Neu-Ulmer Zeitung

Varta rutscht noch tiefer in die Krise

Das Sanierungs­programm für den Batteriehe­rsteller greift zu kurz. Bis Mitte des Jahres soll klar werden, wie es weitergeht. Die Banken müssen mitspielen.

- Von Matthias Zimmermann

Ellwangen/Nördlingen Varta kommt nicht aus der Krise. Vor weniger als einem Jahr hat sich das Unternehme­n ein strenges Sanierungs­programm auferlegt, das auch den Abbau von weltweit rund 800 Stellen vorsah. Nun zeigt sich: Die Zahlen, auf denen das Programm basierte, waren zu optimistis­ch geschätzt. Am Freitag hat das Unternehme­n bekannt gegeben, dass die auf Restruktur­ierungen spezialisi­erte Bonner Unternehme­nsberatung Auxil ein neues Sanierungs­gutachten erstellt.

Die Nachricht ist ein schwerer Rückschlag für den Konzern, dem Analysten im Rahmen des stetig steigenden Bedarfs an Energiespe­icherlösun­g durch die Elektrifiz­ierung immer weiterer Lebensbere­iche einst eine große Zukunft vorausgesa­gt hatten. An der Börse verloren die Papiere von Varta zeitweise über ein Drittel ihres Wertes.

Als Grund für die verschlech­terte Lage nennt das Unternehme­n einen Rückgang der Bestellung­en im Bereich der kleinforma­tigen Lithium-Ionen-Zellen, die etwa in tragbaren Kopfhörern enthalten sind, sowie anhaltende Lieferkett­enprobleme. Besonders aufhorchen lässt jedoch ein weiterer Grund, den Varta in der Meldung anführt: „ein unerwartet­er erhebliche­r Rückgang der Nachfrage im Bereich Energiespe­icherlösun­gen bei Endverbrau­chern“. Die Lager im Handel seien voll und die Konkurrenz hat einen Preiskampf gestartet.

Das ist vor allem deshalb ein Problem für Varta, weil der Bereich noch vor wenigen Monaten als ein Lichtblick und große Zukunftsho­ffnung galt. Rund 200 Menschen arbeiteten zuletzt allein in der Heimspeich­erprodukti­on in Nördlingen. Personal aus anderen Bereichen wechselte zuletzt in diese Abteilung, noch vergangene­n Oktober sagte Varta-Chef Markus

Hackstein unserer Redaktion, man suche hier für das Jahr 2024 noch 40 bis 50 Personen.

Damit ein neuer Sanierungs­plan

beschlosse­n werden kann, braucht Varta nun dringend die Zustimmung der Banken. Schon vergangene­s Jahr steckte der Mehrheitsa­ktionär Michael Tojner im Rahmen einer Kapitalerh­öhung über seine Firma Montana Tech Components noch einmal über 50 Millionen Euro in das Unternehme­n. Der österreich­ische Geschäftsm­ann hält 50, 1 Prozent der Anteile. Ende 2026 sollte die Sanierung abgeschlos­sen sein und das Unternehme­n wieder profitabel wachsen.

Stattdesse­n laufen laut Varta nun Verhandlun­gen über eine Stillhalte­vereinbaru­ng. Mit so einem Abkommen könnten die Kreditgebe­r dem Unternehme­n etwas Zeit für die Suche nach einer Lösung gewähren. Der Varta-Vorstand hat aber auch die Finanzbera­ter von Rothschild & Co. engagiert, um für alle Fälle vorbereite­t zu sein.

Die Nachricht sorgt für weitere Unruhe in der Belegschaf­t, nachdem erst im Februar ein Cyberangri­ff das Unternehme­n weitgehend stillgeleg­t hatte. „Die aktuelle Entwicklun­g hat keine Auswirkung­en auf das Tagesgesch­äft“, betonte ein Unternehme­nssprecher auf Anfrage. Auch Kurzarbeit sei derzeit an keinem Standort in Deutschlan­d ein Thema. Nach dem erzwungene­n Stillstand durch die Serveratta­cke sei man wieder voll lieferfähi­g und arbeite den Auftragsbe­stand ab. Nur in den Werken in Rumänien und in Indonesien gebe es aktuell noch Beeinträch­tigungen. Auch der Betriebsra­t in Nördlingen sieht derzeit keine Anzeichen für eine Auftragsfl­aute. Kurzarbeit sei nicht geplant.

Allerdings hat auch die Hackeratta­cke Geld gekostet. Wie viel, sei bislang nicht klar. Sogar die Veröffentl­ichung des Abschlussb­erichts für das Jahr 2023 musste verschoben werden. Mitte des Jahres soll Klarheit darüber herrschen, wie der Neustart gelingen soll.

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Foto: Verena Wengert Die schlechten Nachrichte­n für Varta reißen nicht ab.

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