. Federolf beschreibt das Stück, das die Bewohner des Bunkers spielen, als sinnliches Gedicht, das die Menschheitsgeschichte seit dem Beginn des Kapitalismus mit der Kolonialisierung, dem industriellen Zeitalter, dem Wirtschaftsboom und der heutigen Konsumflut nachzeichnet. Dabei sei es nicht nur düster, sondern sorgt auch für den ein oder anderen Lacher im Publikum.
Mit ihren Inszenierungen will Federolf Missstände und problematische Machtverhältnisse anprangern, aber ohne den viel beschworenen erhobenen Zeigefinger. Das will die junge Regisseurin erreichen, in dem sie die Dinge schlicht darstellt, Erfahrungen auf der Bühne verdichtet und so den Menschen im Publikum zeigt, dass sie mit ihren Ängsten und Problemen nicht allein sind. Alles weiteren Antworten oder möglicherweise auch Handlungsempfehlungen sollen die Zuschauerinnen und Zuschauer dann selbst für sich erkennen. In ihrem aktuellen Stück sind das Antworten auf Fragen wie was Freiheit oder Erfolg bedeutet, wonach der individuelle Alltag ausgelegt sein könnte oder was es für einen selbst wertzuschätzen und zu erhalten gilt.
Ihre Rolle als Regisseurin versteht sie als Kapitänin eines Schiffes, die gemeinsam mit ihrer Mannschaft, ihrem Ensemble an einem Projekt arbeitet. Dabei ist der jungen Frau Nachhaltigkeit im Theater wichtig – nicht nur als Thema auf der Bühne oder darin, dass Kostüme und Requisiten secondhand oder fairtrade gekauft werden, sondern eben auch im Umgang mit ihren Schauspielerinnen und Schauspielern, die sie nicht nur als Werkzeug sehen will, um ihre Vision eines Stücks umzusetzen. In der Theaterbranche, in der sehr viele Menschen mit sehr viel Idealismus arbeiten, passiere es leider oft, dass Einzelne sich aufopfern oder Gefahr laufen, ausgenutzt zu werden.
Und doch geht auch Laura Federolf ihre Karriere mit einer ordentlichen Portion Idealismus an. Als Studentin der Wirtschaftswissenschaft war ihr beruflicher Werdegang eigentlich schon vorgezeichnet – bis die Burlafingerin sich entschieden hat, ihrer Leidenschaft zu folgen und das Studium abzubrechen. Statt Wirtschaftsstudium mit bis dahin hervorragenden Noten wählte sie Risiko und schrieb sie sich während der unsicheren Coronazeit an der AdK, der Ulmer Akademie für darstellende Kunst, ein.
Das Theater, so glaubt Federolf, wird künftig wieder an Bedeutung gewinnen. „In einer Welt, in der man bald nicht mehr entscheiden kann, ob eine Aufnahme echt oder fake ist, zieht es die Leute wieder wohin, wo alles real ist“, sagt die 25-Jährige. Theater müsse sich aber auch stets weiter entwickeln und neue Wege gehen. Ihre Strategie ist es, das Publikum mehr einzubeziehen. In „paradies fluten“begrüßen die Schauspielerinnen und Schauspieler die Zuschauer auch persönlich, sprechen sie an. „So etwas ist manchmal auch etwas gemein, aber ich will mein Publikum aus der Reserve locken“, sagt Laura Federolf.
Nachdem sie mit „paradies fluten“ nun ihr Studium an der AdK zu Ende gebracht hat, zieht es die junge Regisseurin wieder ins Ausland, um andere oder neue Formen des Theaters kennenzulernen und damit zu experimentieren. In Dublin und Brüssel verbrachte Laura Federolf bereits einige Zeit, die Kulturszene in Ulm weiß sie aber trotzdem zu schätzen. Denn hier bekomme man relativ schnell die Möglichkeit, eigene Projekte umzusetzen und sich auszuprobieren. „Außerdem gibt es tolle Orte“, sagt Federolf und nennt die Bundesfestung als Beispiel, in einem Teil deren sie ja auch ihr aktuelles Stück inszeniert. Und auch auf der Wilhelmsburg hat sie schon Theater gemacht.
Federolf bringt im Jazzkeller Sauschdall eine gekürzte Version von „paradies fluten“auf die Bühne. Rund eine Stunde und 45 Minuten inklusive eines Vorspiels dauert das Stück im Jazzkeller Sauschdall. Es wird ohne Pause gespielt, und zwar insgesamt noch fünfmal in dieser und der kommenden Woche. Es läuft am Samstag, 13. April, sowie Dienstag, 16. April, bis Freitag, 19. April, jeweils um 20 Uhr.
Info: Tickets sind unter adkulm.de erhältlich.
Das Publikum soll mehr einbezogen werden.